seiner Empfindungsbestandtheile bald in vorangegangenen Gefühlen seinen Grund haben. Geht man z. B. von c es g zu c e g über, so wird die Partialwirkung c e, geht man dagegen von c e a zu c e g über, so wird die Partialwirkung c g verstärkt. Aehnlich kann auch eine Mehrheit von Farbeneindrücken je nach dem Uebergewicht dieser oder jener Partialverbindungen wechselnde Wirkungen hervorbringen; doch übt hier wegen der extensiven Ordnung der Eindrücke die räumliche Nachbarschaft einen der Variation der Verbindung entgegenwirkenden Einfluss aus, während als ein wesentlich complicirendes Moment noch der Einfluss der räumlichen Form mit allen ihn begleitenden Bedingungen hin- zukommt.
4. Ist auf diese Weise die Structur der zusammenge- setzten Gefühle im allgemeinen eine höchst verwickelte, so bietet nun aber doch auch sie eine Stufenfolge von Entwick- lungen dar, indem die von den Gebieten des Tast-, Geruchs- und Geschmackssinns ausgehenden complexen Gefühle eine wesentlich einfachere Beschaffenheit besitzen als die mit den Gehörs- und Gesichtsvorstellungen verbundenen.
Man pflegt speciell dasjenige Totalgefühl, das an die äußeren und inneren Tastempfindungen geknüpft ist, als das Gemeingefühl zu bezeichnen, indem man es als das Totalgefühl betrachtet, in welchem der gesammte Zustand unseres sinnlichen Wohl- oder Uebelbefindens zum Ausdruck kommt. Unter dem letzteren Gesichtspunkte müssen aber die beiden niederen chemischen Sinne, Geruchs- und Geschmackssinn, ebenfalls dem Empfindungssubstrat des Gemeingefühls zugerechnet werden. Denn die von ihnen ausgehenden Partialgefühle verbinden sich mit den vom Tastsinn ausgehenden zu unlösbaren Gefühlscomplexen. Dabei können dann freilich im Einzelfalle bald die an das eine bald die an das andere Sinnesgebiet gebundenen Ge- fühle eine so dominirende Rolle spielen, dass die andern ganz verschwinden. Aber bei allem diesem Wechsel der
§ 12. Die zusammengesetzten Gefühle.
seiner Empfindungsbestandtheile bald in vorangegangenen Gefühlen seinen Grund haben. Geht man z. B. von c es g zu c e g über, so wird die Partialwirkung c e, geht man dagegen von c e a zu c e g über, so wird die Partialwirkung c g verstärkt. Aehnlich kann auch eine Mehrheit von Farbeneindrücken je nach dem Uebergewicht dieser oder jener Partialverbindungen wechselnde Wirkungen hervorbringen; doch übt hier wegen der extensiven Ordnung der Eindrücke die räumliche Nachbarschaft einen der Variation der Verbindung entgegenwirkenden Einfluss aus, während als ein wesentlich complicirendes Moment noch der Einfluss der räumlichen Form mit allen ihn begleitenden Bedingungen hin- zukommt.
4. Ist auf diese Weise die Structur der zusammenge- setzten Gefühle im allgemeinen eine höchst verwickelte, so bietet nun aber doch auch sie eine Stufenfolge von Entwick- lungen dar, indem die von den Gebieten des Tast-, Geruchs- und Geschmackssinns ausgehenden complexen Gefühle eine wesentlich einfachere Beschaffenheit besitzen als die mit den Gehörs- und Gesichtsvorstellungen verbundenen.
