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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Wärme.
einstimmende Gestalt: beide unterscheiden sich aber dadurch, dass von a bis b, für
den festen Zustand, die Curve s s steiler verläuft als die Curve A A, während letz-
tere hingegen von b bis c, für den flüssigen Zustand, einen steileren Verlauf annimmt.


264
Specifische
Wärme der
Gase bei con-
stantem Druch
und bei con-
stantem Volum

Einer besonderen Untersuchung bedarf die specifische Wärme der
Gase. Die Gase unterscheiden sich dadurch von den flüssigen und
festen Körpern, dass ihr Zustand, ausser von der Temperatur, in hohem
Grade auch von dem Druck abhängt, der auf ihnen lastet. Die in
§. 262 angegebenen Werthe für die specifischen Wärmen der wichti-
geren Gase sind in derselben Weise wie die specifischen Wärmen der
festen und flüssigen Körper, also für die Gewichtseinheit derselben be-
rechnet. Es fragt sich nun, ob diese Werthe dieselben bleiben, wenn
man den Druck, unter welchem sich das Gas befindet, und daher auch
das Volumen, welches jene Gewichtseinheit einnimmt, erheblich verän-
dert. Regnault hat gefunden, dass in der That bei sehr bedeuten-
den Schwankungen des Drucks die so bestimmte specifische Wärme
der Gase constant bleibt. Doch findet dies nur unter der Voraussetz-
ung statt, dass während der Zuführung der Wärme der Druck voll-
kommen unverändert gelassen werde, dass man also dem Gas gestatte
sich um so viel auszudehnen, als der durch die Wärmezufuhr beding-
ten Temperaturerhöhung entspricht, d. h. um 0,003665 des Volumens
für jeden Grad der hunderttheiligen Scala. Man bezeichnet daher auch
die auf diese Weise ermittelte Wärmecapacität als specifische
Wärme bei constantem Druck
.

Hat man dagegen ein Gas in einem unausdehnbaren Gefässe ein-
geschlossen, erhält man also das Volumen desselben fortwährend con-
stant, und bestimmt nun die Wärmemenge, welche erforderlich ist, um
eine gewisse Gewichtsmenge um 1°C. zu erwärmen, so nimmt die
Spannung des Gases und demnach auch der Druck, unter welchem es
steht, im selben Verhältnisse zu als bei ungehinderter Ausdehnung das
Volumen, und man beobachtet jetzt, dass die so gemessene speci-
fische Wärme bei constantem Volum und variablem Druck
stets kleiner als die specifische Wärme bei constantem
Druck und variablem Volum ist
. So wurde z. B. die specifische
Wärme der Luft bei constantem Volum ungefähr = 2/3 derjenigen
bei constantem Druck gefunden; und ähnlich verringern sich die Wär-
mecapacitäten der übrigen Gase.


265
Beziehungen der
specifischen
zur latenten
Wärme.

Diese Thatsache lässt sich nur erklären, wenn man die beim
Uebergang aus einem Aggregatzustand in den andern stattfindenden
Erscheinungen auch auf die Volumveränderungen innerhalb eines und
desselben Aggregatzustandes ausdehnt. Wir haben gesehen, dass beim
Schmelzen der festen und ebenso beim Verdampfen der flüssigen Kör-
per Wärme gebunden wird. Nun ist der Uebergang aus dem festen

Von der Wärme.
einstimmende Gestalt: beide unterscheiden sich aber dadurch, dass von a bis b, für
den festen Zustand, die Curve s s steiler verläuft als die Curve A A, während letz-
tere hingegen von b bis c, für den flüssigen Zustand, einen steileren Verlauf annimmt.


264
Specifische
Wärme der
Gase bei con-
stantem Druch
und bei con-
stantem Volum

Einer besonderen Untersuchung bedarf die specifische Wärme der
Gase. Die Gase unterscheiden sich dadurch von den flüssigen und
festen Körpern, dass ihr Zustand, ausser von der Temperatur, in hohem
Grade auch von dem Druck abhängt, der auf ihnen lastet. Die in
§. 262 angegebenen Werthe für die specifischen Wärmen der wichti-
geren Gase sind in derselben Weise wie die specifischen Wärmen der
festen und flüssigen Körper, also für die Gewichtseinheit derselben be-
rechnet. Es fragt sich nun, ob diese Werthe dieselben bleiben, wenn
man den Druck, unter welchem sich das Gas befindet, und daher auch
das Volumen, welches jene Gewichtseinheit einnimmt, erheblich verän-
dert. Regnault hat gefunden, dass in der That bei sehr bedeuten-
den Schwankungen des Drucks die so bestimmte specifische Wärme
der Gase constant bleibt. Doch findet dies nur unter der Voraussetz-
ung statt, dass während der Zuführung der Wärme der Druck voll-
kommen unverändert gelassen werde, dass man also dem Gas gestatte
sich um so viel auszudehnen, als der durch die Wärmezufuhr beding-
ten Temperaturerhöhung entspricht, d. h. um 0,003665 des Volumens
für jeden Grad der hunderttheiligen Scala. Man bezeichnet daher auch
die auf diese Weise ermittelte Wärmecapacität als specifische
Wärme bei constantem Druck
.

