Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Lichte.
hindurchtreten, so sind im Spektrum nur die rothen Strahlen zu finden. Wird aber
die Lösung verdünnt, so erscheinen zuerst gelbe, dann grüne Strahlen, und zuletzt
dehnt sich das Spektrum bis zum Violett aus. Entwirft man nun von einer Schichte
dieser Lösung, welche hinreichend verdünnt ist, damit alle Farben von Roth bis Vio-
lett erscheinen, ein Spektrum, so findet man, dass noch zwei dunkle Streifen zwischen
den Fraunhofer'schen Linien D und E geblieben sind (Fig. 124 a und b). Wird
[Abbildung] Fig. 124.
die Lösung mit reducirenden Agentien behandelt, so ver-
schwinden die dunkeln Streifen a und b, und an der bis-
her hellen Stelle in ihrer Mitte tritt ein breiterer dunk-
ler Streifen auf (g). Die Einwirkung von Säuren und
Alkalien, welche das Hämoglobulin in das sogenannte
Hämatin überführen, verändern auch dessen Absorptions-
eigenschaften. Das so entstandene Hämatin zeigt, wenn
es in saurer Lösung ist, einen dunkeln Streifen an der
Grenze von Roth und Orange, in alkalischer Lösung
deckt ein dunkler Streif fast die ganze Breite des Orange.
Von dieser Verdunklung am rothen Ende des Spektrums
rührt es her, dass die Hämatinlösungen in durch-
fallendem Lichte grünlich aussehen. Wird das Hämatin mit reducirenden Stoffen be-
handelt, so verschwinden die dunkeln Streifen im Roth oder Orange, und es tritt da-
für eine fast die ganze Breite des Gelb einnehmende Verdunkelung und ein schmäle-
rer bandartiger Streifen im Grün auf. Man hat neuerdings diese Eigenschaften des
Hämatoglobulinspektrums zur Diagnose geringer Mengen von Blut, z. B. von Blut-
flecken, angewandt. Man löst zu diesem Zweck die für Blut gehaltene getrocknete
Substanz in Wasser und beobachtet dann nach der in §. 171 zu beschreibenden Me-
thode ihr Absorptionsspektrum, sowie die Veränderungen desselben durch die angege-
benen chemischen Reagentien. Weitere Angaben über die Absorptionsspektren ver-
schiedener fester und flüssiger Körper finden sich bei Valentin, der Gebrauch des
Spektroskops. Leipzig und Heidelberg 1863.


170
Gasspektra.
Verhältniss von
Absorption und
Emission des
Lichtes. Erklä-
rung der Fraun-
hofer'schen Li-
nien.

Befindet sich ein Gas in glühendem Zustande, so sendet es
selber Licht aus. Man kann also hier nicht bloss die Veränderung,
die das Spektrum erfährt, wenn das Sonnenlicht durch das Gas hin-
durchtritt, untersuchen, sondern man kann von dem leuchtenden Gase
selbst ein Spektrum entwerfen. Wir wollen das letztere das directe
Spektrum nennen im Gegensatz zum ersteren, welches wir als Ab-
sorptionsspektrum
bezeichnen. Glühende Gase von verschiedener
chemischer Zusammensetzung lassen sich am bequemsten erhalten, wenn
man in eine möglichst farblose Flamme ein Metallsalz bringt. Es ist
bekannt, dass die meisten Metallsalze dem Licht der Flamme eine sehr
entschiedene Färbung ertheilen; so färben z. B. Natronsalze die Flamme
gelb, Strontiumsalze grün, Lithiumsalze roth. Diese Färbungen rühren
davon her, dass die Körper glühend werden und sich verflüchtigen.
