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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.

Mittelst des unten, im §. 290, zu beschreibenden Elektroskops lässt sich nach-
weisen, dass Spuren von Elektricität durch sehr geringfügige Einwirkungen an allen
idioelektrischen Körpern erzeugt werden können. Selbst zwei ganz gleichartige Kör-
per werden an einander gerieben elektrisch, und zwar stets der eine positiv, der an-
dere negativ. Zerschneidet oder zerbricht man einen idioelektrischen Körper, so zeigt
die eine Schnitt- oder Bruchfläche positive, die andere negative Elektricität. Auch an
den s. g. anelektrischen Körpern kann man, wie wir sogleich sehen werden, durch
Reiben Elektricität erregen, wenn man durch Isolirung derselben die Mittheilung der
Elektricität an die Umgebung verhindert.


289
Leiter und
Nichtleiter der
Elektricität.

Ueberzieht man einen Metallstab, da wo man ihn in der Hand
hält, mit Schellack oder Guttapercha und reibt das andere nicht über-
zogene Ende desselben, so wird dasselbe schwach elektrisch. Die in
ihm erregte Elektricität verschwindet aber augenblicklich, wenn man
es mit der Hand berührt. Hieraus ist zu schliessen, dass die anelek-
trischen Körper nur desshalb unter gewöhnlichen Umständen keine
Elektricität annehmen, weil sie dieselbe alsbald bei ihrem Entstehen
wieder an die sie berührenden Körper abgeben. Sie geben dieselbe
aber nicht an alle Körper ab, mit denen sie in Berührung kommen.
Legt man z. B. an einen in der oben angegebenen Weise elektrisirten
Metallstab eine Siegellack- oder Glasstange oder einen andern idio-
elektrischen Körper, so verliert die Metallstange ihre Elektricität nicht.
Hiermit hängt zusammen, dass, wenn man einen Glas- oder Harzstab
durch Reiben elektrisch gemacht hat, die Elektricität sich nur an den-
jenigen Stellen, die gerieben wurden, vorfindet, während alle übrigen
Theile des Stabes unelektrisch geblieben sind. Hat man hingegen
einen Metallstab elektrisch gemacht, so ist derselbe in seiner ganzen
Länge in sichtlich gleicher Stärke elektrisch. Aus diesen Thatsachen
ist zu schliessen, dass die anelektrischen Körper nicht nur viel ge-
neigter sind als die idioelektrischen ihre Elektricität andern Körpern
mitzutheilen, sondern dass sie auch viel leichter bei der Berührung
mit elektrischen Körpern die Elektricität aufnehmen. Man nennt sie
daher auch Leiter der Elektricität, während man die andern als
Nichtleiter oder Isolatoren bezeichnet. Die besten Elektricitäts-
leiter sind die Metalle; unmittelbar nach ihnen kommt Kohle, Graphit,
die Säuren und Salzlösungen, hierauf das Wasser und die von Wasser
durchtränkten Pflanzen- und Thiergewebe. Nichtleiter der Elektricität
sind die fetten und ätherischen Oele, Porzellan, Leder, Federn, Haare,
Wolle, Seide, Glimmer, Glas, Wachs, Schwefel, Harze u. s. w.


290
Das Elektro-
skop.

Der Eigenschaft der Metalle, sehr leicht Elektricität von andern
Körpern aufzunehmen, bedient man sich zur Entdeckung schwacher
Elektricitätsquellen. Das hierzu meistens benützte Goldblattelek-
troskop
besteht aus einem Glasgefäss (Fig. 197), dessen Kork von
einer einen Metallstab umschliessenden Glasröhre durchbohrt ist; am

Von der Elektricität.

Mittelst des unten, im §. 290, zu beschreibenden Elektroskops lässt sich nach-
weisen, dass Spuren von Elektricität durch sehr geringfügige Einwirkungen an allen
idioelektrischen Körpern erzeugt werden können. Selbst zwei ganz gleichartige Kör-
per werden an einander gerieben elektrisch, und zwar stets der eine positiv, der an-
dere negativ. Zerschneidet oder zerbricht man einen idioelektrischen Körper, so zeigt
die eine Schnitt- oder Bruchfläche positive, die andere negative Elektricität. Auch an
den s. g. anelektrischen Körpern kann man, wie wir sogleich sehen werden, durch
Reiben Elektricität erregen, wenn man durch Isolirung derselben die Mittheilung der
Elektricität an die Umgebung verhindert.


