Bey den Jenensern ist ein alt Gesetz in Ehren, Das alte Pursche stets die junge Nachwelt lehren; Das man mit Ehrfurcht sagt, und unverbrüchlich hält, So lang in Jena noch die Freyheit sich erhält. Dies ists. So oft man sich vor volle Gläser setzet, Wählt sich der nasse Pursch ein Mädchen, das er schätzet. Zu der Scharmante wird sie festlich deklarirt, Und dem Amanten nie mit andrer Art entführt, Als sich auf ofnem Markt den Hals mit ihm zu brechen. Und, wenn es Freunde sind, in Bier sie abzuzechen. Man säuft sich von Verstand bloß auf ihr Wohlergehn. Man kennt die Schöne nicht, als daß man sie gesehn; Doch dies ist gnug, deshalb die Schnurrbarthey zu stürmen, Und sie mit Bier und Blut herkulisch zu beschirmen; Die Renommisten sinds, die dies Gesetz erhöht,
Durch
Der Renommiſt.
Bey den Jenenſern iſt ein alt Geſetz in Ehren, Das alte Purſche ſtets die junge Nachwelt lehren; Das man mit Ehrfurcht ſagt, und unverbruͤchlich haͤlt, So lang in Jena noch die Freyheit ſich erhaͤlt. Dies iſts. So oft man ſich vor volle Glaͤſer ſetzet, Waͤhlt ſich der naſſe Purſch ein Maͤdchen, das er ſchaͤtzet. Zu der Scharmante wird ſie feſtlich deklarirt, Und dem Amanten nie mit andrer Art entfuͤhrt, Als ſich auf ofnem Markt den Hals mit ihm zu brechen. Und, wenn es Freunde ſind, in Bier ſie abzuzechen. Man ſaͤuft ſich von Verſtand bloß auf ihr Wohlergehn. Man kennt die Schoͤne nicht, als daß man ſie geſehn; Doch dies iſt gnug, deshalb die Schnurrbarthey zu ſtuͤrmen, Und ſie mit Bier und Blut herkuliſch zu beſchirmen; Die Renommiſten ſinds, die dies Geſetz erhoͤht,
Durch
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Der Renommiſt.
Bey den Jenenſern iſt ein alt Geſetz in Ehren,
Das alte Purſche ſtets die junge Nachwelt lehren;
Das man mit Ehrfurcht ſagt, und unverbruͤchlich haͤlt,
So lang in Jena noch die Freyheit ſich erhaͤlt.
Dies iſts. So oft man ſich vor volle Glaͤſer ſetzet,
Waͤhlt ſich der naſſe Purſch ein Maͤdchen, das er
ſchaͤtzet.
Zu der Scharmante wird ſie feſtlich deklarirt,
Und dem Amanten nie mit andrer Art entfuͤhrt,
Als ſich auf ofnem Markt den Hals mit ihm zu
brechen.
Und, wenn es Freunde ſind, in Bier ſie abzuzechen.
Man ſaͤuft ſich von Verſtand bloß auf ihr Wohlergehn.
Man kennt die Schoͤne nicht, als daß man ſie geſehn;
Doch dies iſt gnug, deshalb die Schnurrbarthey zu
ſtuͤrmen,
Und ſie mit Bier und Blut herkuliſch zu beſchirmen;
Die Renommiſten ſinds, die dies Geſetz erhoͤht,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/168>, abgerufen am 16.02.2025.
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