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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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bedarf es zur Bestimmung der relativen Grösse der Axen in einaxi-
gen Körpern nicht. Aber auch die oben angegebene Methode zwei-
axige von einaxigen Körpern zu unterscheiden enthält schon ein Hülfs-
mittel zur Bestimmung der Axenlänge. Wir haben angegeben, dass,
wenn bei der Drehung eines Schnitts, der zwei Hauptaxen enthält, in
irgend einer Stellung zwischen 0 und 90° Verdunkelung des Gesichts-
feldes eintritt, hierin der sichere Beweis für die zweiaxige Natur des
betreffenden Körpers liege. Dieser Satz darf jedoch nicht umgekehrt
[Abbildung] Fig. 186.
werden. Es seien b c, d e und f g (Fig. 186)
die drei ungleichen Axen des Elasticitätsellip-
soids eines zweiaxigen Körpers, b c sei die
grösste, d e die mittlere und f g die kleinste
Axe. Denken wir uns einen Durchschnitt, der
die Axen b c und d e enthält, um die Axe d e
gedreht, so wird bei einer bestimmten Stellung
die Projection der wirksamen Ellipse auf das
Gesichtsfeld ein Kreis sein: es wird also Ver-
dunkelung eintreten; nicht so bei der Drehung
um die Axe b c: hier wird bei jeder Drehung
d e im Verhältniss zu b c noch kürzer erschei-
nen als in der ursprünglichen Stellung, die Projection wird also niemals
ein Kreis werden. Denken wir uns ferner einen Durchschnitt, der die Axen
d e und f g enthält, so wird wieder bei der Drehung um die kleinste Axe
f g in eine Stellung kommen, wo die Projection ein Kreis ist, nicht so
aber bei der Drehung um die mittlere Axe d e. Denken wir uns
endlich einen Durchschnitt, der b c und f g enthält, so wird weder
bei der Drehung um b c die Linie f g in ihrer Projection sich so weit
vergrössern können, um b c gleich zu werden, noch wird bei der
Drehung um f g die Linie b c so klein werden, um gleich f g zu
sein: hier wird daher niemals der Kreis zu Stande kommen. Bezeich-
nen wir die auf den beiden im gewählten Schnitt liegenden Axen
senkrecht stehende als die dritte Axe, so ergiebt sich demnach, dass
Verdunkelung eintritt: 1) wenn die dritte Axe die grösste ist, und
zwar bei der Drehung um die mittlere Axe, 2) wenn die dritte Axe
die kleinste ist, und zwar bei der Drehung um die grösste Axe;
dass aber niemals Verdunkelung eintritt, wenn 3) die dritte Axe die
mittlere ist. In den ersten beiden Fällen kann also unmittelbar die
relative Grösse der drei Axen bekannt werden. Im dritten Fall aber
bleibt es ungewiss, ob man es mit dem Hauptschnitt eines einaxigen
Körpers oder mit einem zweiaxigen, dessen mittlere Axe auf dem
Durchschnitt senkrecht steht, zu thun hat. Eine Entscheidung lässt
sich mit Sicherheit dann gewinnen, wenn es möglich ist einen in
darauf senkrechter Richtung angefertigten Durchschnitt zu untersuchen.
Bei manchen Krystallen entscheidet auch unmittelbar die Lage der

