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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Polarisationsapparate und ihre Anwendung.
sichtsfeld liegenden Axen nach beiden Seiten hin die Interferenzfarben
sich in symmetrischer Weise verändern.

Das Gesichtsfeld erscheint, wie aus den obigen Betrachtungen
hervorgeht, immer dann dunkel, wenn die Projection der wirksamen
Elasticitätsellipse auf die Ebene des Gesichtsfeldes ein Kreis ist. Es
ist am zweckmässigsten unmittelbar diesen Satz auf die Bestimmung
der Lage der Axen zweiaxiger Körper anzuwenden. Als die Axen
zweiaxiger Körper bezeichnet man nach §. 224, entsprechend der Be-
nennung bei einaxigen Körpern, jene beiden Linien, welche auf den
zwei kreisförmigen Durchschnitten, die man durch jedes zweiaxige
Elasticitätsellipsoid legen kann, senkrecht stehen. Hiernach wird bei
der Untersuchung zweiaxiger Körper das Gesichtsfeld bei gekreuzten
Nicol's dunkel erscheinen, falls der untersuchte Schnitt entweder selbst
einer jener Durchschnitte des Elasticitätsellipsoids ist, oder falls dieser
Schnitt so gegen das Gesichtsfeld gedreht ist, dass die Projection der
wirksamen Ellipse auf das Gesichtsfeld ein Kreis wird. Ob man es
mit einem einaxigen oder mit einem zweiaxigen Körper zu thun hat
lässt sich nun im Allgemeinen schon an folgendem erkennen. Der
einaxige Körper giebt, wenn zwei Axen seines Ellipsoids im Gesichts-
felde liegen, was auf die beschriebene Weise aus dem Wechsel der
Interferenzfarben bei der Drehung um eine horizontale Axe geschlos-
sen werden kann, niemals bei der Drehung um einen bestimmten Win-
kel Verdunkelung des Gesichtsfeldes, sondern letzteres ist entweder
schon von vornherein verdunkelt, wenn nämlich der Schnitt senkrecht
auf der Hauptaxe steht, oder es tritt niemals eine völlige Verdunkelung
ein, dies wird dann geschehen, wenn der Schnitt selbst ein Haupt-
schnitt ist. Giebt dagegen ein Schnitt, in welchem zwei Elasticitäts-
axen liegen, bei der Drehung um irgend eine dieser Axen Verdun-
kelung des Gesichtsfeldes, so kann man sicher sein, dass man es mit
einem zweiaxigen Körper zu thun hat. Noch leichter lässt sich die
ein- oder zweiaxige Beschaffenheit erkennen, wenn, wie dies bei or-
ganischen Geweben häufig der Fall ist, beliebige Durchschnitte durch
den Körper gelegt werden können. Hat man einen Durchschnitt auf-
gefunden, der zwei Axen des Elasticitätsellipsoids enthält, so braucht
man nur noch einen dazu senkrechten Durchschnitt herzustellen. Dann
muss, falls der Körper ein einaxiger ist, einer dieser Durchschnitte
bei gekreuzten Nicols Verdunkelung des Gesichtsfeldes geben, denn
einer der Durchschnitte muss auf der Hauptaxe senkrecht sein.

In dem Angegebenen ist schon manches enthalten was auch über238
Bestimmung der
Grösse der Ela-
sticitätsaxen.

die relative Grösse der verschiedenen Elasticitätsaxen Aufschluss zu
geben vermag. So hat man im zuletzt angeführten Beispiel unmittel-
bar bestimmt, welcher Schnitt ein Hauptschnitt und welcher ein Quer-
schnitt ist; damit ist also die Lage der Hauptaxe ermittelt, und mehr

Polarisationsapparate und ihre Anwendung.
sichtsfeld liegenden Axen nach beiden Seiten hin die Interferenzfarben
sich in symmetrischer Weise verändern.

Das Gesichtsfeld erscheint, wie aus den obigen Betrachtungen
hervorgeht, immer dann dunkel, wenn die Projection der wirksamen
Elasticitätsellipse auf die Ebene des Gesichtsfeldes ein Kreis ist. Es
ist am zweckmässigsten unmittelbar diesen Satz auf die Bestimmung
der Lage der Axen zweiaxiger Körper anzuwenden. Als die Axen
zweiaxiger Körper bezeichnet man nach §. 224, entsprechend der Be-
nennung bei einaxigen Körpern, jene beiden Linien, welche auf den
zwei kreisförmigen Durchschnitten, die man durch jedes zweiaxige
Elasticitätsellipsoid legen kann, senkrecht stehen. Hiernach wird bei
der Untersuchung zweiaxiger Körper das Gesichtsfeld bei gekreuzten
Nicol’s dunkel erscheinen, falls der untersuchte Schnitt entweder selbst
einer jener Durchschnitte des Elasticitätsellipsoids ist, oder falls dieser
Schnitt so gegen das Gesichtsfeld gedreht ist, dass die Projection der
wirksamen Ellipse auf das Gesichtsfeld ein Kreis wird. Ob man es
mit einem einaxigen oder mit einem zweiaxigen Körper zu thun hat
lässt sich nun im Allgemeinen schon an folgendem erkennen. Der
einaxige Körper giebt, wenn zwei Axen seines Ellipsoids im Gesichts-
felde liegen, was auf die beschriebene Weise aus dem Wechsel der
Interferenzfarben bei der Drehung um eine horizontale Axe geschlos-
sen werden kann, niemals bei der Drehung um einen bestimmten Win-
kel Verdunkelung des Gesichtsfeldes, sondern letzteres ist entweder
schon von vornherein verdunkelt, wenn nämlich der Schnitt senkrecht
auf der Hauptaxe steht, oder es tritt niemals eine völlige Verdunkelung
ein, dies wird dann geschehen, wenn der Schnitt selbst ein Haupt-
schnitt ist. Giebt dagegen ein Schnitt, in welchem zwei Elasticitäts-
axen liegen, bei der Drehung um irgend eine dieser Axen Verdun-
kelung des Gesichtsfeldes, so kann man sicher sein, dass man es mit
einem zweiaxigen Körper zu thun hat. Noch leichter lässt sich die
ein- oder zweiaxige Beschaffenheit erkennen, wenn, wie dies bei or-
ganischen Geweben häufig der Fall ist, beliebige Durchschnitte durch
den Körper gelegt werden können. Hat man einen Durchschnitt auf-
gefunden, der zwei Axen des Elasticitätsellipsoids enthält, so braucht
man nur noch einen dazu senkrechten Durchschnitt herzustellen. Dann
muss, falls der Körper ein einaxiger ist, einer dieser Durchschnitte
bei gekreuzten Nicols Verdunkelung des Gesichtsfeldes geben, denn
einer der Durchschnitte muss auf der Hauptaxe senkrecht sein.

