den eigenen subjectiven Zustand das dominirende Gefühl entdeckt. In diesem Falle hat dann zugleich diese Richtung der Auf- merksamkeit meist die Eigenschaft, ein beliebiges Partialgefühl zum bevorzugten machen zu können.
5. Das Gemeingefühl ist die Quelle der Unterscheidung jener Gefühlsgegensätze der Lust und Unlust, die dann von ihm aus nicht nur auf die einzelnen einfachen Gefühle, aus denen es sich zusammensetzt, sondern manchmal auf alle Gefühle übertragen wurde. Insofern das Gemeingefühl ein Totalgefühl ist, welchem das sinnliche Wohl- oder Uebel- befinden des Subjectes entspricht, sind die Ausdrücke Lust und Unlust in der That vollkommen geeignet, uns die Hauptgegensätze anzudeuten, zwischen denen dasselbe, frei- lich nicht selten mehr oder weniger lange in einer Indif- ferenzlage verweilend, hin- und herschwanken kann. Ebenso kann man dann diese Ausdrücke auf die einzelnen Com- ponenten nach Maßgabe ihrer Betheiligung an jenem Ge- sammteffect übertragen. Völlig unberechtigt ist es nun aber, diese Bezeichnungen auf die Gesammtheit der übrigen Gefühle anzuwenden oder gar ihre Anwendbarkeit zu einem Kriterium für den Begriff des Gefühls überhaupt zu machen. Lässt sich doch selbst für das Gemeingefühl die Gegenüber- stellung von Lust und Unlust nur in dem Sinne festhalten, dass diese Wörter allgemeine Classenbegriffe bezeichnen, die eine Fülle qualitativ mannigfaltiger Gefühle in sich schließen. Diese Mannigfaltigkeit resultirt schon aus der ungemein großen Variation der Zusammensetzung der ein- zelnen von uns mit dem Gesammtnamen des Gemeingefühls belegten Totalgefühle. (Vgl. hierzu oben S. 97 ff.)
6. Die erwähnte Zusammensetzung ist zugleich die Ur- sache, dass es Gemeingefühle gibt, die deshalb nicht schlecht- hin als Lust- oder Unlustgefühle bezeichnet werden können, weil sie sowohl aus einem Lust- wie aus einem Unlustgefühl
§ 12. Die zusammengesetzten Gefühle.
den eigenen subjectiven Zustand das dominirende Gefühl entdeckt. In diesem Falle hat dann zugleich diese Richtung der Auf- merksamkeit meist die Eigenschaft, ein beliebiges Partialgefühl zum bevorzugten machen zu können.
5. Das Gemeingefühl ist die Quelle der Unterscheidung jener Gefühlsgegensätze der Lust und Unlust, die dann von ihm aus nicht nur auf die einzelnen einfachen Gefühle, aus denen es sich zusammensetzt, sondern manchmal auf alle Gefühle übertragen wurde. Insofern das Gemeingefühl ein Totalgefühl ist, welchem das sinnliche Wohl- oder Uebel- befinden des Subjectes entspricht, sind die Ausdrücke Lust und Unlust in der That vollkommen geeignet, uns die Hauptgegensätze anzudeuten, zwischen denen dasselbe, frei- lich nicht selten mehr oder weniger lange in einer Indif- ferenzlage verweilend, hin- und herschwanken kann. Ebenso kann man dann diese Ausdrücke auf die einzelnen Com- ponenten nach Maßgabe ihrer Betheiligung an jenem Ge- sammteffect übertragen. Völlig unberechtigt ist es nun aber, diese Bezeichnungen auf die Gesammtheit der übrigen Gefühle anzuwenden oder gar ihre Anwendbarkeit zu einem Kriterium für den Begriff des Gefühls überhaupt zu machen. Lässt sich doch selbst für das Gemeingefühl die Gegenüber- stellung von Lust und Unlust nur in dem Sinne festhalten, dass diese Wörter allgemeine Classenbegriffe bezeichnen, die eine Fülle qualitativ mannigfaltiger Gefühle in sich schließen. Diese Mannigfaltigkeit resultirt schon aus der ungemein großen Variation der Zusammensetzung der ein- zelnen von uns mit dem Gesammtnamen des Gemeingefühls belegten Totalgefühle. (Vgl. hierzu oben S. 97 ff.)
6. Die erwähnte Zusammensetzung ist zugleich die Ur- sache, dass es Gemeingefühle gibt, die deshalb nicht schlecht- hin als Lust- oder Unlustgefühle bezeichnet werden können, weil sie sowohl aus einem Lust- wie aus einem Unlustgefühl
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§ 12. Die zusammengesetzten Gefühle.
den eigenen subjectiven Zustand das dominirende Gefühl entdeckt.
In diesem Falle hat dann zugleich diese Richtung der Auf-
merksamkeit meist die Eigenschaft, ein beliebiges Partialgefühl
zum bevorzugten machen zu können.
5. Das Gemeingefühl ist die Quelle der Unterscheidung
jener Gefühlsgegensätze der Lust und Unlust, die dann
von ihm aus nicht nur auf die einzelnen einfachen Gefühle,
aus denen es sich zusammensetzt, sondern manchmal auf
alle Gefühle übertragen wurde. Insofern das Gemeingefühl
ein Totalgefühl ist, welchem das sinnliche Wohl- oder Uebel-
befinden des Subjectes entspricht, sind die Ausdrücke Lust
und Unlust in der That vollkommen geeignet, uns die
Hauptgegensätze anzudeuten, zwischen denen dasselbe, frei-
lich nicht selten mehr oder weniger lange in einer Indif-
ferenzlage verweilend, hin- und herschwanken kann. Ebenso
kann man dann diese Ausdrücke auf die einzelnen Com-
ponenten nach Maßgabe ihrer Betheiligung an jenem Ge-
sammteffect übertragen. Völlig unberechtigt ist es nun
aber, diese Bezeichnungen auf die Gesammtheit der übrigen
Gefühle anzuwenden oder gar ihre Anwendbarkeit zu einem
Kriterium für den Begriff des Gefühls überhaupt zu machen.
Lässt sich doch selbst für das Gemeingefühl die Gegenüber-
stellung von Lust und Unlust nur in dem Sinne festhalten,
dass diese Wörter allgemeine Classenbegriffe bezeichnen,
die eine Fülle qualitativ mannigfaltiger Gefühle in sich
schließen. Diese Mannigfaltigkeit resultirt schon aus der
ungemein großen Variation der Zusammensetzung der ein-
zelnen von uns mit dem Gesammtnamen des Gemeingefühls
belegten Totalgefühle. (Vgl. hierzu oben S. 97 ff.)
6. Die erwähnte Zusammensetzung ist zugleich die Ur-
sache, dass es Gemeingefühle gibt, die deshalb nicht schlecht-
hin als Lust- oder Unlustgefühle bezeichnet werden können,
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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/207>, abgerufen am 22.11.2024.
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