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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Wirkungen des elektrischen Stroms.
die s. g. Haloidsalze verwandt. Die ersteren werden so zerlegt, dass
sich das Metall an der Kathode, der Sauerstoff an der Anode aus-
scheidet. Ebenso wird bei den Haloidsalzen an der Kathode das Me-
tall, an der Anode das Haloidradical (Chlor, Brom, Jod) frei. Bei der
Zerlegung der Wasserstoffsäuren dieser Radicale tritt der Wasserstoff
an der Kathode auf. Lässt man den Strom durch concentrirte Lösun-
gen der Haloidsalze und löslichen Oxyde gehen, so wird nur die ge-
löste Substanz, nicht aber das Lösungsmittel zersetzt. Erst in ver-
dünnten Lösungen erfährt auch das Wasser eine Zerlegung, die dann
neben der Zerlegung der gelösten Substanz einhergeht. Man bezeich-
net diese Zersetzung des Lösungsmittels als secundäre Elektro-
lyse
. Durch dieselbe werden die chemischen Vorgänge in der Regel
verwickelter, weil der Sauerstoff im Moment seiner Entstehung ein
Oxydationsmittel, der Wasserstoff dagegen ein Reductionsmittel ist:
es werden daher in diesen Fällen leicht die Anionen oxydirt und die
Kationen reducirt. Andere Zersetzungen können dadurch eintreten,
dass die ausgeschiedenen Stoffe unmittelbar zerlegend auf das Was-
ser einwirken. Dies ist z. B. mit den Metallen der leichtlöslichen
Oxyde und Haloidsalze in der Regel der Fall. Das an der negativen
Elektrode ausgeschiedene Metall (z. B. Kalium, Natrium) oxydirt sich
dann im Moment seiner Ausscheidung, indem es den Sauerstoff des
Wassers aufnimmt und den Wasserstoff desselben frei macht.

Die Verbindungen der Metalloxyde mit Säuren, also die schwefel-
sauren, salpetersauren, chlorsauren Salze u. s. w., zerfallen durch den
Strom in der Weise, dass das Metall an der Kathode, die Säure plus
dem Sauerstoff aber an der Anode frei wird. Eine Lösung von schwe-
felsaurem Kali, KO.SO3, zerfällt also durch den Strom in SO3 + O,
was sich an der Anode abscheidet, und in K, was an der Kathode
niederfällt. Letzteres zerlegt aber alsbald das Wasser. Man erhält
daher an der Anode Schwefelsäure und Sauerstoff, an der Kathode
Natron und Wasserstoff. Man kann, um diesen Zersetzungsprocess
mit der Zerlegung der einfach binären Verbindungen in Analogie zu
bringen, annehmen, die schwefelsauren Salze seien nach dem Schema
M + SO4, die salpetersauren M + NO6 zusammengesetzt u. s. w.,
wo M das Metall bedeutet. Man kann dann allgemein das Gesetz
aussprechen: alle binär zusammengesetzten Stoffe, welche aus je ei-
nem Aequivalent verschiedener Radicale zusammengesetzt sind, zer-
fallen bei der Elektrolyse in diese Radicale. Dabei wird stets an der
Anode derjenige Bestandtheil ausgeschieden, welcher dieselbe Stelle
wie in dem Typus H O der Sauerstoff einnimmt, an der Kathode da-
gegen derjenige Bestandtheil, welcher dem Wasserstoff entspricht.
In allen binären Verbindungen correspondiren aber dem Wasser-
stoff die Metalle, und dem Sauerstoff die Haloidradicale und die Typen
SO4, NO6 u. s. w.


Wirkungen des elektrischen Stroms.
die s. g. Haloidsalze verwandt. Die ersteren werden so zerlegt, dass
sich das Metall an der Kathode, der Sauerstoff an der Anode aus-
scheidet. Ebenso wird bei den Haloidsalzen an der Kathode das Me-
tall, an der Anode das Haloidradical (Chlor, Brom, Jod) frei. Bei der
Zerlegung der Wasserstoffsäuren dieser Radicale tritt der Wasserstoff
an der Kathode auf. Lässt man den Strom durch concentrirte Lösun-
gen der Haloidsalze und löslichen Oxyde gehen, so wird nur die ge-
löste Substanz, nicht aber das Lösungsmittel zersetzt. Erst in ver-
dünnten Lösungen erfährt auch das Wasser eine Zerlegung, die dann
neben der Zerlegung der gelösten Substanz einhergeht. Man bezeich-
net diese Zersetzung des Lösungsmittels als secundäre Elektro-
lyse
. Durch dieselbe werden die chemischen Vorgänge in der Regel
verwickelter, weil der Sauerstoff im Moment seiner Entstehung ein
Oxydationsmittel, der Wasserstoff dagegen ein Reductionsmittel ist:
es werden daher in diesen Fällen leicht die Anionen oxydirt und die
Kationen reducirt. Andere Zersetzungen können dadurch eintreten,
dass die ausgeschiedenen Stoffe unmittelbar zerlegend auf das Was-
ser einwirken. Dies ist z. B. mit den Metallen der leichtlöslichen
Oxyde und Haloidsalze in der Regel der Fall. Das an der negativen
Elektrode ausgeschiedene Metall (z. B. Kalium, Natrium) oxydirt sich
dann im Moment seiner Ausscheidung, indem es den Sauerstoff des
Wassers aufnimmt und den Wasserstoff desselben frei macht.

