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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
an zu den ihn umgebenden Raumtheilen; nur erfolgt diese
Localisation nicht, wie bei dem Tastsinn, durch die unmittel-
bare Beziehung auf den entsprechenden Punkt des Sinnes-
organs selbst, sondern wir tragen den Eindruck in das
außerhalb des vorstellenden Subjects und in irgend einer
Entfernung von ihm gelegene Sehfeld ein. Ferner ist hier,
wie beim Tastsinn, ein Maß für die Genauigkeit der Locali-
sation in der Distanz gegeben, in der zwei nahehin punkt-
förmige Eindrücke noch räumlich unterschieden werden
können; nur ist auch diese Distanz nicht unmittelbar als
eine auf der Sinnesfläche selbst abzumessende lineare Größe
gegeben, sondern als kleinster wahrnehmbarer Zwischen-
raum zweier Punkte des Sehfeldes; und da das Sehfeld in
jeder beliebigen Entfernung vom Sehenden gedacht werden
kann, so benutzt man hier zweckmäßig als Maß der Locali-
sationsschärfe überhaupt nicht eine lineare Größe, sondern
eine Winkelgröße, nämlich jenen Winkel, welchen die
von den Punkten des Sehfeldes zu den entsprechenden
Punkten des Netzhautbildes durch den optischen Knoten-
punkt des Auges gezogenen Linien mit einander bilden.
Dieser Gesichtswinkel bleibt constant, so lange die Größe
des Netzhautbildes unverändert bleibt, wogegen die zu-
gehörige Distanz der Punkte im Sehfelde proportional der
Entfernung desselben von dem Sehenden zunimmt. Will
man statt des Gesichtswinkels eine ihm äquivalente lineare
Distanz einführen, so kann daher als solche nur der Durch-
messer des Netzhautbildes benutzt werden, der sich un-
mittelbar aus der Größe des Gesichtswinkels und der Ent-
fernung der Netzhautfläche vom optischen Knotenpunkte
ergibt.

16. Die nach diesem Princip vorgenommene Messung
der Localisationsschärfe des Auges zeigt nun, ent-
sprechend den an den verschiedenen Stellen des Tastorgans

II. Die psychischen Gebilde.
an zu den ihn umgebenden Raumtheilen; nur erfolgt diese
Localisation nicht, wie bei dem Tastsinn, durch die unmittel-
bare Beziehung auf den entsprechenden Punkt des Sinnes-
organs selbst, sondern wir tragen den Eindruck in das
außerhalb des vorstellenden Subjects und in irgend einer
Entfernung von ihm gelegene Sehfeld ein. Ferner ist hier,
wie beim Tastsinn, ein Maß für die Genauigkeit der Locali-
sation in der Distanz gegeben, in der zwei nahehin punkt-
förmige Eindrücke noch räumlich unterschieden werden
können; nur ist auch diese Distanz nicht unmittelbar als
eine auf der Sinnesfläche selbst abzumessende lineare Größe
gegeben, sondern als kleinster wahrnehmbarer Zwischen-
raum zweier Punkte des Sehfeldes; und da das Sehfeld in
jeder beliebigen Entfernung vom Sehenden gedacht werden
kann, so benutzt man hier zweckmäßig als Maß der Locali-
sationsschärfe überhaupt nicht eine lineare Größe, sondern
eine Winkelgröße, nämlich jenen Winkel, welchen die
von den Punkten des Sehfeldes zu den entsprechenden
Punkten des Netzhautbildes durch den optischen Knoten-
punkt des Auges gezogenen Linien mit einander bilden.
Dieser Gesichtswinkel bleibt constant, so lange die Größe
des Netzhautbildes unverändert bleibt, wogegen die zu-
gehörige Distanz der Punkte im Sehfelde proportional der
Entfernung desselben von dem Sehenden zunimmt. Will
man statt des Gesichtswinkels eine ihm äquivalente lineare
Distanz einführen, so kann daher als solche nur der Durch-
messer des Netzhautbildes benutzt werden, der sich un-
mittelbar aus der Größe des Gesichtswinkels und der Ent-
fernung der Netzhautfläche vom optischen Knotenpunkte
ergibt.

16. Die nach diesem Princip vorgenommene Messung
der Localisationsschärfe des Auges zeigt nun, ent-
sprechend den an den verschiedenen Stellen des Tastorgans

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[138/0154] II. Die psychischen Gebilde. an zu den ihn umgebenden Raumtheilen; nur erfolgt diese Localisation nicht, wie bei dem Tastsinn, durch die unmittel- bare Beziehung auf den entsprechenden Punkt des Sinnes- organs selbst, sondern wir tragen den Eindruck in das außerhalb des vorstellenden Subjects und in irgend einer Entfernung von ihm gelegene Sehfeld ein. Ferner ist hier, wie beim Tastsinn, ein Maß für die Genauigkeit der Locali- sation in der Distanz gegeben, in der zwei nahehin punkt- förmige Eindrücke noch räumlich unterschieden werden können; nur ist auch diese Distanz nicht unmittelbar als eine auf der Sinnesfläche selbst abzumessende lineare Größe gegeben, sondern als kleinster wahrnehmbarer Zwischen- raum zweier Punkte des Sehfeldes; und da das Sehfeld in jeder beliebigen Entfernung vom Sehenden gedacht werden kann, so benutzt man hier zweckmäßig als Maß der Locali- sationsschärfe überhaupt nicht eine lineare Größe, sondern eine Winkelgröße, nämlich jenen Winkel, welchen die von den Punkten des Sehfeldes zu den entsprechenden Punkten des Netzhautbildes durch den optischen Knoten- punkt des Auges gezogenen Linien mit einander bilden. Dieser Gesichtswinkel bleibt constant, so lange die Größe des Netzhautbildes unverändert bleibt, wogegen die zu- gehörige Distanz der Punkte im Sehfelde proportional der Entfernung desselben von dem Sehenden zunimmt. Will man statt des Gesichtswinkels eine ihm äquivalente lineare Distanz einführen, so kann daher als solche nur der Durch- messer des Netzhautbildes benutzt werden, der sich un- mittelbar aus der Größe des Gesichtswinkels und der Ent- fernung der Netzhautfläche vom optischen Knotenpunkte ergibt. 16. Die nach diesem Princip vorgenommene Messung der Localisationsschärfe des Auges zeigt nun, ent- sprechend den an den verschiedenen Stellen des Tastorgans

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/154>, abgerufen am 22.11.2024.