Man hat dabei die Beobachtung gemacht, dass die Färbung nur durch
das Metall bestimmt wird, dass es aber für die Beschaffenheit der
Flamme gleichgültig ist, ob man das Metall als Chlorsalz, kohlen-
saures Salz u. s. w. anwendet. Untersucht man nun das Spektrum

Von dem Lichte.
hindurchtreten, so sind im Spektrum nur die rothen Strahlen zu finden. Wird aber
die Lösung verdünnt, so erscheinen zuerst gelbe, dann grüne Strahlen, und zuletzt
dehnt sich das Spektrum bis zum Violett aus. Entwirft man nun von einer Schichte
dieser Lösung, welche hinreichend verdünnt ist, damit alle Farben von Roth bis Vio-
lett erscheinen, ein Spektrum, so findet man, dass noch zwei dunkle Streifen zwischen
den Fraunhofer’schen Linien D und E geblieben sind (Fig. 124 α und β). Wird
[Abbildung] Fig. 124.
die Lösung mit reducirenden Agentien behandelt, so ver-
schwinden die dunkeln Streifen α und β, und an der bis-
her hellen Stelle in ihrer Mitte tritt ein breiterer dunk-
ler Streifen auf (γ). Die Einwirkung von Säuren und
Alkalien, welche das Hämoglobulin in das sogenannte
Hämatin überführen, verändern auch dessen Absorptions-
eigenschaften. Das so entstandene Hämatin zeigt, wenn
es in saurer Lösung ist, einen dunkeln Streifen an der
Grenze von Roth und Orange, in alkalischer Lösung
deckt ein dunkler Streif fast die ganze Breite des Orange.
Von dieser Verdunklung am rothen Ende des Spektrums
rührt es her, dass die Hämatinlösungen in durch-
fallendem Lichte grünlich aussehen. Wird das Hämatin mit reducirenden Stoffen be-
handelt, so verschwinden die dunkeln Streifen im Roth oder Orange, und es tritt da-
für eine fast die ganze Breite des Gelb einnehmende Verdunkelung und ein schmäle-
rer bandartiger Streifen im Grün auf. Man hat neuerdings diese Eigenschaften des
Hämatoglobulinspektrums zur Diagnose geringer Mengen von Blut, z. B. von Blut-
flecken, angewandt. Man löst zu diesem Zweck die für Blut gehaltene getrocknete
Substanz in Wasser und beobachtet dann nach der in §. 171 zu beschreibenden Me-
thode ihr Absorptionsspektrum, sowie die Veränderungen desselben durch die angege-
benen chemischen Reagentien. Weitere Angaben über die Absorptionsspektren ver-
schiedener fester und flüssiger Körper finden sich bei Valentin, der Gebrauch des
Spektroskops. Leipzig und Heidelberg 1863.


170
Gasspektra.
Verhältniss von
Absorption und
Emission des
Lichtes. Erklä-
rung der Fraun-
hofer’schen Li-
nien.

Befindet sich ein Gas in glühendem Zustande, so sendet es
selber Licht aus. Man kann also hier nicht bloss die Veränderung,
die das Spektrum erfährt, wenn das Sonnenlicht durch das Gas hin-
durchtritt, untersuchen, sondern man kann von dem leuchtenden Gase
selbst ein Spektrum entwerfen. Wir wollen das letztere das directe
Spektrum nennen im Gegensatz zum ersteren, welches wir als Ab-
sorptionsspektrum
bezeichnen. Glühende Gase von verschiedener
chemischer Zusammensetzung lassen sich am bequemsten erhalten, wenn
man in eine möglichst farblose Flamme ein Metallsalz bringt. Es ist
bekannt, dass die meisten Metallsalze dem Licht der Flamme eine sehr
entschiedene Färbung ertheilen; so färben z. B. Natronsalze die Flamme
gelb, Strontiumsalze grün, Lithiumsalze roth. Diese Färbungen rühren
davon her, dass die Körper glühend werden und sich verflüchtigen.
