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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
gesetzte Associationsvorgang zerlegen lässt, so ergeben sich
als solche Gleichheits- und Berührungsverbin-
dungen
, wobei im allgemeinen die ersteren überwiegen,
wenn sich der Vorgang einem gewöhnlichen Assimilations-
und Wiedererkennungsprocess nähert, während die letzteren
um so stärker zur Geltung kommen, je mehr die Vorgänge
den Charakter "mittelbarer" Erinnerungen oder den Schein
eines "freien Aufsteigens" von Vorstellungen annehmen.

21a. Es ist augenfällig, dass das übliche Schema, nach
welchem alle Erinnerungsvorgänge entweder Aehnlichkeits- oder
Berührungsassociationen sein sollen, völlig unzutreffend wird,
wenn man es auf die psychologische Entstehungsweise dieser Vor-
gänge anwenden will, während es anderseits viel zu allgemein
und unbestimmt ist, wenn man die Vorgänge ohne Rücksicht auf
ihre Entstehung nach ihren Ergebnissen logisch ordnen will. Im
letzteren Fall würden die Beziehungen der Unter- und Ueber-
ordnung, der Coordination, der Causal- und Zweckbeziehung, die
zeitliche Succession und Coexistenz, die verschiedenen Arten räum-
licher Verhältnisse in den allgemeinen Begriffen der "Aehnlich-
keit" und der "Berührung" jedenfalls nur einen ungenügenden
Ausdruck finden. Was aber die Entstehungsweise der Erinnerungs-
vorgänge betrifft, so greifen bei jedem einzelnen derselben Pro-
cesse in einander ein, die sich in gewissem Sinne theils als
Aehnlichkeits-, theils als Berührungswirkungen bezeichnen lassen.
Von einer Aehnlichkeitswirkung könnte man nämlich bei jenen
Assimilationen reden, die theils den Vorgang einleiten, theils aber
bei der ihn abschließenden Rückbeziehung auf ein bestimmtes
früheres Erlebniss stattfinden. Gleichwohl ist hier der Ausdruck
"Aehnlichkeit" deshalb unpassend gewählt, weil vor allen Dingen
gleiche Elementarprocesse assimilirend auf einander einwirken,
und weil, wo eine wirkliche Gleichheit nicht existirt, diese doch
stets durch die wechselseitige Assimilation zu Stande kommt. In
der That ist der Begriff der "Aehnlichkeitsassociationen" durch-
aus an die Voraussetzung gebunden, dass die zusammengesetzten
Vorstellungen unveränderliche psychische Objecte und die Asso-
ciationen Verbindungen zwischen den fertigen Vorstellungen seien.

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
gesetzte Associationsvorgang zerlegen lässt, so ergeben sich
als solche Gleichheits- und Berührungsverbin-
dungen
, wobei im allgemeinen die ersteren überwiegen,
wenn sich der Vorgang einem gewöhnlichen Assimilations-
und Wiedererkennungsprocess nähert, während die letzteren
um so stärker zur Geltung kommen, je mehr die Vorgänge
den Charakter »mittelbarer« Erinnerungen oder den Schein
eines »freien Aufsteigens« von Vorstellungen annehmen.

