Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.§ 16. Die Associationen. Jener Begriff wird daher von selbst hinfällig, wenn man dieseder psychologischen Erfahrung völlig widersprechende und eine richtige Auffassung derselben unmöglich machende Vorraussetzung aufgibt. Wo gewisse Associationsproducte, z. B. zwei successiv auftretende Erinnerungsbilder, einander ähnlich sind, da wird dies stets auf Assimilationsprocesse zurückzuführen sein, die sich aus elementaren Gleichheits- und Berührungsverbindungen zusammen- setzen. Die Gleichheitsverbindung kann hierbei ebenso gut zwi- schen ursprünglich gleichen wie zwischen ursprünglich verschie- denen und erst durch die Assimilation gleichwerdenden Bestand- theilen zu Stande kommen. Eine Berührungswirkung lässt sich aber jenen Elementen zuschreiben, die sich zunächst der Assi- milation widersetzen und so theils den ganzen Vorgang in eine Succession zweier Vorgänge umwandeln, theils in das Erinnerungs- bild diejenigen Bestandtheile einfügen, die ihm den Charakter eines selbständigen, von dem inducirenden Eindruck verschiedenen Gebildes verleihen. 22. Mit der verwickelten Natur der Erinnerungsvor- Wundt, Psychologie. 19
§ 16. Die Associationen. Jener Begriff wird daher von selbst hinfällig, wenn man dieseder psychologischen Erfahrung völlig widersprechende und eine richtige Auffassung derselben unmöglich machende Vorraussetzung aufgibt. Wo gewisse Associationsproducte, z. B. zwei successiv auftretende Erinnerungsbilder, einander ähnlich sind, da wird dies stets auf Assimilationsprocesse zurückzuführen sein, die sich aus elementaren Gleichheits- und Berührungsverbindungen zusammen- setzen. Die Gleichheitsverbindung kann hierbei ebenso gut zwi- schen ursprünglich gleichen wie zwischen ursprünglich verschie- denen und erst durch die Assimilation gleichwerdenden Bestand- theilen zu Stande kommen. Eine Berührungswirkung lässt sich aber jenen Elementen zuschreiben, die sich zunächst der Assi- milation widersetzen und so theils den ganzen Vorgang in eine Succession zweier Vorgänge umwandeln, theils in das Erinnerungs- bild diejenigen Bestandtheile einfügen, die ihm den Charakter eines selbständigen, von dem inducirenden Eindruck verschiedenen Gebildes verleihen. 22. Mit der verwickelten Natur der Erinnerungsvor- Wundt, Psychologie. 19
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§ 16. Die Associationen.
Jener Begriff wird daher von selbst hinfällig, wenn man diese
der psychologischen Erfahrung völlig widersprechende und eine
richtige Auffassung derselben unmöglich machende Vorraussetzung
aufgibt. Wo gewisse Associationsproducte, z. B. zwei successiv
auftretende Erinnerungsbilder, einander ähnlich sind, da wird dies
stets auf Assimilationsprocesse zurückzuführen sein, die sich aus
elementaren Gleichheits- und Berührungsverbindungen zusammen-
setzen. Die Gleichheitsverbindung kann hierbei ebenso gut zwi-
schen ursprünglich gleichen wie zwischen ursprünglich verschie-
denen und erst durch die Assimilation gleichwerdenden Bestand-
theilen zu Stande kommen. Eine Berührungswirkung lässt sich
aber jenen Elementen zuschreiben, die sich zunächst der Assi-
milation widersetzen und so theils den ganzen Vorgang in eine
Succession zweier Vorgänge umwandeln, theils in das Erinnerungs-
bild diejenigen Bestandtheile einfügen, die ihm den Charakter
eines selbständigen, von dem inducirenden Eindruck verschiedenen
Gebildes verleihen.
22. Mit der verwickelten Natur der Erinnerungsvor-
gänge steht die Beschaffenheit der Erinnerungsvor-
stellungen im engsten Zusammenhang. Wenn diese nicht
selten als schwächere, sonst aber im allgemeinen treue Ab-
bilder der directen Sinnesvorstellungen bezeichnet werden,
so ist diese Schilderung so unzutreffend wie möglich. Er-
innerungsbilder und directe Sinnesvorstellungen weichen
nicht nur qualitativ und intensiv, sondern auch in ihrer
elementaren Zusammensetzung durchaus von einander ab.
Wenn wir einen Sinneseindruck noch so sehr an Stärke
abnehmen lassen, so bleibt er daher, so lange er nur über-
haupt wahrnehmbar ist, immer noch ein von einer Erinner-
ungsvorstellung wesentlich verschiedenes Gebilde. Was die
Erinnerungsvorstellung viel mehr kennzeichnet als die ge-
ringe Intensität ihrer Empfindungselemente, das ist die Un-
vollständigkeit der Vorstellung. Wenn ich mich z. B.
eines mir bekannten Menschen erinnere, so stehen nicht
etwa bloß die Züge seines Angesichts, seiner Gestalt dunkler
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