Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.LU lichen Orte, die Geschwulst am Gegentheil, die Abkürtzung des Gliedes unddie Veränderung des Lagers, in Betrachtung des gesunden Theils, völlig heben. Die äusserlichen Ursachen werden die Patienten selbst entdecken, die innerlichen, und insonderheit das Vitium des Seri oder der Pituitae, wird man haben, wenn das allmählich schwach gewordene Glied endlich seinen natür- lichen Sitz verläßt, ohngeachtet es auch gut und perfect zurecht gesetzet gewe- sen, und nicht in seiner Pfannen bleiben will. Ferner wird man die Schärffe der Säffte aus dem dabey befindlichen grossen Schmertz, und den Tarta- rum aus den an diesen Oertern entstehenden Nodis und Tophis erlernen. Es scheinet zwar die Cur leicht zu seyn, weil die Hervorragung des Beines ohne Schwierigkeit kan zurechte gesetzet werden; allein es wird hier eine accurate Wissenschafft der Connexion und des natürlichen Lagers der Glie- der erfordert, denn es wird allemal eine andere Procedur in Ansehung der verrenckten Theile selbsten erfordert, z. E. des Schulter-Blatts, des Unter- kiefers, der Wirbel etc. Uber das wird auch eine andere Administration in der Verrenckung vor- aus- oder innwerts, eine andere in der Extension der Tendinum oder Subluxation erfordert. Doch aber ist zu aller Zeit dahin zu trachten, daß die Einrichtung auf das schleunigste geschehe: und sol- ches wird entweder mit Handgriffen allein, oder auch mit darzu tüchtigen Machinen verrichtet. Nachdem nun die Einrichtung nach der Kunst ge- schehen, ist die Befestigung des nothleidenden und schon eingerichteten Theils, einen neuen Austritt zu verhindern, nöthig. Solches geschiehet durch Binden allein, oder, so es die Noth erfordert, durch mancherley Schie- nen von Leder, Borck oder Papier, etc. dabey der Chirurgus Vorsichtigkeit brauchet, und mit den Schienen nicht gar zu starck bindet, sonsten dürfften die Vasa gar leicht gedrucket, die Circulatio sangvinis und der Säffte ge- hemmet, oder eine Inflammation oder andere schwere Symptomata verursa- chet werden. Unterdessen lieget der Patient geruhig, und die Binden wer- den nicht eher gelöset, bis daß man observiret, daß das Theil seine Kräffte wieder erlanget habe, welches am Finger ohngefehr in 14. Tagen, am Schen- ckel in 20. am Schulter-Blatt, Schulter und Hüffte in 40. Tagen geschie- het. Und ob es gleich scheinet, als wären die Kräffte zuweilen eher gekom- men, so ist es doch nöthig, daß man, eine neue Luxation zu verhüten, mit dem Theil gemach umgehe, weil der Patient noch nicht ausser aller Gefahr ist. Es wird die völlige Genesung vortrefflich beschleuniget, wenn man zugleich mit den Binden auch Adstringentia gebrauchet, als herben warmen Wein, Defensiv-Pflaster und Linimenta aus Tragacanth. Mastich. sangv. Dracon.
LU lichen Orte, die Geſchwulſt am Gegentheil, die Abkuͤrtzung des Gliedes unddie Veraͤnderung des Lagers, in Betrachtung des geſunden Theils, voͤllig heben. Die aͤuſſerlichen Urſachen werden die Patienten ſelbſt entdecken, die innerlichen, und inſonderheit das Vitium des Seri oder der Pituitæ, wird man haben, wenn das allmaͤhlich ſchwach gewordene Glied endlich ſeinen natuͤr- lichen Sitz verlaͤßt, ohngeachtet es auch gut und perfect zurecht geſetzet gewe- ſen, und nicht in ſeiner Pfannen bleiben will. Ferner wird man die Schaͤrffe der Saͤffte aus dem dabey befindlichen groſſen Schmertz, und den Tarta- rum aus den an dieſen Oertern entſtehenden Nodis und Tophis erlernen. Es ſcheinet zwar die Cur leicht zu ſeyn, weil die Hervorragung des Beines ohne Schwierigkeit kan zurechte geſetzet werden; allein es wird hier eine accurate Wiſſenſchafft der Connexion und des natuͤrlichen Lagers der Glie- der erfordert, denn es wird allemal eine andere Procedur in Anſehung der verrenckten Theile ſelbſten erfordert, z. E. des Schulter-Blatts, des Unter- kiefers, der Wirbel ꝛc. Uber das wird auch eine andere Adminiſtration in der Verrenckung vor- aus- oder innwerts, eine andere in der Extenſion der Tendinum oder Subluxation erfordert. Doch aber iſt zu aller Zeit dahin zu trachten, daß die Einrichtung auf das ſchleunigſte geſchehe: