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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 10. Die räumlichen Vorstellungen.
gefundenen Ergebnissen (S. 124), innerhalb der verschie-
denen Theile des Sehfeldes sehr abweichende Werthe. Nur
sind hierbei durchweg die Raumwerthe, welche die kleinste
unterscheidbare Distanz angeben, sehr viel kleinere; und
während über das Tastorgan zahlreiche Stellen feinerer Unter-
scheidung vertheilt sind, findet sich im Sehfeld nur eine
Stelle feinster Unterscheidung, nämlich die dem Netzhaut-
centrum entsprechende Mitte desselben, von welcher aus
dann nach den Seitentheilen hin die Localisationsschärfe
sehr rasch abnimmt. Das ganze Sehfeld oder die ganze
Netzhautfläche verhält sich also analog einem einzelnen
Tastgebiet, wie z. B. dem des Zeigefingers, übertrifft aber
freilich dieses, namentlich in den centralen Theilen, ganz
außerordentlich an Localisationsschärfe, indem hier zwei Ein-
drücke, die unter einem Gesichtswinkel von 60--90 Secunden
einwirken, noch eben unterschieden werden, während 2,5°
seitlich vom Netzhautcentrum diese kleinste unterscheidbare
Größe schon 3' 30" beträgt und 8° seitlich auf etwa 1° steigt.

Da wir bei normalem Sehen auf diejenigen Objecte,
von denen wir genauere räumliche Vorstellungen gewinnen
wollen, das Auge so einstellen, dass jene in der Mitte des
Sehfeldes, ihre Bilder also in der Netzhautmitte liegen, so
bezeichnet man solche Objecte auch als die direct ge-
sehenen, alle andern, die in den excentrischen Theilen des
Sehfeldes liegen, als die indirect gesehenen. Der Mittel-
punkt der Region des directen Sehens heißt der Blick-
oder Fixationspunkt, die das Centrum der Netzhaut
mit dem Centrum des Sehfeldes verbindende Linie die
Blicklinie.

Berechnet man die lineare Distanz, die auf der Netzhaut
dem kleinsten Gesichtswinkel entspricht, bei welchem im
Centrum des Sehfeldes zwei Punkte getrennt wahrgenommen
werden können, so ergibt sich eine Größe von mm.

§ 10. Die räumlichen Vorstellungen.
gefundenen Ergebnissen (S. 124), innerhalb der verschie-
denen Theile des Sehfeldes sehr abweichende Werthe. Nur
sind hierbei durchweg die Raumwerthe, welche die kleinste
unterscheidbare Distanz angeben, sehr viel kleinere; und
während über das Tastorgan zahlreiche Stellen feinerer Unter-
scheidung vertheilt sind, findet sich im Sehfeld nur eine
Stelle feinster Unterscheidung, nämlich die dem Netzhaut-
centrum entsprechende Mitte desselben, von welcher aus
dann nach den Seitentheilen hin die Localisationsschärfe
sehr rasch abnimmt. Das ganze Sehfeld oder die ganze
Netzhautfläche verhält sich also analog einem einzelnen
Tastgebiet, wie z. B. dem des Zeigefingers, übertrifft aber
freilich dieses, namentlich in den centralen Theilen, ganz
außerordentlich an Localisationsschärfe, indem hier zwei Ein-
drücke, die unter einem Gesichtswinkel von 60—90 Secunden
einwirken, noch eben unterschieden werden, während 2,5°
seitlich vom Netzhautcentrum diese kleinste unterscheidbare
Größe schon 3′ 30″ beträgt und 8° seitlich auf etwa 1° steigt.

Da wir bei normalem Sehen auf diejenigen Objecte,
von denen wir genauere räumliche Vorstellungen gewinnen
wollen, das Auge so einstellen, dass jene in der Mitte des
Sehfeldes, ihre Bilder also in der Netzhautmitte liegen, so
bezeichnet man solche Objecte auch als die direct ge-
sehenen, alle andern, die in den excentrischen Theilen des
Sehfeldes liegen, als die indirect gesehenen. Der Mittel-
punkt der Region des directen Sehens heißt der Blick-
oder Fixationspunkt, die das Centrum der Netzhaut
mit dem Centrum des Sehfeldes verbindende Linie die
Blicklinie.

Berechnet man die lineare Distanz, die auf der Netzhaut
dem kleinsten Gesichtswinkel entspricht, bei welchem im
Centrum des Sehfeldes zwei Punkte getrennt wahrgenommen
werden können, so ergibt sich eine Größe von mm.

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[139/0155] § 10. Die räumlichen Vorstellungen. gefundenen Ergebnissen (S. 124), innerhalb der verschie- denen Theile des Sehfeldes sehr abweichende Werthe. Nur sind hierbei durchweg die Raumwerthe, welche die kleinste unterscheidbare Distanz angeben, sehr viel kleinere; und während über das Tastorgan zahlreiche Stellen feinerer Unter- scheidung vertheilt sind, findet sich im Sehfeld nur eine Stelle feinster Unterscheidung, nämlich die dem Netzhaut- centrum entsprechende Mitte desselben, von welcher aus dann nach den Seitentheilen hin die Localisationsschärfe sehr rasch abnimmt. Das ganze Sehfeld oder die ganze Netzhautfläche verhält sich also analog einem einzelnen Tastgebiet, wie z. B. dem des Zeigefingers, übertrifft aber freilich dieses, namentlich in den centralen Theilen, ganz außerordentlich an Localisationsschärfe, indem hier zwei Ein- drücke, die unter einem Gesichtswinkel von 60—90 Secunden einwirken, noch eben unterschieden werden, während 2,5° seitlich vom Netzhautcentrum diese kleinste unterscheidbare Größe schon 3′ 30″ beträgt und 8° seitlich auf etwa 1° steigt. Da wir bei normalem Sehen auf diejenigen Objecte, von denen wir genauere räumliche Vorstellungen gewinnen wollen, das Auge so einstellen, dass jene in der Mitte des Sehfeldes, ihre Bilder also in der Netzhautmitte liegen, so bezeichnet man solche Objecte auch als die direct ge- sehenen, alle andern, die in den excentrischen Theilen des Sehfeldes liegen, als die indirect gesehenen. Der Mittel- punkt der Region des directen Sehens heißt der Blick- oder Fixationspunkt, die das Centrum der Netzhaut mit dem Centrum des Sehfeldes verbindende Linie die Blicklinie. Berechnet man die lineare Distanz, die auf der Netzhaut dem kleinsten Gesichtswinkel entspricht, bei welchem im Centrum des Sehfeldes zwei Punkte getrennt wahrgenommen werden können, so ergibt sich eine Größe von [FORMEL] mm.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/155>, abgerufen am 22.11.2024.