Hat man dagegen ein Gas in einem unausdehnbaren Gefässe ein-
geschlossen, erhält man also das Volumen desselben fortwährend con-
stant, und bestimmt nun die Wärmemenge, welche erforderlich ist, um
eine gewisse Gewichtsmenge um 1°C. zu erwärmen, so nimmt die
Spannung des Gases und demnach auch der Druck, unter welchem es
steht, im selben Verhältnisse zu als bei ungehinderter Ausdehnung das
Volumen, und man beobachtet jetzt, dass die so gemessene speci-
fische Wärme bei constantem Volum und variablem Druck
stets kleiner als die specifische Wärme bei constantem
Druck und variablem Volum ist
. So wurde z. B. die specifische
Wärme der Luft bei constantem Volum ungefähr = ⅔ derjenigen
bei constantem Druck gefunden; und ähnlich verringern sich die Wär-
mecapacitäten der übrigen Gase.


265
Beziehungen der
specifischen
zur latenten
Wärme.

Diese Thatsache lässt sich nur erklären, wenn man die beim
Uebergang aus einem Aggregatzustand in den andern stattfindenden
Erscheinungen auch auf die Volumveränderungen innerhalb eines und
desselben Aggregatzustandes ausdehnt. Wir haben gesehen, dass beim
Schmelzen der festen und ebenso beim Verdampfen der flüssigen Kör-
per Wärme gebunden wird. Nun ist der Uebergang aus dem festen

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[398/0420] Von der Wärme. einstimmende Gestalt: beide unterscheiden sich aber dadurch, dass von a bis b, für den festen Zustand, die Curve s s steiler verläuft als die Curve A A, während letz- tere hingegen von b bis c, für den flüssigen Zustand, einen steileren Verlauf annimmt. Einer besonderen Untersuchung bedarf die specifische Wärme der Gase. Die Gase unterscheiden sich dadurch von den flüssigen und festen Körpern, dass ihr Zustand, ausser von der Temperatur, in hohem Grade auch von dem Druck abhängt, der auf ihnen lastet. Die in §. 262 angegebenen Werthe für die specifischen Wärmen der wichti- geren Gase sind in derselben Weise wie die specifischen Wärmen der festen und flüssigen Körper, also für die Gewichtseinheit derselben be- rechnet. Es fragt sich nun, ob diese Werthe dieselben bleiben, wenn man den Druck, unter welchem sich das Gas befindet, und daher auch das Volumen, welches jene Gewichtseinheit einnimmt, erheblich verän- dert. Regnault hat gefunden, dass in der That bei sehr bedeuten- den Schwankungen des Drucks die so bestimmte specifische Wärme der Gase constant bleibt. Doch findet dies nur unter der Voraussetz- ung statt, dass während der Zuführung der Wärme der Druck voll- kommen unverändert gelassen werde, dass man also dem Gas gestatte sich um so viel auszudehnen, als der durch die Wärmezufuhr beding- ten Temperaturerhöhung entspricht, d. h. um 0,003665 des Volumens für jeden Grad der hunderttheiligen Scala. Man bezeichnet daher auch die auf diese Weise ermittelte Wärmecapacität als specifische Wärme bei constantem Druck. Hat man dagegen ein Gas in einem unausdehnbaren Gefässe ein- geschlossen, erhält man also das Volumen desselben fortwährend con- stant, und bestimmt nun die Wärmemenge, welche erforderlich ist, um eine gewisse Gewichtsmenge um 1°C. zu erwärmen, so nimmt die Spannung des Gases und demnach auch der Druck, unter welchem es steht, im selben Verhältnisse zu als bei ungehinderter Ausdehnung das Volumen, und man beobachtet jetzt, dass die so gemessene speci- fische Wärme bei constantem Volum und variablem Druck stets kleiner als die specifische Wärme bei constantem Druck und variablem Volum ist. So wurde z. B. die specifische Wärme der Luft bei constantem Volum ungefähr = ⅔ derjenigen bei constantem Druck gefunden; und ähnlich verringern sich die Wär- mecapacitäten der übrigen Gase. Diese Thatsache lässt sich nur erklären, wenn man die beim Uebergang aus einem Aggregatzustand in den andern stattfindenden Erscheinungen auch auf die Volumveränderungen innerhalb eines und desselben Aggregatzustandes ausdehnt. Wir haben gesehen, dass beim Schmelzen der festen und ebenso beim Verdampfen der flüssigen Kör- per Wärme gebunden wird. Nun ist der Uebergang aus dem festen

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/420>, abgerufen am 23.12.2024.