Man hat dabei die Beobachtung gemacht, dass die Färbung nur durch
das Metall bestimmt wird, dass es aber für die Beschaffenheit der
Flamme gleichgültig ist, ob man das Metall als Chlorsalz, kohlen-
saures Salz u. s. w. anwendet. Untersucht man nun das Spektrum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0276" n="254"/><fw place="top" type="header">Von dem Lichte.</fw><lb/>
hindurchtreten, so sind im Spektrum nur die rothen Strahlen zu finden. Wird aber<lb/>
die Lösung verdünnt, so erscheinen zuerst gelbe, dann grüne Strahlen, und zuletzt<lb/>
dehnt sich das Spektrum bis zum Violett aus. Entwirft man nun von einer Schichte<lb/>
dieser Lösung, welche hinreichend verdünnt ist, damit alle Farben von Roth bis Vio-<lb/>
lett erscheinen, ein Spektrum, so findet man, dass noch zwei dunkle Streifen zwischen<lb/>
den Fraunhofer&#x2019;schen Linien D und E geblieben sind (Fig. 124 <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> und <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>). Wird<lb/><figure><head>Fig. 124.</head></figure><lb/>
die Lösung mit reducirenden Agentien behandelt, so ver-<lb/>
schwinden die dunkeln Streifen <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> und <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>, und an der bis-<lb/>
her hellen Stelle in ihrer Mitte tritt ein breiterer dunk-<lb/>
ler Streifen auf (<hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>). Die Einwirkung von Säuren und<lb/>
Alkalien, welche das Hämoglobulin in das sogenannte<lb/>
Hämatin überführen, verändern auch dessen Absorptions-<lb/>
eigenschaften. Das so entstandene Hämatin zeigt, wenn<lb/>
es in saurer Lösung ist, einen dunkeln Streifen an der<lb/>
Grenze von Roth und Orange, in alkalischer Lösung<lb/>
deckt ein dunkler Streif fast die ganze Breite des Orange.<lb/>
Von dieser Verdunklung am rothen Ende des Spektrums<lb/>
rührt es her, dass die Hämatinlösungen in durch-<lb/>
fallendem Lichte grünlich aussehen. Wird das Hämatin mit reducirenden Stoffen be-<lb/>
handelt, so verschwinden die dunkeln Streifen im Roth oder Orange, und es tritt da-<lb/>
für eine fast die ganze Breite des Gelb einnehmende Verdunkelung und ein schmäle-<lb/>
rer bandartiger Streifen im Grün auf. Man hat neuerdings diese Eigenschaften des<lb/>
Hämatoglobulinspektrums zur Diagnose geringer Mengen von Blut, z. B. von Blut-<lb/>
flecken, angewandt. Man löst zu diesem Zweck die für Blut gehaltene getrocknete<lb/>
Substanz in Wasser und beobachtet dann nach der in §. 171 zu beschreibenden Me-<lb/>
thode ihr Absorptionsspektrum, sowie die Veränderungen desselben durch die angege-<lb/>
benen chemischen Reagentien. Weitere Angaben über die Absorptionsspektren ver-<lb/>
schiedener fester und flüssiger Körper finden sich bei <hi rendition="#g">Valentin</hi>, der Gebrauch des<lb/>
Spektroskops. Leipzig und Heidelberg 1863.</p><lb/>
            <note place="left">170<lb/>
Gasspektra.<lb/>
Verhältniss von<lb/>
Absorption und<lb/>
Emission des<lb/>
Lichtes. Erklä-<lb/>
rung der Fraun-<lb/>
hofer&#x2019;schen Li-<lb/>
nien.</note>
            <p>Befindet sich ein Gas in <hi rendition="#g">glühendem</hi> Zustande, so sendet es<lb/>
selber Licht aus. Man kann also hier nicht bloss die Veränderung,<lb/>
die das Spektrum erfährt, wenn das Sonnenlicht durch das Gas hin-<lb/>
durchtritt, untersuchen, sondern man kann von dem leuchtenden Gase<lb/>
selbst ein Spektrum entwerfen. Wir wollen das letztere das <hi rendition="#g">directe</hi><lb/>
Spektrum nennen im Gegensatz zum ersteren, welches wir als <hi rendition="#g">Ab-<lb/>
sorptionsspektrum</hi> bezeichnen. Glühende Gase von verschiedener<lb/>
chemischer Zusammensetzung lassen sich am bequemsten erhalten, wenn<lb/>
man in eine möglichst farblose Flamme ein Metallsalz bringt. Es ist<lb/>
bekannt, dass die meisten Metallsalze dem Licht der Flamme eine sehr<lb/>
