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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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IV. Die psychischen Entwicklungen.
bewusstsein eine Mehrheit von Bedingungen zu Grunde liegt
(S. 260), so ist auch das Selbstbewusstsein des Kindes von
Anfang an ein Product mehrerer Componenten, die zur
einen Hälfte den Vorstellungen, zur andern dem Fühlen und
Wollen angehören. In der ersteren Beziehung ist es na-
mentlich die Aussonderung einer constanten Vorstellungs-
gruppe, in der letzteren die Ausbildung zusammenhängender
Aufmerksamkeitsvorgänge und Willenshandlungen, die als
solche Componenten anzusehen sind. Dabei kann aber die
constante Vorstellungsgruppe ebenso gut gelegentlich einen
Theil des eigenen Leibes, wie z. B. die Beine, falls die-
selben gewöhnlich zugedeckt sind, nicht umfassen, wie sie
noch häufiger äußere Gegenstände, z. B. die gewöhnlich
getragenen Kleider, mitenthalten kann. Von entscheidendem
Einfluss sind darum die subjectiven Componenten der Ge-
fühle und des Wollens und die Beziehungen, in die jene
Vorstellungsbestandtheile zu diesen bei den äußeren Wil-
lenshandlungen treten. Dieser größere Einfluss der subjec-
tiven Componenten gibt sich namentlich auch darin zu
erkennen, dass starke Gefühle, besonders Schmerzgefühle,
sehr oft in der individuellen Erinnerung den ersten Lebens-
moment bezeichnen, bis zu welchem ein zusammenhängen-
des Selbstbewusstsein zurückreicht. Aber da zweifellos
schon vor diesem ersten Moment deutlich bewusster Er-
innerung, der in der Regel dem 5. oder 6. Lebensjahre an-
gehört, ein wenn auch minder zusammenhängendes Selbst-
bewusstsein existirt, und da die objective Beobachtung des
Kindes anfänglich keine unzweifelhaften Kriterien an die
Hand gibt, so lässt sich ein bestimmter Zeitpunkt für den
Anfang des Selbstbewusstseins nicht festsetzen. Wahrschein-
lich beginnen die Spuren desselben schon in den ersten
Lebenswochen, worauf es dann unter dem fortwirkenden
Einfluss der erwähnten Bedingungen stetig an Klarheit und,

IV. Die psychischen Entwicklungen.
bewusstsein eine Mehrheit von Bedingungen zu Grunde liegt
(S. 260), so ist auch das Selbstbewusstsein des Kindes von
Anfang an ein Product mehrerer Componenten, die zur
einen Hälfte den Vorstellungen, zur andern dem Fühlen und
Wollen angehören. In der ersteren Beziehung ist es na-
mentlich die Aussonderung einer constanten Vorstellungs-
gruppe, in der letzteren die Ausbildung zusammenhängender
Aufmerksamkeitsvorgänge und Willenshandlungen, die als
solche Componenten anzusehen sind. Dabei kann aber die
constante Vorstellungsgruppe ebenso gut gelegentlich einen
Theil des eigenen Leibes, wie z. B. die Beine, falls die-
selben gewöhnlich zugedeckt sind, nicht umfassen, wie sie
noch häufiger äußere Gegenstände, z. B. die gewöhnlich
getragenen Kleider, mitenthalten kann. Von entscheidendem
Einfluss sind darum die subjectiven Componenten der Ge-
fühle und des Wollens und die Beziehungen, in die jene
Vorstellungsbestandtheile zu diesen bei den äußeren Wil-
lenshandlungen treten. Dieser größere Einfluss der subjec-
tiven Componenten gibt sich namentlich auch darin zu
erkennen, dass starke Gefühle, besonders Schmerzgefühle,
sehr oft in der individuellen Erinnerung den ersten Lebens-
moment bezeichnen, bis zu welchem ein zusammenhängen-
des Selbstbewusstsein zurückreicht. Aber da zweifellos
schon vor diesem ersten Moment deutlich bewusster Er-
innerung, der in der Regel dem 5. oder 6. Lebensjahre an-
gehört, ein wenn auch minder zusammenhängendes Selbst-
bewusstsein existirt, und da die objective Beobachtung des
Kindes anfänglich keine unzweifelhaften Kriterien an die
Hand gibt, so lässt sich ein bestimmter Zeitpunkt für den
Anfang des Selbstbewusstseins nicht festsetzen. Wahrschein-
lich beginnen die Spuren desselben schon in den ersten
Lebenswochen, worauf es dann unter dem fortwirkenden
Einfluss der erwähnten Bedingungen stetig an Klarheit und,

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[338/0354] IV. Die psychischen Entwicklungen. bewusstsein eine Mehrheit von Bedingungen zu Grunde liegt (S. 260), so ist auch das Selbstbewusstsein des Kindes von Anfang an ein Product mehrerer Componenten, die zur einen Hälfte den Vorstellungen, zur andern dem Fühlen und Wollen angehören. In der ersteren Beziehung ist es na- mentlich die Aussonderung einer constanten Vorstellungs- gruppe, in der letzteren die Ausbildung zusammenhängender Aufmerksamkeitsvorgänge und Willenshandlungen, die als solche Componenten anzusehen sind. Dabei kann aber die constante Vorstellungsgruppe ebenso gut gelegentlich einen Theil des eigenen Leibes, wie z. B. die Beine, falls die- selben gewöhnlich zugedeckt sind, nicht umfassen, wie sie noch häufiger äußere Gegenstände, z. B. die gewöhnlich getragenen Kleider, mitenthalten kann. Von entscheidendem Einfluss sind darum die subjectiven Componenten der Ge- fühle und des Wollens und die Beziehungen, in die jene Vorstellungsbestandtheile zu diesen bei den äußeren Wil- lenshandlungen treten. Dieser größere Einfluss der subjec- tiven Componenten gibt sich namentlich auch darin zu erkennen, dass starke Gefühle, besonders Schmerzgefühle, sehr oft in der individuellen Erinnerung den ersten Lebens- moment bezeichnen, bis zu welchem ein zusammenhängen- des Selbstbewusstsein zurückreicht. Aber da zweifellos schon vor diesem ersten Moment deutlich bewusster Er- innerung, der in der Regel dem 5. oder 6. Lebensjahre an- gehört, ein wenn auch minder zusammenhängendes Selbst- bewusstsein existirt, und da die objective Beobachtung des Kindes anfänglich keine unzweifelhaften Kriterien an die Hand gibt, so lässt sich ein bestimmter Zeitpunkt für den Anfang des Selbstbewusstseins nicht festsetzen. Wahrschein- lich beginnen die Spuren desselben schon in den ersten Lebenswochen, worauf es dann unter dem fortwirkenden Einfluss der erwähnten Bedingungen stetig an Klarheit und,

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/354>, abgerufen am 24.11.2024.