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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Morgen.
Sich sein Twidnam erwarb! Was kan der Dichter
erwarten,

Welcher den Grossen Germaniens singt? erzwungenen
Beyfall,

Ein zweydeutiges Lob, und eine gnädige Mine.

Doch was murrest du, Muse? Hat nicht der Him-
mel die Güter

Jn dich selber gelegt, die deine Zufriedenheit schaffen?
Jst ein fühlendes Herz, ein immer heitres Gemüthe,
Von Gesundheit erhöht, kein Schatz, der Wünsche
verdienet?

Jst die Schöpfung nicht dein? Singt in dem offenen
Walde

Nicht die Nachtigall dir mit noch mehr zaubrischen Tö-
nen,

Als dem stumpferen Reichen in wenig genossenen Gär-
ten?

Blühn die Bäume nicht dir, und können Schranken
und Hecken

Jhre Düfte verhindern, zu deinem Genusse zu drin-
gen?

Seyd mir also gegrüßt ihr frischen Auen, ihr Thäler,
Wo der murmelnde Quell durch Gras und Blumen
sich windet;

Und du freundlicher Hain, in dessen bewirthenden
Schatten

Mich

Der Morgen.
Sich ſein Twidnam erwarb! Was kan der Dichter
erwarten,

Welcher den Groſſen Germaniens ſingt? erzwungenen
Beyfall,

Ein zweydeutiges Lob, und eine gnaͤdige Mine.

Doch was murreſt du, Muſe? Hat nicht der Him-
mel die Guͤter

Jn dich ſelber gelegt, die deine Zufriedenheit ſchaffen?
Jſt ein fuͤhlendes Herz, ein immer heitres Gemuͤthe,
Von Geſundheit erhoͤht, kein Schatz, der Wuͤnſche
verdienet?

Jſt die Schoͤpfung nicht dein? Singt in dem offenen
Walde

Nicht die Nachtigall dir mit noch mehr zaubriſchen Toͤ-
nen,

Als dem ſtumpferen Reichen in wenig genoſſenen Gaͤr-
ten?

Bluͤhn die Baͤume nicht dir, und koͤnnen Schranken
und Hecken

Jhre Duͤfte verhindern, zu deinem Genuſſe zu drin-
gen?

Seyd mir alſo gegruͤßt ihr friſchen Auen, ihr Thaͤler,
Wo der murmelnde Quell durch Gras und Blumen
ſich windet;

Und du freundlicher Hain, in deſſen bewirthenden
Schatten

Mich
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[46/0054] Der Morgen. Sich ſein Twidnam erwarb! Was kan der Dichter erwarten, Welcher den Groſſen Germaniens ſingt? erzwungenen Beyfall, Ein zweydeutiges Lob, und eine gnaͤdige Mine. Doch was murreſt du, Muſe? Hat nicht der Him- mel die Guͤter Jn dich ſelber gelegt, die deine Zufriedenheit ſchaffen? Jſt ein fuͤhlendes Herz, ein immer heitres Gemuͤthe, Von Geſundheit erhoͤht, kein Schatz, der Wuͤnſche verdienet? Jſt die Schoͤpfung nicht dein? Singt in dem offenen Walde Nicht die Nachtigall dir mit noch mehr zaubriſchen Toͤ- nen, Als dem ſtumpferen Reichen in wenig genoſſenen Gaͤr- ten? Bluͤhn die Baͤume nicht dir, und koͤnnen Schranken und Hecken Jhre Duͤfte verhindern, zu deinem Genuſſe zu drin- gen? Seyd mir alſo gegruͤßt ihr friſchen Auen, ihr Thaͤler, Wo der murmelnde Quell durch Gras und Blumen ſich windet; Und du freundlicher Hain, in deſſen bewirthenden Schatten Mich

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/54>, abgerufen am 17.05.2024.