In dem Angegebenen ist schon manches enthalten was auch über238
Bestimmung der
Grösse der Ela-
sticitätsaxen.

die relative Grösse der verschiedenen Elasticitätsaxen Aufschluss zu
geben vermag. So hat man im zuletzt angeführten Beispiel unmittel-
bar bestimmt, welcher Schnitt ein Hauptschnitt und welcher ein Quer-
schnitt ist; damit ist also die Lage der Hauptaxe ermittelt, und mehr

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[357/0379] Polarisationsapparate und ihre Anwendung. sichtsfeld liegenden Axen nach beiden Seiten hin die Interferenzfarben sich in symmetrischer Weise verändern. Das Gesichtsfeld erscheint, wie aus den obigen Betrachtungen hervorgeht, immer dann dunkel, wenn die Projection der wirksamen Elasticitätsellipse auf die Ebene des Gesichtsfeldes ein Kreis ist. Es ist am zweckmässigsten unmittelbar diesen Satz auf die Bestimmung der Lage der Axen zweiaxiger Körper anzuwenden. Als die Axen zweiaxiger Körper bezeichnet man nach §. 224, entsprechend der Be- nennung bei einaxigen Körpern, jene beiden Linien, welche auf den zwei kreisförmigen Durchschnitten, die man durch jedes zweiaxige Elasticitätsellipsoid legen kann, senkrecht stehen. Hiernach wird bei der Untersuchung zweiaxiger Körper das Gesichtsfeld bei gekreuzten Nicol’s dunkel erscheinen, falls der untersuchte Schnitt entweder selbst einer jener Durchschnitte des Elasticitätsellipsoids ist, oder falls dieser Schnitt so gegen das Gesichtsfeld gedreht ist, dass die Projection der wirksamen Ellipse auf das Gesichtsfeld ein Kreis wird. Ob man es mit einem einaxigen oder mit einem zweiaxigen Körper zu thun hat lässt sich nun im Allgemeinen schon an folgendem erkennen. Der einaxige Körper giebt, wenn zwei Axen seines Ellipsoids im Gesichts- felde liegen, was auf die beschriebene Weise aus dem Wechsel der Interferenzfarben bei der Drehung um eine horizontale Axe geschlos- sen werden kann, niemals bei der Drehung um einen bestimmten Win- kel Verdunkelung des Gesichtsfeldes, sondern letzteres ist entweder schon von vornherein verdunkelt, wenn nämlich der Schnitt senkrecht auf der Hauptaxe steht, oder es tritt niemals eine völlige Verdunkelung ein, dies wird dann geschehen, wenn der Schnitt selbst ein Haupt- schnitt ist. Giebt dagegen ein Schnitt, in welchem zwei Elasticitäts- axen liegen, bei der Drehung um irgend eine dieser Axen Verdun- kelung des Gesichtsfeldes, so kann man sicher sein, dass man es mit einem zweiaxigen Körper zu thun hat. Noch leichter lässt sich die ein- oder zweiaxige Beschaffenheit erkennen, wenn, wie dies bei or- ganischen Geweben häufig der Fall ist, beliebige Durchschnitte durch den Körper gelegt werden können. Hat man einen Durchschnitt auf- gefunden, der zwei Axen des Elasticitätsellipsoids enthält, so braucht man nur noch einen dazu senkrechten Durchschnitt herzustellen. Dann muss, falls der Körper ein einaxiger ist, einer dieser Durchschnitte bei gekreuzten Nicols Verdunkelung des Gesichtsfeldes geben, denn einer der Durchschnitte muss auf der Hauptaxe senkrecht sein. In dem Angegebenen ist schon manches enthalten was auch über die relative Grösse der verschiedenen Elasticitätsaxen Aufschluss zu geben vermag. So hat man im zuletzt angeführten Beispiel unmittel- bar bestimmt, welcher Schnitt ein Hauptschnitt und welcher ein Quer- schnitt ist; damit ist also die Lage der Hauptaxe ermittelt, und mehr 238 Bestimmung der Grösse der Ela- sticitätsaxen.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/379>, abgerufen am 05.05.2024.