Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



all ins Gedächtniß faßen. So oft wir einsam
inbrünstig zu ihm beten, so oft wir in seinem
Tempel ihm lobsingen, so oft wir an seinem Al-
tare seinen Tod, seine Auferstehung, seine Him-
melfahrt, mit einem Herzen, das weit über die
sichtbare Welt zu ihm hinauf gerichtet ist, fey-
ern; so oft fühlen wir auch überwiegende Kräf-
te der zukünftigen Welt, zum Kampf gegen die
Sünde, und Muth, als hätten wir schon den
lezten Sieg der Tugend errungen; und Hoffnung
auf die Ewigkeit, als eröfnete sie schon ihre
Pforten, uns aufzunehmen; und Himmelsfreu-
den, als stünden wir schon als Mitgenoßen seiner
Herrlichkeit an seinem Throne. -- So viel
Freuden giebst du uns schon auf Erden, Anfän-
ger und Vollender unsers Glaubens! Unsre See-
le dürstet nach dir! Seliger würden wir frei-
lich seyn, wenn unsre Sehnsucht heute noch
gesättigt würde: aber, so lang es noch nöthig
ist, nöthig für uns, nöthig für unsre Geliebten,
nöthig für das Glück aller unsrer Mitbrüder auf
Erden, daß wir hier im Lande der Pilgrimschaft
wallen: Herr, so lange geschehe dein Wille!
Nur, so lange wir hier im sterblichen Leibe woh-
nen, gieb uns Muth und Kraft, dir zur Ehre
zu wandeln, und Wachsamkeit, mit reinem

Her-



all ins Gedächtniß faßen. So oft wir einſam
inbrünſtig zu ihm beten, ſo oft wir in ſeinem
Tempel ihm lobſingen, ſo oft wir an ſeinem Al-
tare ſeinen Tod, ſeine Auferſtehung, ſeine Him-
melfahrt, mit einem Herzen, das weit über die
ſichtbare Welt zu ihm hinauf gerichtet iſt, fey-
ern; ſo oft fühlen wir auch überwiegende Kräf-
te der zukünftigen Welt, zum Kampf gegen die
Sünde, und Muth, als hätten wir ſchon den
lezten Sieg der Tugend errungen; und Hoffnung
auf die Ewigkeit, als eröfnete ſie ſchon ihre
Pforten, uns aufzunehmen; und Himmelsfreu-
den, als ſtünden wir ſchon als Mitgenoßen ſeiner
Herrlichkeit an ſeinem Throne. — So viel
Freuden giebſt du uns ſchon auf Erden, Anfän-
ger und Vollender unſers Glaubens! Unſre See-
le dürſtet nach dir! Seliger würden wir frei-
lich ſeyn, wenn unſre Sehnſucht heute noch
geſättigt würde: aber, ſo lang es noch nöthig
iſt, nöthig für uns, nöthig für unſre Geliebten,
nöthig für das Glück aller unſrer Mitbrüder auf
Erden, daß wir hier im Lande der Pilgrimſchaft
wallen: Herr, ſo lange geſchehe dein Wille!
Nur, ſo lange wir hier im ſterblichen Leibe woh-
nen, gieb uns Muth und Kraft, dir zur Ehre
zu wandeln, und Wachſamkeit, mit reinem

Her-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="175"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
all ins Gedächtniß faßen. So oft wir ein&#x017F;am<lb/>
inbrün&#x017F;tig zu ihm beten, &#x017F;o oft wir in &#x017F;einem<lb/>
Tempel ihm lob&#x017F;ingen, &#x017F;o oft wir an &#x017F;einem Al-<lb/>
tare &#x017F;einen Tod, &#x017F;eine Aufer&#x017F;tehung, &#x017F;eine Him-<lb/>
melfahrt, mit einem Herzen, das weit über die<lb/>
&#x017F;ichtbare Welt zu ihm hinauf gerichtet i&#x017F;t, fey-<lb/>
ern; &#x017F;o oft fühlen wir auch überwiegende Kräf-<lb/>
te der zukünftigen Welt, zum Kampf gegen die<lb/>
Sünde, und Muth, als hätten wir &#x017F;chon den<lb/>
lezten Sieg der Tugend errungen; und Hoffnung<lb/>
auf die Ewigkeit, als eröfnete &#x017F;ie &#x017F;chon ihre<lb/>
Pforten, uns aufzunehmen; und Himmelsfreu-<lb/>
den, als &#x017F;tünden wir &#x017F;chon als Mitgenoßen &#x017F;einer<lb/>
Herrlichkeit an &#x017F;einem Throne. &#x2014; So viel<lb/>
Freuden gieb&#x017F;t du uns &#x017F;chon auf Erden, Anfän-<lb/>
ger und Vollender un&#x017F;ers Glaubens! Un&#x017F;re See-<lb/>
le dür&#x017F;tet nach dir! Seliger würden wir frei-<lb/>
lich &#x017F;eyn, wenn un&#x017F;re Sehn&#x017F;ucht heute noch<lb/>
ge&#x017F;ättigt würde: aber, &#x017F;o lang es noch nöthig<lb/>
i&#x017F;t, nöthig für uns, nöthig für un&#x017F;re Geliebten,<lb/>
nöthig für das Glück aller un&#x017F;rer Mitbrüder auf<lb/>
Erden, daß wir hier im Lande der Pilgrim&#x017F;chaft<lb/>
wallen: Herr, &#x017F;o lange ge&#x017F;chehe dein Wille!<lb/>
Nur, &#x017F;o lange wir hier im &#x017F;terblichen Leibe woh-<lb/>
nen, gieb uns Muth und Kraft, dir zur Ehre<lb/>
zu wandeln, und Wach&#x017F;amkeit, mit reinem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Her-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0227] all ins Gedächtniß faßen. So oft wir einſam inbrünſtig zu ihm beten, ſo oft wir in ſeinem Tempel ihm lobſingen, ſo oft wir an ſeinem Al- tare ſeinen Tod, ſeine Auferſtehung, ſeine Him- melfahrt, mit einem Herzen, das weit über die ſichtbare Welt zu ihm hinauf gerichtet iſt, fey- ern; ſo oft fühlen wir auch überwiegende Kräf- te der zukünftigen Welt, zum Kampf gegen die Sünde, und Muth, als hätten wir ſchon den lezten Sieg der Tugend errungen; und Hoffnung auf die Ewigkeit, als eröfnete ſie ſchon ihre Pforten, uns aufzunehmen; und Himmelsfreu- den, als ſtünden wir ſchon als Mitgenoßen ſeiner Herrlichkeit an ſeinem Throne. — So viel Freuden giebſt du uns ſchon auf Erden, Anfän- ger und Vollender unſers Glaubens! Unſre See- le dürſtet nach dir! Seliger würden wir frei- lich ſeyn, wenn unſre Sehnſucht heute noch geſättigt würde: aber, ſo lang es noch nöthig iſt, nöthig für uns, nöthig für unſre Geliebten, nöthig für das Glück aller unſrer Mitbrüder auf Erden, daß wir hier im Lande der Pilgrimſchaft wallen: Herr, ſo lange geſchehe dein Wille! Nur, ſo lange wir hier im ſterblichen Leibe woh- nen, gieb uns Muth und Kraft, dir zur Ehre zu wandeln, und Wachſamkeit, mit reinem Her-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/227
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/227>, abgerufen am 25.06.2024.