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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Absorption des Lichtes.
durchlässt, also roth erscheint, absorbire die brechbareren; aber weil
unsere Farbenempfindung über kleine Beimengungen und Nuancen
der Farbe schwer entscheidet, können wir in dieser Weise nur sehr
roh über den Absorptionsvorgang urtheilen. Wollen wir genauer be-
stimmen, welche Strahlen absorbirt sind, so müssen wir das Licht
nach geschehener Absorption analysireu. Das Hülfsmittel dieser
Analyse steht uns aber in dem Prisma zu Gebote. Entwerfen wir von
dem durch einen Körper gegangenen Lichte ein Spektrum, so sind
offenbar alle diejenigen Strahlen, die im Spektrum fehlen, von dem
Körper absorbirt worden. Man verfährt hier, um alles sonstige Licht
ausser demjenigen, welches durch den Körper hindurchgegangen ist,
von dem Prisma auszuschliessen, folgendermassen. In ein vollkommen
verdunkeltes Zimmer lässt man (wie in Fig. 112, §. 156) durch einen
in einem Laden befindlichen Spalt ein Lichtbüschel eintreten, lässt
dasselbe auf den zu untersuchenden Körper, der jedenfalls in einer
so dünnen Schichte angewendet werden muss, dass er noch durch-
sichtig ist, auffallen und bringt dann in das hindurchgegangene Licht
das Prisma. Entwirft man in dieser Weise z. B. das Spektrum von
solchem Lichte, welches durch ein mit Kobalt blau gefärbtes Glas ge-
gangen ist, so findet man, dass dasselbe nur aus einem durch einen
dunkeln Raum getrennten rothen und blauen Streifen besteht, dass
ihm also alle Strahlen von mittlerer Brechbarkeit fehlen. Aehnlich
wie gefärbte Gläser verhalten sich farbige Flüssigkeiten, z. B. Lösungen
von Blattgrün, Hämatoglobulin und andern Farbstoffen. Hierbei tre-
ten zugleich an scharf bestimmten Stellen des Spektrums Schatten
auf, welche aus einer dicht gedrängten Menge dunkler Linien beste-
hen, die mit den dunkeln Linien des Sonnenspektrums nicht zusam-
menfallen, und die man als Absorptionslinien bezeichnet. Aehn-
liche Erscheinungen werden beobachtet, wenn man solches Licht
untersucht, das durch gefärbte Gase getreten ist. Da aber in dicke-
ren Schichten alle Gase gefärbt sind, so ist es wahrscheinlich, dass
die Absorptionsspektra aller Gase in hinreichend tiefen Schichten
solche Linien zeigen. Bei der atmosphärischen Luft ist dies wirklich
der Fall; eine grössere Zahl der im gewöhnlichen Sonnenspektrum
vorkommenden Streifen rührt von der Absorption in der Atmosphäre
her. Dies wird dadurch bewiesen, dass je nach der Beschaffenheit
der Atmosphäre, also der Sättigung mit Wasserdämpfen, dem Stand
der Sonne u. s. w. theils die Zahl theils die Schärfe jener Linien
veränderlich ist. Anderseits beweist aber auch die völlige Unverän-
derlichkeit der in Fig. 119 dargestellten wichtigeren Linien des Spek-
trums, dass diese nicht von der Absorption in der Atmosphäre be-
dingt sind.

Von besonderem Interesse ist die Spektraluntersuchung des Blutes und der
Lösungen von Hämatoglobulin. Lässt man durch eine concentrirte Blutlösung Licht

Absorption des Lichtes.
durchlässt, also roth erscheint, absorbire die brechbareren; aber weil
unsere Farbenempfindung über kleine Beimengungen und Nuancen
der Farbe schwer entscheidet, können wir in dieser Weise nur sehr
roh über den Absorptionsvorgang urtheilen. Wollen wir genauer be-
stimmen, welche Strahlen absorbirt sind, so müssen wir das Licht
nach geschehener Absorption analysireu. Das Hülfsmittel dieser
Analyse steht uns aber in dem Prisma zu Gebote. Entwerfen wir von
dem durch einen Körper gegangenen Lichte ein Spektrum, so sind
offenbar alle diejenigen Strahlen, die im Spektrum fehlen, von dem
Körper absorbirt worden. Man verfährt hier, um alles sonstige Licht
ausser demjenigen, welches durch den Körper hindurchgegangen ist,
von dem Prisma auszuschliessen, folgendermassen. In ein vollkommen
verdunkeltes Zimmer lässt man (wie in Fig. 112, §. 156) durch einen
in einem Laden befindlichen Spalt ein Lichtbüschel eintreten, lässt
dasselbe auf den zu untersuchenden Körper, der jedenfalls in einer
so dünnen Schichte angewendet werden muss, dass er noch durch-
sichtig ist, auffallen und bringt dann in das hindurchgegangene Licht
das Prisma. Entwirft man in dieser Weise z. B. das Spektrum von
solchem Lichte, welches durch ein mit Kobalt blau gefärbtes Glas ge-
gangen ist, so findet man, dass dasselbe nur aus einem durch einen
dunkeln Raum getrennten rothen und blauen Streifen besteht, dass
ihm also alle Strahlen von mittlerer Brechbarkeit fehlen. Aehnlich
wie gefärbte Gläser verhalten sich farbige Flüssigkeiten, z. B. Lösungen
von Blattgrün, Hämatoglobulin und andern Farbstoffen. Hierbei tre-
ten zugleich an scharf bestimmten Stellen des Spektrums Schatten
auf, welche aus einer dicht gedrängten Menge dunkler Linien beste-
hen, die mit den dunkeln Linien des Sonnenspektrums nicht zusam-
menfallen, und die man als Absorptionslinien bezeichnet. Aehn-
liche Erscheinungen werden beobachtet, wenn man solches Licht
untersucht, das durch gefärbte Gase getreten ist. Da aber in dicke-
ren Schichten alle Gase gefärbt sind, so ist es wahrscheinlich, dass
die Absorptionsspektra aller Gase in hinreichend tiefen Schichten
solche Linien zeigen. Bei der atmosphärischen Luft ist dies wirklich
der Fall; eine grössere Zahl der im gewöhnlichen Sonnenspektrum
vorkommenden Streifen rührt von der Absorption in der Atmosphäre
her. Dies wird dadurch bewiesen, dass je nach der Beschaffenheit
der Atmosphäre, also der Sättigung mit Wasserdämpfen, dem Stand
der Sonne u. s. w. theils die Zahl theils die Schärfe jener Linien
veränderlich ist. Anderseits beweist aber auch die völlige Unverän-
derlichkeit der in Fig. 119 dargestellten wichtigeren Linien des Spek-
trums, dass diese nicht von der Absorption in der Atmosphäre be-
dingt sind.

