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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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stündest nun am Abend deines Lebens: -- und
siehe mit diesen Empfindungen in das verfloßne
Jahr zurück. Erinnere dich nicht blos der voll-
brachten oder unterlaßnen Geschäffte für deine ir-
dische Wohlfahrt, nimm nicht blos die Rech-
nung deiner sinnlichen Güter auf. Frage dich
vielmehr: Welche Gelegenheiten zu guten gemein-
nützigen Thaten habe ich in diesem verfloßenen
Jahre gefunden, oder doch finden können? wel-
che davon habe ich benutzt, und wie viele aus der
Acht gelaßen? was für Gutes habe ich denn
würklich vollbracht? wie viel davon aus den
reinsten uneigennützigsten Absichten, aus Gehor-
sam gegen Gott, aus Liebe für meine Nebenmen-
schen, aus Begierde mir einen Schatz für
die zukünftige Welt zu sammeln? wie viel Gutes
ist dagegen aus Unwißenheit, aus Unachtsamkeit,
aus Nachgeben gegen meine sündlichen Begier-
den, unterblieben? Welcher sündlichen Hand-
lungen habe ich mich auf der andern Seite schul-
dig gemacht, die ich heute, die ich ewig zu be-
reuen habe? wann und wie oft haben mich in
diesem Jahre meine ausschweifende stürmische Lei-
denschaften, zum Geize, zur Ehrsucht, zur Ver-
läumdung, zur Wollust, zur Eitelkeit und Uep-
pigkeit, zu Beleidigungen gegen meine Mitbür-

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ſtündeſt nun am Abend deines Lebens: — und
ſiehe mit dieſen Empfindungen in das verfloßne
Jahr zurück. Erinnere dich nicht blos der voll-
brachten oder unterlaßnen Geſchäffte für deine ir-
diſche Wohlfahrt, nimm nicht blos die Rech-
nung deiner ſinnlichen Güter auf. Frage dich
vielmehr: Welche Gelegenheiten zu guten gemein-
nützigen Thaten habe ich in dieſem verfloßenen
Jahre gefunden, oder doch finden können? wel-
che davon habe ich benutzt, und wie viele aus der
Acht gelaßen? was für Gutes habe ich denn
würklich vollbracht? wie viel davon aus den
reinſten uneigennützigſten Abſichten, aus Gehor-
ſam gegen Gott, aus Liebe für meine Nebenmen-
ſchen, aus Begierde mir einen Schatz für
die zukünftige Welt zu ſammeln? wie viel Gutes
iſt dagegen aus Unwißenheit, aus Unachtſamkeit,
aus Nachgeben gegen meine ſündlichen Begier-
den, unterblieben? Welcher ſündlichen Hand-
lungen habe ich mich auf der andern Seite ſchul-
dig gemacht, die ich heute, die ich ewig zu be-
reuen habe? wann und wie oft haben mich in
dieſem Jahre meine ausſchweifende ſtürmiſche Lei-
denſchaften, zum Geize, zur Ehrſucht, zur Ver-
läumdung, zur Wolluſt, zur Eitelkeit und Uep-
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[341/0393] ſtündeſt nun am Abend deines Lebens: — und ſiehe mit dieſen Empfindungen in das verfloßne Jahr zurück. Erinnere dich nicht blos der voll- brachten oder unterlaßnen Geſchäffte für deine ir- diſche Wohlfahrt, nimm nicht blos die Rech- nung deiner ſinnlichen Güter auf. Frage dich vielmehr: Welche Gelegenheiten zu guten gemein- nützigen Thaten habe ich in dieſem verfloßenen Jahre gefunden, oder doch finden können? wel- che davon habe ich benutzt, und wie viele aus der Acht gelaßen? was für Gutes habe ich denn würklich vollbracht? wie viel davon aus den reinſten uneigennützigſten Abſichten, aus Gehor- ſam gegen Gott, aus Liebe für meine Nebenmen- ſchen, aus Begierde mir einen Schatz für die zukünftige Welt zu ſammeln? wie viel Gutes iſt dagegen aus Unwißenheit, aus Unachtſamkeit, aus Nachgeben gegen meine ſündlichen Begier- den, unterblieben? Welcher ſündlichen Hand- lungen habe ich mich auf der andern Seite ſchul- dig gemacht, die ich heute, die ich ewig zu be- reuen habe? wann und wie oft haben mich in dieſem Jahre meine ausſchweifende ſtürmiſche Lei- denſchaften, zum Geize, zur Ehrſucht, zur Ver- läumdung, zur Wolluſt, zur Eitelkeit und Uep- pigkeit, zu Beleidigungen gegen meine Mitbür- ger, Y 3

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/393>, abgerufen am 24.11.2024.