Von dem Lichte.
bedarf es zur Bestimmung der relativen Grösse der Axen in einaxi-
gen Körpern nicht. Aber auch die oben angegebene Methode zwei-
axige von einaxigen Körpern zu unterscheiden enthält schon ein Hülfs-
mittel zur Bestimmung der Axenlänge. Wir haben angegeben, dass,
wenn bei der Drehung eines Schnitts, der zwei Hauptaxen enthält, in
irgend einer Stellung zwischen 0 und 90° Verdunkelung des Gesichts-
feldes eintritt, hierin der sichere Beweis für die zweiaxige Natur des
betreffenden Körpers liege. Dieser Satz darf jedoch nicht umgekehrt
[Abbildung] Fig. 186.
werden. Es seien b c, d e und f g (Fig. 186)
die drei ungleichen Axen des Elasticitätsellip-
soids eines zweiaxigen Körpers, b c sei die
grösste, d e die mittlere und f g die kleinste
Axe. Denken wir uns einen Durchschnitt, der
die Axen b c und d e enthält, um die Axe d e
gedreht, so wird bei einer bestimmten Stellung
die Projection der wirksamen Ellipse auf das
Gesichtsfeld ein Kreis sein: es wird also Ver-
dunkelung eintreten; nicht so bei der Drehung
um die Axe b c: hier wird bei jeder Drehung
d e im Verhältniss zu b c noch kürzer erschei-
nen als in der ursprünglichen Stellung, die Projection wird also niemals
ein Kreis werden. Denken wir uns ferner einen Durchschnitt, der die Axen
d e und f g enthält, so wird wieder bei der Drehung um die kleinste Axe
f g in eine Stellung kommen, wo die Projection ein Kreis ist, nicht so
aber bei der Drehung um die mittlere Axe d e. Denken wir uns
endlich einen Durchschnitt, der b c und f g enthält, so wird weder
bei der Drehung um b c die Linie f g in ihrer Projection sich so weit
vergrössern können, um b c gleich zu werden, noch wird bei der
Drehung um f g die Linie b c so klein werden, um gleich f g zu
sein: hier wird daher niemals der Kreis zu Stande kommen. Bezeich-
nen wir die auf den beiden im gewählten Schnitt liegenden Axen
senkrecht stehende als die dritte Axe, so ergiebt sich demnach, dass
Verdunkelung eintritt: 1) wenn die dritte Axe die grösste ist, und
zwar bei der Drehung um die mittlere Axe, 2) wenn die dritte Axe
die kleinste ist, und zwar bei der Drehung um die grösste Axe;
dass aber niemals Verdunkelung eintritt, wenn 3) die dritte Axe die
mittlere ist. In den ersten beiden Fällen kann also unmittelbar die
relative Grösse der drei Axen bekannt werden. Im dritten Fall aber
bleibt es ungewiss, ob man es mit dem Hauptschnitt eines einaxigen
Körpers oder mit einem zweiaxigen, dessen mittlere Axe auf dem
Durchschnitt senkrecht steht, zu thun hat. Eine Entscheidung lässt
sich mit Sicherheit dann gewinnen, wenn es möglich ist einen in
darauf senkrechter Richtung angefertigten Durchschnitt zu untersuchen.
Bei manchen Krystallen entscheidet auch unmittelbar die Lage der

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[358/0380] Von dem Lichte. bedarf es zur Bestimmung der relativen Grösse der Axen in einaxi- gen Körpern nicht. Aber auch die oben angegebene Methode zwei- axige von einaxigen Körpern zu unterscheiden enthält schon ein Hülfs- mittel zur Bestimmung der Axenlänge. Wir haben angegeben, dass, wenn bei der Drehung eines Schnitts, der zwei Hauptaxen enthält, in irgend einer Stellung zwischen 0 und 90° Verdunkelung des Gesichts- feldes eintritt, hierin der sichere Beweis für die zweiaxige Natur des betreffenden Körpers liege. Dieser Satz darf jedoch nicht umgekehrt [Abbildung Fig. 186.] werden. Es seien b c, d e und f g (Fig. 186) die drei ungleichen Axen des Elasticitätsellip- soids eines zweiaxigen Körpers, b c sei die grösste, d e die mittlere und f g die kleinste Axe. Denken wir uns einen Durchschnitt, der die Axen b c und d e enthält, um die Axe d e gedreht, so wird bei einer bestimmten Stellung die Projection der wirksamen Ellipse auf das Gesichtsfeld ein Kreis sein: es wird also Ver- dunkelung eintreten; nicht so bei der Drehung um die Axe b c: hier wird bei jeder Drehung d e im Verhältniss zu b c noch kürzer erschei- nen als in der ursprünglichen Stellung, die Projection wird also niemals ein Kreis werden. Denken wir uns ferner einen Durchschnitt, der die Axen d e und f g enthält, so wird wieder bei der Drehung um die kleinste Axe f g in eine Stellung kommen, wo die Projection ein Kreis ist, nicht so aber bei der Drehung um die mittlere Axe d e. Denken wir uns endlich einen Durchschnitt, der b c und f g enthält, so wird weder bei der Drehung um b c die Linie f g in ihrer Projection sich so weit vergrössern können, um b c gleich zu werden, noch wird bei der Drehung um f g die Linie b c so klein werden, um gleich f g zu sein: hier wird daher niemals der Kreis zu Stande kommen. Bezeich- nen wir die auf den beiden im gewählten Schnitt liegenden Axen senkrecht stehende als die dritte Axe, so ergiebt sich demnach, dass Verdunkelung eintritt: 1) wenn die dritte Axe die grösste ist, und zwar bei der Drehung um die mittlere Axe, 2) wenn die dritte Axe die kleinste ist, und zwar bei der Drehung um die grösste Axe; dass aber niemals Verdunkelung eintritt, wenn 3) die dritte Axe die mittlere ist. In den ersten beiden Fällen kann also unmittelbar die relative Grösse der drei Axen bekannt werden. Im dritten Fall aber bleibt es ungewiss, ob man es mit dem Hauptschnitt eines einaxigen Körpers oder mit einem zweiaxigen, dessen mittlere Axe auf dem Durchschnitt senkrecht steht, zu thun hat. Eine Entscheidung lässt sich mit Sicherheit dann gewinnen, wenn es möglich ist einen in darauf senkrechter Richtung angefertigten Durchschnitt zu untersuchen. Bei manchen Krystallen entscheidet auch unmittelbar die Lage der

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/380>, abgerufen am 05.05.2024.