entschiedene Färbung ertheilen; so färben z. B. Natronsalze die Flamme<lb/>
gelb, Strontiumsalze grün, Lithiumsalze roth. Diese Färbungen rühren<lb/>
davon her, dass die Körper glühend werden und sich verflüchtigen.<lb/>
Man hat dabei die Beobachtung gemacht, dass die Färbung nur durch<lb/>
das Metall bestimmt wird, dass es aber für die Beschaffenheit der<lb/>
Flamme gleichgültig ist, ob man das Metall als Chlorsalz, kohlen-<lb/>
saures Salz u. s. w. anwendet. Untersucht man nun das Spektrum<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0276] Von dem Lichte. hindurchtreten, so sind im Spektrum nur die rothen Strahlen zu finden. Wird aber die Lösung verdünnt, so erscheinen zuerst gelbe, dann grüne Strahlen, und zuletzt dehnt sich das Spektrum bis zum Violett aus. Entwirft man nun von einer Schichte dieser Lösung, welche hinreichend verdünnt ist, damit alle Farben von Roth bis Vio- lett erscheinen, ein Spektrum, so findet man, dass noch zwei dunkle Streifen zwischen den Fraunhofer’schen Linien D und E geblieben sind (Fig. 124 α und β). Wird [Abbildung Fig. 124.] die Lösung mit reducirenden Agentien behandelt, so ver- schwinden die dunkeln Streifen α und β, und an der bis- her hellen Stelle in ihrer Mitte tritt ein breiterer dunk- ler Streifen auf (γ). Die Einwirkung von Säuren und Alkalien, welche das Hämoglobulin in das sogenannte Hämatin überführen, verändern auch dessen Absorptions- eigenschaften. Das so entstandene Hämatin zeigt, wenn es in saurer Lösung ist, einen dunkeln Streifen an der Grenze von Roth und Orange, in alkalischer Lösung deckt ein dunkler Streif fast die ganze Breite des Orange. Von dieser Verdunklung am rothen Ende des Spektrums rührt es her, dass die Hämatinlösungen in durch- fallendem Lichte grünlich aussehen. Wird das Hämatin mit reducirenden Stoffen be- handelt, so verschwinden die dunkeln Streifen im Roth oder Orange, und es tritt da- für eine fast die ganze Breite des Gelb einnehmende Verdunkelung und ein schmäle- rer bandartiger Streifen im Grün auf. Man hat neuerdings diese Eigenschaften des Hämatoglobulinspektrums zur Diagnose geringer Mengen von Blut, z. B. von Blut- flecken, angewandt. Man löst zu diesem Zweck die für Blut gehaltene getrocknete Substanz in Wasser und beobachtet dann nach der in §. 171 zu beschreibenden Me- thode ihr Absorptionsspektrum, sowie die Veränderungen desselben durch die angege- benen chemischen Reagentien. Weitere Angaben über die Absorptionsspektren ver- schiedener fester und flüssiger Körper finden sich bei Valentin, der Gebrauch des Spektroskops. Leipzig und Heidelberg 1863. Befindet sich ein Gas in glühendem Zustande, so sendet es selber Licht aus. Man kann also hier nicht bloss die Veränderung, die das Spektrum erfährt, wenn das Sonnenlicht durch das Gas hin- durchtritt, untersuchen, sondern man kann von dem leuchtenden Gase selbst ein Spektrum entwerfen. Wir wollen das letztere das directe Spektrum nennen im Gegensatz zum ersteren, welches wir als Ab- sorptionsspektrum bezeichnen. Glühende Gase von verschiedener chemischer Zusammensetzung lassen sich am bequemsten erhalten, wenn man in eine möglichst farblose Flamme ein Metallsalz bringt. Es ist bekannt, dass die meisten Metallsalze dem Licht der Flamme eine sehr entschiedene Färbung ertheilen; so färben z. B. Natronsalze die Flamme gelb, Strontiumsalze grün, Lithiumsalze roth. Diese Färbungen rühren davon her, dass die Körper glühend werden und sich verflüchtigen. Man hat dabei die Beobachtung gemacht, dass die Färbung nur durch das Metall bestimmt wird, dass es aber für die Beschaffenheit der Flamme gleichgültig ist, ob man das Metall als Chlorsalz, kohlen- saures Salz u. s. w. anwendet. Untersucht man nun das Spektrum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/276
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/276>, abgerufen am 02.05.2024.