Von besonderem Interesse ist die Spektraluntersuchung des Blutes und der
Lösungen von Hämatoglobulin. Lässt man durch eine concentrirte Blutlösung Licht

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[253/0275] Absorption des Lichtes. durchlässt, also roth erscheint, absorbire die brechbareren; aber weil unsere Farbenempfindung über kleine Beimengungen und Nuancen der Farbe schwer entscheidet, können wir in dieser Weise nur sehr roh über den Absorptionsvorgang urtheilen. Wollen wir genauer be- stimmen, welche Strahlen absorbirt sind, so müssen wir das Licht nach geschehener Absorption analysireu. Das Hülfsmittel dieser Analyse steht uns aber in dem Prisma zu Gebote. Entwerfen wir von dem durch einen Körper gegangenen Lichte ein Spektrum, so sind offenbar alle diejenigen Strahlen, die im Spektrum fehlen, von dem Körper absorbirt worden. Man verfährt hier, um alles sonstige Licht ausser demjenigen, welches durch den Körper hindurchgegangen ist, von dem Prisma auszuschliessen, folgendermassen. In ein vollkommen verdunkeltes Zimmer lässt man (wie in Fig. 112, §. 156) durch einen in einem Laden befindlichen Spalt ein Lichtbüschel eintreten, lässt dasselbe auf den zu untersuchenden Körper, der jedenfalls in einer so dünnen Schichte angewendet werden muss, dass er noch durch- sichtig ist, auffallen und bringt dann in das hindurchgegangene Licht das Prisma. Entwirft man in dieser Weise z. B. das Spektrum von solchem Lichte, welches durch ein mit Kobalt blau gefärbtes Glas ge- gangen ist, so findet man, dass dasselbe nur aus einem durch einen dunkeln Raum getrennten rothen und blauen Streifen besteht, dass ihm also alle Strahlen von mittlerer Brechbarkeit fehlen. Aehnlich wie gefärbte Gläser verhalten sich farbige Flüssigkeiten, z. B. Lösungen von Blattgrün, Hämatoglobulin und andern Farbstoffen. Hierbei tre- ten zugleich an scharf bestimmten Stellen des Spektrums Schatten auf, welche aus einer dicht gedrängten Menge dunkler Linien beste- hen, die mit den dunkeln Linien des Sonnenspektrums nicht zusam- menfallen, und die man als Absorptionslinien bezeichnet. Aehn- liche Erscheinungen werden beobachtet, wenn man solches Licht untersucht, das durch gefärbte Gase getreten ist. Da aber in dicke- ren Schichten alle Gase gefärbt sind, so ist es wahrscheinlich, dass die Absorptionsspektra aller Gase in hinreichend tiefen Schichten solche Linien zeigen. Bei der atmosphärischen Luft ist dies wirklich der Fall; eine grössere Zahl der im gewöhnlichen Sonnenspektrum vorkommenden Streifen rührt von der Absorption in der Atmosphäre her. Dies wird dadurch bewiesen, dass je nach der Beschaffenheit der Atmosphäre, also der Sättigung mit Wasserdämpfen, dem Stand der Sonne u. s. w. theils die Zahl theils die Schärfe jener Linien veränderlich ist. Anderseits beweist aber auch die völlige Unverän- derlichkeit der in Fig. 119 dargestellten wichtigeren Linien des Spek- trums, dass diese nicht von der Absorption in der Atmosphäre be- dingt sind. Von besonderem Interesse ist die Spektraluntersuchung des Blutes und der Lösungen von Hämatoglobulin. Lässt man durch eine concentrirte Blutlösung Licht

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/275>, abgerufen am 23.12.2024.