Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Mittag. Doch sieh! durch das staunende Meer ziehn PreußischeFlaggen, Und wehn zu Germaniens Ruhm in jauchzenden Häfen. Laß mit eitelem Stolz das prahlende China sich blähen, Das sich mit furchtsamen Schritt nie von der Gewohn- heit entfernet; Jmmer erfand, und weiter nie gieng; es rühmet um- sonst sich; Japan zeiget umsonst auf seine thönernen Schätze; Unser schöpfrischer Geist hat ihre Künste verbessert. Jetzt deckt sich mit meißnischem Thon die Tafel der Grossen, Eine schönre Natur scheint hier verbreitet. Die Götter Könten auf bessern Gefässen nicht speisen. So blühet die Rose Kaum am Stock; kaum spielet so schön die bunte Ra- nunkel Auf dem künstlichen Beet, als hier mit höheren Far- ben Der durchsichtige Thon, von Meisterhänden beseelet. O wie ungleich theilet die Hand der Vorsicht die Gnaden Unter die Sterblichen aus! hier sitzt der Günstling des Glückes Ganz
Der Mittag. Doch ſieh! durch das ſtaunende Meer ziehn PreußiſcheFlaggen, Und wehn zu Germaniens Ruhm in jauchzenden Haͤfen. Laß mit eitelem Stolz das prahlende China ſich blaͤhen, Das ſich mit furchtſamen Schritt nie von der Gewohn- heit entfernet; Jmmer erfand, und weiter nie gieng; es ruͤhmet um- ſonſt ſich; Japan zeiget umſonſt auf ſeine thoͤnernen Schaͤtze; Unſer ſchoͤpfriſcher Geiſt hat ihre Kuͤnſte verbeſſert. Jetzt deckt ſich mit meißniſchem Thon die Tafel der Groſſen, Eine ſchoͤnre Natur ſcheint hier verbreitet. Die Goͤtter Koͤnten auf beſſern Gefaͤſſen nicht ſpeiſen. So bluͤhet die Roſe Kaum am Stock; kaum ſpielet ſo ſchoͤn die bunte Ra- nunkel Auf dem kuͤnſtlichen Beet, als hier mit hoͤheren Far- ben Der durchſichtige Thon, von Meiſterhaͤnden beſeelet. O wie ungleich theilet die Hand der Vorſicht die Gnaden Unter die Sterblichen aus! hier ſitzt der Guͤnſtling des Gluͤckes Ganz
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Der Mittag.
Doch ſieh! durch das ſtaunende Meer ziehn Preußiſche
Flaggen,
Und wehn zu Germaniens Ruhm in jauchzenden Haͤfen.
Laß mit eitelem Stolz das prahlende China ſich blaͤhen,
Das ſich mit furchtſamen Schritt nie von der Gewohn-
heit entfernet;
Jmmer erfand, und weiter nie gieng; es ruͤhmet um-
ſonſt ſich;
Japan zeiget umſonſt auf ſeine thoͤnernen Schaͤtze;
Unſer ſchoͤpfriſcher Geiſt hat ihre Kuͤnſte verbeſſert.
Jetzt deckt ſich mit meißniſchem Thon die Tafel der
Groſſen,
Eine ſchoͤnre Natur ſcheint hier verbreitet. Die Goͤtter
Koͤnten auf beſſern Gefaͤſſen nicht ſpeiſen. So bluͤhet
die Roſe
Kaum am Stock; kaum ſpielet ſo ſchoͤn die bunte Ra-
nunkel
Auf dem kuͤnſtlichen Beet, als hier mit hoͤheren Far-
ben
Der durchſichtige Thon, von Meiſterhaͤnden beſeelet.
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/80>, abgerufen am 16.02.2025. |