21a. Es ist augenfällig, dass das übliche Schema, nach
welchem alle Erinnerungsvorgänge entweder Aehnlichkeits- oder
Berührungsassociationen sein sollen, völlig unzutreffend wird,
wenn man es auf die psychologische Entstehungsweise dieser Vor-
gänge anwenden will, während es anderseits viel zu allgemein
und unbestimmt ist, wenn man die Vorgänge ohne Rücksicht auf
ihre Entstehung nach ihren Ergebnissen logisch ordnen will. Im
letzteren Fall würden die Beziehungen der Unter- und Ueber-
ordnung, der Coordination, der Causal- und Zweckbeziehung, die
zeitliche Succession und Coexistenz, die verschiedenen Arten räum-
licher Verhältnisse in den allgemeinen Begriffen der »Aehnlich-
keit« und der »Berührung« jedenfalls nur einen ungenügenden
Ausdruck finden. Was aber die Entstehungsweise der Erinnerungs-
vorgänge betrifft, so greifen bei jedem einzelnen derselben Pro-
cesse in einander ein, die sich in gewissem Sinne theils als
Aehnlichkeits-, theils als Berührungswirkungen bezeichnen lassen.
Von einer Aehnlichkeitswirkung könnte man nämlich bei jenen
Assimilationen reden, die theils den Vorgang einleiten, theils aber
bei der ihn abschließenden Rückbeziehung auf ein bestimmtes
früheres Erlebniss stattfinden. Gleichwohl ist hier der Ausdruck
»Aehnlichkeit« deshalb unpassend gewählt, weil vor allen Dingen
gleiche Elementarprocesse assimilirend auf einander einwirken,
und weil, wo eine wirkliche Gleichheit nicht existirt, diese doch
stets durch die wechselseitige Assimilation zu Stande kommt. In
der That ist der Begriff der »Aehnlichkeitsassociationen« durch-
aus an die Voraussetzung gebunden, dass die zusammengesetzten
Vorstellungen unveränderliche psychische Objecte und die Asso-
ciationen Verbindungen zwischen den fertigen Vorstellungen seien.

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[288/0304] III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. gesetzte Associationsvorgang zerlegen lässt, so ergeben sich als solche Gleichheits- und Berührungsverbin- dungen, wobei im allgemeinen die ersteren überwiegen, wenn sich der Vorgang einem gewöhnlichen Assimilations- und Wiedererkennungsprocess nähert, während die letzteren um so stärker zur Geltung kommen, je mehr die Vorgänge den Charakter »mittelbarer« Erinnerungen oder den Schein eines »freien Aufsteigens« von Vorstellungen annehmen. 21a. Es ist augenfällig, dass das übliche Schema, nach welchem alle Erinnerungsvorgänge entweder Aehnlichkeits- oder Berührungsassociationen sein sollen, völlig unzutreffend wird, wenn man es auf die psychologische Entstehungsweise dieser Vor- gänge anwenden will, während es anderseits viel zu allgemein und unbestimmt ist, wenn man die Vorgänge ohne Rücksicht auf ihre Entstehung nach ihren Ergebnissen logisch ordnen will. Im letzteren Fall würden die Beziehungen der Unter- und Ueber- ordnung, der Coordination, der Causal- und Zweckbeziehung, die zeitliche Succession und Coexistenz, die verschiedenen Arten räum- licher Verhältnisse in den allgemeinen Begriffen der »Aehnlich- keit« und der »Berührung« jedenfalls nur einen ungenügenden Ausdruck finden. Was aber die Entstehungsweise der Erinnerungs- vorgänge betrifft, so greifen bei jedem einzelnen derselben Pro- cesse in einander ein, die sich in gewissem Sinne theils als Aehnlichkeits-, theils als Berührungswirkungen bezeichnen lassen. Von einer Aehnlichkeitswirkung könnte man nämlich bei jenen Assimilationen reden, die theils den Vorgang einleiten, theils aber bei der ihn abschließenden Rückbeziehung auf ein bestimmtes früheres Erlebniss stattfinden. Gleichwohl ist hier der Ausdruck »Aehnlichkeit« deshalb unpassend gewählt, weil vor allen Dingen gleiche Elementarprocesse assimilirend auf einander einwirken, und weil, wo eine wirkliche Gleichheit nicht existirt, diese doch stets durch die wechselseitige Assimilation zu Stande kommt. In der That ist der Begriff der »Aehnlichkeitsassociationen« durch- aus an die Voraussetzung gebunden, dass die zusammengesetzten Vorstellungen unveränderliche psychische Objecte und die Asso- ciationen Verbindungen zwischen den fertigen Vorstellungen seien.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/304>, abgerufen am 23.11.2024.