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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Dritter Gesang.
Tief in ihr Bette. Hier lag sie in Angst drey schreckli-
che Stunden,
Ohne den Kopf aus dem tiefen Gewühle der Federn zu
wagen;
Bis sie der Schlaf mit dem Anbruch des Tages mitlei-
dig besuchte.

Aber der Schatten des Katers begab sich zur Kam-
mer des Alten,
Schnaubte Rache; sprang wild auf den Tisch, auf wel-
chem ein Nachtlicht
Sterbende blaue Stralen verstreute. Die zitternde
Flamme
Fuhr in die Höh und erlosch; drauf schallte durchs ein-
same Zimmer
Murners Todtengeheul. Der Alte fuhr auf aus dem
Schlafe,
Furchtsam, und blaß; da sah er den Cyper mit glühen-
den Augen,
Welcher höllische Flammen aus seinem Nasenloch brauß-
te.
Schrecklich riß er den Mund auf und schrie. Vom wil-
den Geheule
Schallte das Schloß, und endlich verschwand der er-
scheinende Murner.
Er flog ietzo mit wenigerm Schrecken zum Zimmer Ro-
saurens,
Und erschien ihr im Schlaf mit blassem entstellten Ge-
sichte.
Schönste Rosaura, (so sprach er zu ihr,) vergieb es
der Seele
Dei-
K 5

Dritter Geſang.
Tief in ihr Bette. Hier lag ſie in Angſt drey ſchreckli-
che Stunden,
Ohne den Kopf aus dem tiefen Gewuͤhle der Federn zu
wagen;
Bis ſie der Schlaf mit dem Anbruch des Tages mitlei-
dig beſuchte.

Aber der Schatten des Katers begab ſich zur Kam-
mer des Alten,
Schnaubte Rache; ſprang wild auf den Tiſch, auf wel-
chem ein Nachtlicht
Sterbende blaue Stralen verſtreute. Die zitternde
Flamme
Fuhr in die Hoͤh und erloſch; drauf ſchallte durchs ein-
ſame Zimmer
Murners Todtengeheul. Der Alte fuhr auf aus dem
Schlafe,
Furchtſam, und blaß; da ſah er den Cyper mit gluͤhen-
den Augen,
Welcher hoͤlliſche Flammen aus ſeinem Naſenloch brauß-
te.
Schrecklich riß er den Mund auf und ſchrie. Vom wil-
den Geheule
Schallte das Schloß, und endlich verſchwand der er-
ſcheinende Murner.
Er flog ietzo mit wenigerm Schrecken zum Zimmer Ro-
ſaurens,
Und erſchien ihr im Schlaf mit blaſſem entſtellten Ge-
ſichte.
Schoͤnſte Roſaura, (ſo ſprach er zu ihr,) vergieb es
der Seele
Dei-
K 5
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[153/0161] Dritter Geſang. Tief in ihr Bette. Hier lag ſie in Angſt drey ſchreckli- che Stunden, Ohne den Kopf aus dem tiefen Gewuͤhle der Federn zu wagen; Bis ſie der Schlaf mit dem Anbruch des Tages mitlei- dig beſuchte. Aber der Schatten des Katers begab ſich zur Kam- mer des Alten, Schnaubte Rache; ſprang wild auf den Tiſch, auf wel- chem ein Nachtlicht Sterbende blaue Stralen verſtreute. Die zitternde Flamme Fuhr in die Hoͤh und erloſch; drauf ſchallte durchs ein- ſame Zimmer Murners Todtengeheul. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe, Furchtſam, und blaß; da ſah er den Cyper mit gluͤhen- den Augen, Welcher hoͤlliſche Flammen aus ſeinem Naſenloch brauß- te. Schrecklich riß er den Mund auf und ſchrie. Vom wil- den Geheule Schallte das Schloß, und endlich verſchwand der er- ſcheinende Murner. Er flog ietzo mit wenigerm Schrecken zum Zimmer Ro- ſaurens, Und erſchien ihr im Schlaf mit blaſſem entſtellten Ge- ſichte. Schoͤnſte Roſaura, (ſo ſprach er zu ihr,) vergieb es der Seele Dei- K 5

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/161>, abgerufen am 01.05.2024.