Die Verbindungen der Metalloxyde mit Säuren, also die schwefel-
sauren, salpetersauren, chlorsauren Salze u. s. w., zerfallen durch den
Strom in der Weise, dass das Metall an der Kathode, die Säure plus
dem Sauerstoff aber an der Anode frei wird. Eine Lösung von schwe-
felsaurem Kali, KO.SO3, zerfällt also durch den Strom in SO3 + O,
was sich an der Anode abscheidet, und in K, was an der Kathode
niederfällt. Letzteres zerlegt aber alsbald das Wasser. Man erhält
daher an der Anode Schwefelsäure und Sauerstoff, an der Kathode
Natron und Wasserstoff. Man kann, um diesen Zersetzungsprocess
mit der Zerlegung der einfach binären Verbindungen in Analogie zu
bringen, annehmen, die schwefelsauren Salze seien nach dem Schema
M + SO4, die salpetersauren M + NO6 zusammengesetzt u. s. w.,
wo M das Metall bedeutet. Man kann dann allgemein das Gesetz
aussprechen: alle binär zusammengesetzten Stoffe, welche aus je ei-
nem Aequivalent verschiedener Radicale zusammengesetzt sind, zer-
fallen bei der Elektrolyse in diese Radicale. Dabei wird stets an der
Anode derjenige Bestandtheil ausgeschieden, welcher dieselbe Stelle
wie in dem Typus H O der Sauerstoff einnimmt, an der Kathode da-
gegen derjenige Bestandtheil, welcher dem Wasserstoff entspricht.
In allen binären Verbindungen correspondiren aber dem Wasser-
stoff die Metalle, und dem Sauerstoff die Haloidradicale und die Typen
SO4, NO6 u. s. w.


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[491/0513] Wirkungen des elektrischen Stroms. die s. g. Haloidsalze verwandt. Die ersteren werden so zerlegt, dass sich das Metall an der Kathode, der Sauerstoff an der Anode aus- scheidet. Ebenso wird bei den Haloidsalzen an der Kathode das Me- tall, an der Anode das Haloidradical (Chlor, Brom, Jod) frei. Bei der Zerlegung der Wasserstoffsäuren dieser Radicale tritt der Wasserstoff an der Kathode auf. Lässt man den Strom durch concentrirte Lösun- gen der Haloidsalze und löslichen Oxyde gehen, so wird nur die ge- löste Substanz, nicht aber das Lösungsmittel zersetzt. Erst in ver- dünnten Lösungen erfährt auch das Wasser eine Zerlegung, die dann neben der Zerlegung der gelösten Substanz einhergeht. Man bezeich- net diese Zersetzung des Lösungsmittels als secundäre Elektro- lyse. Durch dieselbe werden die chemischen Vorgänge in der Regel verwickelter, weil der Sauerstoff im Moment seiner Entstehung ein Oxydationsmittel, der Wasserstoff dagegen ein Reductionsmittel ist: es werden daher in diesen Fällen leicht die Anionen oxydirt und die Kationen reducirt. Andere Zersetzungen können dadurch eintreten, dass die ausgeschiedenen Stoffe unmittelbar zerlegend auf das Was- ser einwirken. Dies ist z. B. mit den Metallen der leichtlöslichen Oxyde und Haloidsalze in der Regel der Fall. Das an der negativen Elektrode ausgeschiedene Metall (z. B. Kalium, Natrium) oxydirt sich dann im Moment seiner Ausscheidung, indem es den Sauerstoff des Wassers aufnimmt und den Wasserstoff desselben frei macht. Die Verbindungen der Metalloxyde mit Säuren, also die schwefel- sauren, salpetersauren, chlorsauren Salze u. s. w., zerfallen durch den Strom in der Weise, dass das Metall an der Kathode, die Säure plus dem Sauerstoff aber an der Anode frei wird. Eine Lösung von schwe- felsaurem Kali, KO.SO3, zerfällt also durch den Strom in SO3 + O, was sich an der Anode abscheidet, und in K, was an der Kathode niederfällt. Letzteres zerlegt aber alsbald das Wasser. Man erhält daher an der Anode Schwefelsäure und Sauerstoff, an der Kathode Natron und Wasserstoff. Man kann, um diesen Zersetzungsprocess mit der Zerlegung der einfach binären Verbindungen in Analogie zu bringen, annehmen, die schwefelsauren Salze seien nach dem Schema M + SO4, die salpetersauren M + NO6 zusammengesetzt u. s. w., wo M das Metall bedeutet. Man kann dann allgemein das Gesetz aussprechen: alle binär zusammengesetzten Stoffe, welche aus je ei- nem Aequivalent verschiedener Radicale zusammengesetzt sind, zer- fallen bei der Elektrolyse in diese Radicale. Dabei wird stets an der Anode derjenige Bestandtheil ausgeschieden, welcher dieselbe Stelle wie in dem Typus H O der Sauerstoff einnimmt, an der Kathode da- gegen derjenige Bestandtheil, welcher dem Wasserstoff entspricht. In allen binären Verbindungen correspondiren aber dem Wasser- stoff die Metalle, und dem Sauerstoff die Haloidradicale und die Typen SO4, NO6 u. s. w.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/513>, abgerufen am 23.12.2024.