Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.Erden: er ist schon selig in Hoffnung. Aber, diese Sehnsucht muß denn auch nie die Gränzen des Gehorsams und Vertrauens auf Gott über- schreiten: sonst unterbricht sie unsre Zufrieden- heit; vermindert unsern Eifer im Gutesthun; senkt eine tiefe Schwermuth in die Seele; und verleitet uns so leicht, zu schwärmerischen unglück- lichen Unternehmungen. "Es ist beides: sagt Paulus: "ein gleich angelegentlicher Wunsch mei- &q;ner Seele: ich habe Lust abzuscheiden, und bei &q;Christo zu seyn; welches auch mir viel beßer &q;wäre: aber, ich sehe es auch dagegen ein, wie &q;nöthig es um eurentwillen ist, daß ich noch &q;länger hienieden lebe: ich weiß es, daß dies &q;geschehen wird, und bin es auch wohl zufrieden, &q;noch eine Zeitlang bei euch zu bleiben. Diese Gesinnung des Apostels, müßen wir ganz zur unsrigen machen. Nie dürfen wir uns damit unzufrieden bezeugen, daß wir diese Welt der Prüfung und des Glaubens, vielleicht länger als wir es wünschen, erst durchleben müßen, ehe wir in die Welt der Vollendung und des An- schauns Gottes aufgenommen werden; nie bei dem Tode der Unmündigen, welche die Last des Tages der Arbeit nicht erfahren, darüber klagen, daß unser Tag so lange, unsre Pilgerreise zur Ewig-
Erden: er iſt ſchon ſelig in Hoffnung. Aber, dieſe Sehnſucht muß denn auch nie die Gränzen des Gehorſams und Vertrauens auf Gott über- ſchreiten: ſonſt unterbricht ſie unſre Zufrieden- heit; vermindert unſern Eifer im Gutesthun; ſenkt eine tiefe Schwermuth in die Seele; und verleitet uns ſo leicht, zu ſchwärmeriſchen unglück- lichen Unternehmungen. „Es iſt beides: ſagt Paulus: „ein gleich angelegentlicher Wunſch mei- &q;ner Seele: ich habe Luſt abzuſcheiden, und bei &q;Chriſto zu ſeyn; welches auch mir viel beßer &q;wäre: aber, ich ſehe es auch dagegen ein, wie &q;nöthig es um eurentwillen iſt, daß ich noch &q;länger hienieden lebe: ich weiß es, daß dies &q;geſchehen wird, und bin es auch wohl zufrieden, &q;noch eine Zeitlang bei euch zu bleiben. Dieſe Geſinnung des Apoſtels, müßen wir ganz zur unſrigen machen. Nie dürfen wir uns damit unzufrieden bezeugen, daß wir dieſe Welt der Prüfung und des Glaubens, vielleicht länger als wir es wünſchen, erſt durchleben müßen, ehe wir in die Welt der Vollendung und des An- ſchauns Gottes aufgenommen werden; nie bei dem Tode der Unmündigen, welche die Laſt des Tages der Arbeit nicht erfahren, darüber klagen, daß unſer Tag ſo lange, unſre Pilgerreiſe zur Ewig-
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Erden: er iſt ſchon ſelig in Hoffnung. Aber,
dieſe Sehnſucht muß denn auch nie die Gränzen
des Gehorſams und Vertrauens auf Gott über-
ſchreiten: ſonſt unterbricht ſie unſre Zufrieden-
heit; vermindert unſern Eifer im Gutesthun;
ſenkt eine tiefe Schwermuth in die Seele; und
verleitet uns ſo leicht, zu ſchwärmeriſchen unglück-
lichen Unternehmungen. „Es iſt beides: ſagt
Paulus: „ein gleich angelegentlicher Wunſch mei-
&q;ner Seele: ich habe Luſt abzuſcheiden, und bei
&q;Chriſto zu ſeyn; welches auch mir viel beßer
&q;wäre: aber, ich ſehe es auch dagegen ein, wie
&q;nöthig es um eurentwillen iſt, daß ich noch
&q;länger hienieden lebe: ich weiß es, daß dies
&q;geſchehen wird, und bin es auch wohl zufrieden,
&q;noch eine Zeitlang bei euch zu bleiben. Dieſe
Geſinnung des Apoſtels, müßen wir ganz zur
unſrigen machen. Nie dürfen wir uns damit
unzufrieden bezeugen, daß wir dieſe Welt der
Prüfung und des Glaubens, vielleicht länger
als wir es wünſchen, erſt durchleben müßen, ehe
wir in die Welt der Vollendung und des An-
ſchauns Gottes aufgenommen werden; nie bei
dem Tode der Unmündigen, welche die Laſt des
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