Man pflegt speciell dasjenige Totalgefühl, das an die äußeren und inneren Tastempfindungen geknüpft ist, als das Gemeingefühl zu bezeichnen, indem man es als das Totalgefühl betrachtet, in welchem der gesammte Zustand unseres sinnlichen Wohl- oder Uebelbefindens zum Ausdruck kommt. Unter dem letzteren Gesichtspunkte müssen aber die beiden niederen chemischen Sinne, Geruchs- und Geschmackssinn, ebenfalls dem Empfindungssubstrat des Gemeingefühls zugerechnet werden. Denn die von ihnen ausgehenden Partialgefühle verbinden sich mit den vom Tastsinn ausgehenden zu unlösbaren Gefühlscomplexen. Dabei können dann freilich im Einzelfalle bald die an das eine bald die an das andere Sinnesgebiet gebundenen Ge- fühle eine so dominirende Rolle spielen, dass die andern ganz verschwinden. Aber bei allem diesem Wechsel der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0205"n="189"/><fwplace="top"type="header">§ 12. Die zusammengesetzten Gefühle.</fw><lb/>
seiner Empfindungsbestandtheile bald in vorangegangenen Gefühlen<lb/>
seinen Grund haben. Geht man z. B. von <hirendition="#i">c es g</hi> zu <hirendition="#i">c e g</hi> über,<lb/>
so wird die Partialwirkung <hirendition="#i">c e</hi>, geht man dagegen von <hirendition="#i">c e a</hi> zu<lb/><hirendition="#i">c e g</hi> über, so wird die Partialwirkung <hirendition="#i">c g</hi> verstärkt. Aehnlich<lb/>
kann auch eine Mehrheit von Farbeneindrücken je nach dem<lb/>
Uebergewicht dieser oder jener Partialverbindungen wechselnde<lb/>
Wirkungen hervorbringen; doch übt hier wegen der extensiven<lb/>
Ordnung der Eindrücke die räumliche Nachbarschaft einen der<lb/>
Variation der Verbindung entgegenwirkenden Einfluss aus, während<lb/>
als ein wesentlich complicirendes Moment noch der Einfluss der<lb/>
räumlichen Form mit allen ihn begleitenden Bedingungen hin-<lb/>
zukommt.</p><lb/><p>4. Ist auf diese Weise die Structur der zusammenge-<lb/>
setzten Gefühle im allgemeinen eine höchst verwickelte, so<lb/>
bietet nun aber doch auch sie eine Stufenfolge von Entwick-<lb/>
lungen dar, indem die von den Gebieten des Tast-, Geruchs-<lb/>
und Geschmackssinns ausgehenden complexen Gefühle eine<lb/>
wesentlich einfachere Beschaffenheit besitzen als die mit<lb/>
den Gehörs- und Gesichtsvorstellungen verbundenen.</p><lb/><p>Man pflegt speciell dasjenige Totalgefühl, das an die<lb/>
äußeren und inneren Tastempfindungen geknüpft ist, als das<lb/><hirendition="#g">Gemeingefühl</hi> zu bezeichnen, indem man es als das<lb/>
Totalgefühl betrachtet, in welchem der gesammte Zustand<lb/>
unseres sinnlichen Wohl- oder Uebelbefindens zum Ausdruck<lb/>
kommt. Unter dem letzteren Gesichtspunkte müssen aber<lb/>
die beiden niederen chemischen Sinne, <hirendition="#g">Geruchs-</hi> und<lb/><hirendition="#g">Geschmackssinn</hi>, ebenfalls dem Empfindungssubstrat des<lb/>
Gemeingefühls zugerechnet werden. Denn die von ihnen<lb/>
ausgehenden Partialgefühle verbinden sich mit den vom<lb/>
Tastsinn ausgehenden zu unlösbaren Gefühlscomplexen.<lb/>
Dabei können dann freilich im Einzelfalle bald die an das<lb/>
eine bald die an das andere Sinnesgebiet gebundenen Ge-<lb/>
fühle eine so dominirende Rolle spielen, dass die andern<lb/>
ganz verschwinden. Aber bei allem diesem Wechsel der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[189/0205]
§ 12. Die zusammengesetzten Gefühle.
seiner Empfindungsbestandtheile bald in vorangegangenen Gefühlen
seinen Grund haben. Geht man z. B. von c es g zu c e g über,
so wird die Partialwirkung c e, geht man dagegen von c e a zu
c e g über, so wird die Partialwirkung c g verstärkt. Aehnlich
kann auch eine Mehrheit von Farbeneindrücken je nach dem
Uebergewicht dieser oder jener Partialverbindungen wechselnde
Wirkungen hervorbringen; doch übt hier wegen der extensiven
Ordnung der Eindrücke die räumliche Nachbarschaft einen der
Variation der Verbindung entgegenwirkenden Einfluss aus, während
als ein wesentlich complicirendes Moment noch der Einfluss der
räumlichen Form mit allen ihn begleitenden Bedingungen hin-
zukommt.
4. Ist auf diese Weise die Structur der zusammenge-
setzten Gefühle im allgemeinen eine höchst verwickelte, so
bietet nun aber doch auch sie eine Stufenfolge von Entwick-
lungen dar, indem die von den Gebieten des Tast-, Geruchs-
und Geschmackssinns ausgehenden complexen Gefühle eine
wesentlich einfachere Beschaffenheit besitzen als die mit
den Gehörs- und Gesichtsvorstellungen verbundenen.
Man pflegt speciell dasjenige Totalgefühl, das an die
äußeren und inneren Tastempfindungen geknüpft ist, als das
Gemeingefühl zu bezeichnen, indem man es als das
Totalgefühl betrachtet, in welchem der gesammte Zustand
unseres sinnlichen Wohl- oder Uebelbefindens zum Ausdruck
kommt. Unter dem letzteren Gesichtspunkte müssen aber
die beiden niederen chemischen Sinne, Geruchs- und
Geschmackssinn, ebenfalls dem Empfindungssubstrat des
Gemeingefühls zugerechnet werden. Denn die von ihnen
ausgehenden Partialgefühle verbinden sich mit den vom
Tastsinn ausgehenden zu unlösbaren Gefühlscomplexen.
Dabei können dann freilich im Einzelfalle bald die an das
eine bald die an das andere Sinnesgebiet gebundenen Ge-
fühle eine so dominirende Rolle spielen, dass die andern
ganz verschwinden. Aber bei allem diesem Wechsel der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/205>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.