289
Leiter und
Nichtleiter der
Elektricität.

Ueberzieht man einen Metallstab, da wo man ihn in der Hand
hält, mit Schellack oder Guttapercha und reibt das andere nicht über-
zogene Ende desselben, so wird dasselbe schwach elektrisch. Die in
ihm erregte Elektricität verschwindet aber augenblicklich, wenn man
es mit der Hand berührt. Hieraus ist zu schliessen, dass die anelek-
trischen Körper nur desshalb unter gewöhnlichen Umständen keine
Elektricität annehmen, weil sie dieselbe alsbald bei ihrem Entstehen
wieder an die sie berührenden Körper abgeben. Sie geben dieselbe
aber nicht an alle Körper ab, mit denen sie in Berührung kommen.
Legt man z. B. an einen in der oben angegebenen Weise elektrisirten
Metallstab eine Siegellack- oder Glasstange oder einen andern idio-
elektrischen Körper, so verliert die Metallstange ihre Elektricität nicht.
Hiermit hängt zusammen, dass, wenn man einen Glas- oder Harzstab
durch Reiben elektrisch gemacht hat, die Elektricität sich nur an den-
jenigen Stellen, die gerieben wurden, vorfindet, während alle übrigen
Theile des Stabes unelektrisch geblieben sind. Hat man hingegen
einen Metallstab elektrisch gemacht, so ist derselbe in seiner ganzen
Länge in sichtlich gleicher Stärke elektrisch. Aus diesen Thatsachen
ist zu schliessen, dass die anelektrischen Körper nicht nur viel ge-
neigter sind als die idioelektrischen ihre Elektricität andern Körpern
mitzutheilen, sondern dass sie auch viel leichter bei der Berührung
mit elektrischen Körpern die Elektricität aufnehmen. Man nennt sie
daher auch Leiter der Elektricität, während man die andern als
Nichtleiter oder Isolatoren bezeichnet. Die besten Elektricitäts-
leiter sind die Metalle; unmittelbar nach ihnen kommt Kohle, Graphit,
die Säuren und Salzlösungen, hierauf das Wasser und die von Wasser
durchtränkten Pflanzen- und Thiergewebe. Nichtleiter der Elektricität
sind die fetten und ätherischen Oele, Porzellan, Leder, Federn, Haare,
Wolle, Seide, Glimmer, Glas, Wachs, Schwefel, Harze u. s. w.


290
Das Elektro-
skop.

Der Eigenschaft der Metalle, sehr leicht Elektricität von andern
Körpern aufzunehmen, bedient man sich zur Entdeckung schwacher
Elektricitätsquellen. Das hierzu meistens benützte Goldblattelek-
troskop
besteht aus einem Glasgefäss (Fig. 197), dessen Kork von
einer einen Metallstab umschliessenden Glasröhre durchbohrt ist; am

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[436/0458] Von der Elektricität. Mittelst des unten, im §. 290, zu beschreibenden Elektroskops lässt sich nach- weisen, dass Spuren von Elektricität durch sehr geringfügige Einwirkungen an allen idioelektrischen Körpern erzeugt werden können. Selbst zwei ganz gleichartige Kör- per werden an einander gerieben elektrisch, und zwar stets der eine positiv, der an- dere negativ. Zerschneidet oder zerbricht man einen idioelektrischen Körper, so zeigt die eine Schnitt- oder Bruchfläche positive, die andere negative Elektricität. Auch an den s. g. anelektrischen Körpern kann man, wie wir sogleich sehen werden, durch Reiben Elektricität erregen, wenn man durch Isolirung derselben die Mittheilung der Elektricität an die Umgebung verhindert. Ueberzieht man einen Metallstab, da wo man ihn in der Hand hält, mit Schellack oder Guttapercha und reibt das andere nicht über- zogene Ende desselben, so wird dasselbe schwach elektrisch. Die in ihm erregte Elektricität verschwindet aber augenblicklich, wenn man es mit der Hand berührt. Hieraus ist zu schliessen, dass die anelek- trischen Körper nur desshalb unter gewöhnlichen Umständen keine Elektricität annehmen, weil sie dieselbe alsbald bei ihrem Entstehen wieder an die sie berührenden Körper abgeben. Sie geben dieselbe aber nicht an alle Körper ab, mit denen sie in Berührung kommen. Legt man z. B. an einen in der oben angegebenen Weise elektrisirten Metallstab eine Siegellack- oder Glasstange oder einen andern idio- elektrischen Körper, so verliert die Metallstange ihre Elektricität nicht. Hiermit hängt zusammen, dass, wenn man einen Glas- oder Harzstab durch Reiben elektrisch gemacht hat, die Elektricität sich nur an den- jenigen Stellen, die gerieben wurden, vorfindet, während alle übrigen Theile des Stabes unelektrisch geblieben sind. Hat man hingegen einen Metallstab elektrisch gemacht, so ist derselbe in seiner ganzen Länge in sichtlich gleicher Stärke elektrisch. Aus diesen Thatsachen ist zu schliessen, dass die anelektrischen Körper nicht nur viel ge- neigter sind als die idioelektrischen ihre Elektricität andern Körpern mitzutheilen, sondern dass sie auch viel leichter bei der Berührung mit elektrischen Körpern die Elektricität aufnehmen. Man nennt sie daher auch Leiter der Elektricität, während man die andern als Nichtleiter oder Isolatoren bezeichnet. Die besten Elektricitäts- leiter sind die Metalle; unmittelbar nach ihnen kommt Kohle, Graphit, die Säuren und Salzlösungen, hierauf das Wasser und die von Wasser durchtränkten Pflanzen- und Thiergewebe. Nichtleiter der Elektricität sind die fetten und ätherischen Oele, Porzellan, Leder, Federn, Haare, Wolle, Seide, Glimmer, Glas, Wachs, Schwefel, Harze u. s. w. Der Eigenschaft der Metalle, sehr leicht Elektricität von andern Körpern aufzunehmen, bedient man sich zur Entdeckung schwacher Elektricitätsquellen. Das hierzu meistens benützte Goldblattelek- troskop besteht aus einem Glasgefäss (Fig. 197), dessen Kork von einer einen Metallstab umschliessenden Glasröhre durchbohrt ist; am

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/458>, abgerufen am 22.12.2024.