Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Mittag. Unterhält er sich hier mit unterrichtenden Todten.Bring, o Muse, mich jetzt zu jener hohen Rotunde, Zu der Zierde des Gvelfischen Hauses, und laß mich dort geizig Schätze sammeln von Weisheit und Witz, die Nah- rung der Seele. Laß die schöpfrischen Griechen dich unterrichten. Vom Schönen Hatte kein anderes Volk so viel Empfindung. Sie sind es, Unsere Meister, die uns mit allen Künsten bereichert, Und, uns Söhne der Gothen, zur Spur des Erhabnen geleitet. Oder besuche das herrschende Rom, das unter den Sie- gen Nicht die Musen vergaß. Die hohen unsterblichen Lieder Eines Virgils entzücken noch jetzt; die Leyer des Flak- kus Reißt uns jetzo noch hin mit ihren bezaubernden Tönen, Sey auch nicht zu verwöhnt, der alten germanischen Barden Rauhere Stimme zu hören; sie, die in der finsteren Dummheit, Die sonst Deutschland bedeckt, die selavischen Fessel ge- brochen. Und
Der Mittag. Unterhaͤlt er ſich hier mit unterrichtenden Todten.Bring, o Muſe, mich jetzt zu jener hohen Rotunde, Zu der Zierde des Gvelfiſchen Hauſes, und laß mich dort geizig Schaͤtze ſammeln von Weisheit und Witz, die Nah- rung der Seele. Laß die ſchoͤpfriſchen Griechen dich unterrichten. Vom Schoͤnen Hatte kein anderes Volk ſo viel Empfindung. Sie ſind es, Unſere Meiſter, die uns mit allen Kuͤnſten bereichert, Und, uns Soͤhne der Gothen, zur Spur des Erhabnen geleitet. Oder beſuche das herrſchende Rom, das unter den Sie- gen Nicht die Muſen vergaß. Die hohen unſterblichen Lieder Eines Virgils entzuͤcken noch jetzt; die Leyer des Flak- kus Reißt uns jetzo noch hin mit ihren bezaubernden Toͤnen, Sey auch nicht zu verwoͤhnt, der alten germaniſchen Barden Rauhere Stimme zu hoͤren; ſie, die in der finſteren Dummheit, Die ſonſt Deutſchland bedeckt, die ſelaviſchen Feſſel ge- brochen. Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg> <pb facs="#f0087" n="79"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Mittag.</hi> </fw><lb/> <l>Unterhaͤlt er ſich hier mit unterrichtenden Todten.</l><lb/> <l>Bring, o Muſe, mich jetzt zu jener hohen Rotunde,</l><lb/> <l>Zu der Zierde des Gvelfiſchen Hauſes, und laß mich<lb/><hi rendition="#et">dort geizig</hi></l><lb/> <l>Schaͤtze ſammeln von Weisheit und Witz, die Nah-<lb/><hi rendition="#et">rung der Seele.</hi></l><lb/> <l>Laß die ſchoͤpfriſchen Griechen dich unterrichten. Vom<lb/><hi rendition="#et">Schoͤnen</hi></l><lb/> <l>Hatte kein anderes Volk ſo viel Empfindung. Sie ſind<lb/><hi rendition="#et">es,</hi></l><lb/> <l>Unſere Meiſter, die uns mit allen Kuͤnſten bereichert,</l><lb/> <l>Und, uns Soͤhne der Gothen, zur Spur des Erhabnen<lb/><hi rendition="#et">geleitet.</hi></l><lb/> <l>Oder beſuche das herrſchende Rom, das unter den Sie-<lb/><hi rendition="#et">gen</hi></l><lb/> <l>Nicht die Muſen vergaß. Die hohen unſterblichen<lb/><hi rendition="#et">Lieder</hi></l><lb/> <l>Eines Virgils entzuͤcken noch jetzt; die Leyer des Flak-<lb/><hi rendition="#et">kus</hi></l><lb/> <l>Reißt uns jetzo noch hin mit ihren bezaubernden Toͤnen,</l><lb/> <l>Sey auch nicht zu verwoͤhnt, der alten germaniſchen<lb/><hi rendition="#et">Barden</hi></l><lb/> <l>Rauhere Stimme zu hoͤren; ſie, die in der finſteren<lb/><hi rendition="#et">Dummheit,</hi></l><lb/> <l>Die ſonſt Deutſchland bedeckt, die ſelaviſchen Feſſel ge-<lb/><hi rendition="#et">brochen.</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [79/0087]
Der Mittag.
Unterhaͤlt er ſich hier mit unterrichtenden Todten.
Bring, o Muſe, mich jetzt zu jener hohen Rotunde,
Zu der Zierde des Gvelfiſchen Hauſes, und laß mich
dort geizig
Schaͤtze ſammeln von Weisheit und Witz, die Nah-
rung der Seele.
Laß die ſchoͤpfriſchen Griechen dich unterrichten. Vom
Schoͤnen
Hatte kein anderes Volk ſo viel Empfindung. Sie ſind
es,
Unſere Meiſter, die uns mit allen Kuͤnſten bereichert,
Und, uns Soͤhne der Gothen, zur Spur des Erhabnen
geleitet.
Oder beſuche das herrſchende Rom, das unter den Sie-
gen
Nicht die Muſen vergaß. Die hohen unſterblichen
Lieder
Eines Virgils entzuͤcken noch jetzt; die Leyer des Flak-
kus
Reißt uns jetzo noch hin mit ihren bezaubernden Toͤnen,
Sey auch nicht zu verwoͤhnt, der alten germaniſchen
Barden
Rauhere Stimme zu hoͤren; ſie, die in der finſteren
Dummheit,
Die ſonſt Deutſchland bedeckt, die ſelaviſchen Feſſel ge-
brochen.
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |