Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



jenseit des Grabes, darf unser Auge sich dann
erheben, wann Tod und Grab im furchtbaren
Dunkel um uns schweben; an ihm darf unser
Herz dann ganz und ungetheilt hangen, wenn es
sich von allen Banden der Erde losgerißen hat,
und in der Vereinigung mit ihm die Freuden der
unsichtbaren Welt schon im Vorschmack genießen,
wenn die Güter der sichtbaren Welt uns kein
Labsal mehr gewähren. Ja, durch ihn gestärkt,
darf unsre Seele den Trost aus seinem Tode
und Grabe, aus seiner Auferstehung und Him-
melfahrt, im Tode mit sich vor den Thron des
Richters nehmen, vor dem Erbarmung für Ge-
rechtigkeit gilt, und ruhig seiner mächtigen Hand
sich befehlen, welche sie sicher durch das Thal des
Todes zu den Freuden an seinem Throne leiten
will. Jch bin bei euch alle Tage: ich komme,
und mein Lohn mit mir:
diese Zuversicht will
er von seiner seligen Höhe herab in unser ster-
bendes Herz ergießen. Jch bin bei euch bis aus
Ende der Welt:
ach, das will er, so unerklär-
bar es uns hier ist, in der seligsten Fülle, die wir
wünschen dürfen, uns Vollendeten dort bewei-
sen, wenn die Welt auf sein Wort zertrümmert
wird, und die Gräber zerstört werden; und die
Erde versinkt; und die Himmel zusammengewik-

kelt



jenſeit des Grabes, darf unſer Auge ſich dann
erheben, wann Tod und Grab im furchtbaren
Dunkel um uns ſchweben; an ihm darf unſer
Herz dann ganz und ungetheilt hangen, wenn es
ſich von allen Banden der Erde losgerißen hat,
und in der Vereinigung mit ihm die Freuden der
unſichtbaren Welt ſchon im Vorſchmack genießen,
wenn die Güter der ſichtbaren Welt uns kein
Labſal mehr gewähren. Ja, durch ihn geſtärkt,
darf unſre Seele den Troſt aus ſeinem Tode
und Grabe, aus ſeiner Auferſtehung und Him-
melfahrt, im Tode mit ſich vor den Thron des
Richters nehmen, vor dem Erbarmung für Ge-
rechtigkeit gilt, und ruhig ſeiner mächtigen Hand
ſich befehlen, welche ſie ſicher durch das Thal des
Todes zu den Freuden an ſeinem Throne leiten
will. Jch bin bei euch alle Tage: ich komme,
und mein Lohn mit mir:
dieſe Zuverſicht will
er von ſeiner ſeligen Höhe herab in unſer ſter-
bendes Herz ergießen. Jch bin bei euch bis aus
Ende der Welt:
ach, das will er, ſo unerklär-
bar es uns hier iſt, in der ſeligſten Fülle, die wir
wünſchen dürfen, uns Vollendeten dort bewei-
ſen, wenn die Welt auf ſein Wort zertrümmert
wird, und die Gräber zerſtört werden; und die
Erde verſinkt; und die Himmel zuſammengewik-

kelt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0238" n="186"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
jen&#x017F;eit des Grabes, darf un&#x017F;er Auge &#x017F;ich dann<lb/>
erheben, wann Tod und Grab im furchtbaren<lb/>
Dunkel um uns &#x017F;chweben; an ihm darf un&#x017F;er<lb/>
Herz dann ganz und ungetheilt hangen, wenn es<lb/>
&#x017F;ich von allen Banden der Erde losgerißen hat,<lb/>
und in der Vereinigung mit ihm die Freuden der<lb/>
un&#x017F;ichtbaren Welt &#x017F;chon im Vor&#x017F;chmack genießen,<lb/>
wenn die Güter der &#x017F;ichtbaren Welt uns kein<lb/>
Lab&#x017F;al mehr gewähren. Ja, durch ihn ge&#x017F;tärkt,<lb/>
darf un&#x017F;re Seele den Tro&#x017F;t aus &#x017F;einem Tode<lb/>
und Grabe, aus &#x017F;einer Aufer&#x017F;tehung und Him-<lb/>
melfahrt, im Tode mit &#x017F;ich vor den Thron des<lb/>
Richters nehmen, vor dem Erbarmung für Ge-<lb/>
rechtigkeit gilt, und ruhig &#x017F;einer mächtigen Hand<lb/>
&#x017F;ich befehlen, welche &#x017F;ie &#x017F;icher durch das Thal des<lb/>
Todes zu den Freuden an &#x017F;einem Throne leiten<lb/>
will. <hi rendition="#fr">Jch bin bei euch alle Tage: ich komme,<lb/>
und mein Lohn mit mir:</hi> die&#x017F;e Zuver&#x017F;icht will<lb/>
er von &#x017F;einer &#x017F;eligen Höhe herab in un&#x017F;er &#x017F;ter-<lb/>
bendes Herz ergießen. <hi rendition="#fr">Jch bin bei euch bis aus<lb/>
Ende der Welt:</hi> ach, das will er, &#x017F;o unerklär-<lb/>
bar es uns hier i&#x017F;t, in der &#x017F;elig&#x017F;ten Fülle, die wir<lb/>
wün&#x017F;chen dürfen, uns Vollendeten dort bewei-<lb/>
&#x017F;en, wenn die Welt auf &#x017F;ein Wort zertrümmert<lb/>
wird, und die Gräber zer&#x017F;tört werden; und die<lb/>
Erde ver&#x017F;inkt; und die Himmel zu&#x017F;ammengewik-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kelt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0238] jenſeit des Grabes, darf unſer Auge ſich dann erheben, wann Tod und Grab im furchtbaren Dunkel um uns ſchweben; an ihm darf unſer Herz dann ganz und ungetheilt hangen, wenn es ſich von allen Banden der Erde losgerißen hat, und in der Vereinigung mit ihm die Freuden der unſichtbaren Welt ſchon im Vorſchmack genießen, wenn die Güter der ſichtbaren Welt uns kein Labſal mehr gewähren. Ja, durch ihn geſtärkt, darf unſre Seele den Troſt aus ſeinem Tode und Grabe, aus ſeiner Auferſtehung und Him- melfahrt, im Tode mit ſich vor den Thron des Richters nehmen, vor dem Erbarmung für Ge- rechtigkeit gilt, und ruhig ſeiner mächtigen Hand ſich befehlen, welche ſie ſicher durch das Thal des Todes zu den Freuden an ſeinem Throne leiten will. Jch bin bei euch alle Tage: ich komme, und mein Lohn mit mir: dieſe Zuverſicht will er von ſeiner ſeligen Höhe herab in unſer ſter- bendes Herz ergießen. Jch bin bei euch bis aus Ende der Welt: ach, das will er, ſo unerklär- bar es uns hier iſt, in der ſeligſten Fülle, die wir wünſchen dürfen, uns Vollendeten dort bewei- ſen, wenn die Welt auf ſein Wort zertrümmert wird, und die Gräber zerſtört werden; und die Erde verſinkt; und die Himmel zuſammengewik- kelt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/238
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/238>, abgerufen am 25.06.2024.