und ſol- ches wird entweder mit Handgriffen allein, oder auch mit darzu tuͤchtigen Machinen verrichtet. Nachdem nun die Einrichtung nach der Kunſt ge- ſchehen, iſt die Befeſtigung des nothleidenden und ſchon eingerichteten Theils, einen neuen Austritt zu verhindern, noͤthig. Solches geſchiehet durch Binden allein, oder, ſo es die Noth erfordert, durch mancherley Schie- nen von Leder, Borck oder Papier, ꝛc. dabey der Chirurgus Vorſichtigkeit brauchet, und mit den Schienen nicht gar zu ſtarck bindet, ſonſten duͤrfften die Vaſa gar leicht gedrucket, die Circulatio ſangvinis und der Saͤffte ge- hemmet, oder eine Inflammation oder andere ſchwere Symptomata verurſa- chet werden. Unterdeſſen lieget der Patient geruhig, und die Binden wer- den nicht eher geloͤſet, bis daß man obſerviret, daß das Theil ſeine Kraͤffte wieder erlanget habe, welches am Finger ohngefehr in 14. Tagen, am Schen- ckel in 20. am Schulter-Blatt, Schulter und Huͤffte in 40. Tagen geſchie- het. Und ob es gleich ſcheinet, als waͤren die Kraͤffte zuweilen eher gekom- men, ſo iſt es doch noͤthig, daß man, eine neue Luxation zu verhuͤten, mit dem Theil gemach umgehe, weil der Patient noch nicht auſſer aller Gefahr iſt. Es wird die voͤllige Geneſung vortrefflich beſchleuniget, wenn man zugleich mit den Binden auch Adſtringentia gebrauchet, als herben warmen Wein, Defenſiv-Pflaſter und Linimenta aus Tragacanth. Maſtich. ſangv. Dracon.
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die Veraͤnderung des Lagers, in Betrachtung des geſunden Theils, voͤllig
heben. Die aͤuſſerlichen Urſachen werden die Patienten ſelbſt entdecken, die
innerlichen, und inſonderheit das Vitium des Seri oder der Pituitæ, wird man
haben, wenn das allmaͤhlich ſchwach gewordene Glied endlich ſeinen natuͤr-
lichen Sitz verlaͤßt, ohngeachtet es auch gut und perfect zurecht geſetzet gewe-
ſen, und nicht in ſeiner Pfannen bleiben will. Ferner wird man die Schaͤrffe
der Saͤffte aus dem dabey befindlichen groſſen Schmertz, und den Tarta-
rum aus den an dieſen Oertern entſtehenden Nodis und Tophis erlernen.
Es ſcheinet zwar die Cur leicht zu ſeyn, weil die Hervorragung des Beines
ohne Schwierigkeit kan zurechte geſetzet werden; allein es wird hier eine
accurate Wiſſenſchafft der Connexion und des natuͤrlichen Lagers der Glie-
der erfordert, denn es wird allemal eine andere Procedur in Anſehung der
verrenckten Theile ſelbſten erfordert, z. E. des Schulter-Blatts, des Unter-
kiefers, der Wirbel ꝛc. Uber das wird auch eine andere Adminiſtration in
der Verrenckung vor- aus- oder innwerts, eine andere in der Extenſion der
Tendinum oder Subluxation erfordert. Doch aber iſt zu aller Zeit dahin
zu trachten, daß die Einrichtung auf das ſchleunigſte geſchehe: und ſol-
ches wird entweder mit Handgriffen allein, oder auch mit darzu tuͤchtigen
Machinen verrichtet. Nachdem nun die Einrichtung nach der Kunſt ge-
ſchehen, iſt die Befeſtigung des nothleidenden und ſchon eingerichteten
Theils, einen neuen Austritt zu verhindern, noͤthig. Solches geſchiehet
durch Binden allein, oder, ſo es die Noth erfordert, durch mancherley Schie-
nen von Leder, Borck oder Papier, ꝛc. dabey der Chirurgus Vorſichtigkeit
brauchet, und mit den Schienen nicht gar zu ſtarck bindet, ſonſten duͤrfften
die Vaſa gar leicht gedrucket, die Circulatio ſangvinis und der Saͤffte ge-
hemmet, oder eine Inflammation oder andere ſchwere Symptomata verurſa-
chet werden. Unterdeſſen lieget der Patient geruhig, und die Binden wer-
den nicht eher geloͤſet, bis daß man obſerviret, daß das Theil ſeine Kraͤffte
wieder erlanget habe, welches am Finger ohngefehr in 14. Tagen, am Schen-
ckel in 20. am Schulter-Blatt, Schulter und Huͤffte in 40. Tagen geſchie-
het. Und ob es gleich ſcheinet, als waͤren die Kraͤffte zuweilen eher gekom-
men, ſo iſt es doch noͤthig, daß man, eine neue Luxation zu verhuͤten, mit dem
Theil gemach umgehe, weil der Patient noch nicht auſſer aller Gefahr iſt.
Es wird die voͤllige Geneſung vortrefflich beſchleuniget, wenn man zugleich
mit den Binden auch Adſtringentia gebrauchet, als herben warmen Wein,
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