Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



men: nein, die verklärten Seelen dienen
Gott, an seinem Throne,
(Offenb. 7, 15.) in
Ewigkeit, heilig und ohne Sünde, den Engeln
Gottes ähnlich. Aber, eine Ruhe der Freyheit,
von aller Mühe der Geschäfte; von den Schat-
ten des sinnlichen Lebens, welche hier die Er-
kenntniß Gottes verhüllen; von aller Schwach-
heit des sterblichen Körpers, welche hier unsre
heiligsten Gedanken, unsre festesten Entschließun-
gen, unsre besten Thaten unterbricht; von allen
Hindernißen des Eigennutzes und der Bosheit,
die sich uns hier entgegensetzen. Mag es immer
uns hier unerklärbar bleiben, wie unsre Seele,
von aller Gemeinschaft mit ihrem Körper ge-
trennt, für die Ehre ihres Gottes, und die
Freude ihrer verklärten Freunde würken könne:
unsre Seele ists ja doch, die den sinnlichen Leib
belebt, der ohne sie ein todter Staub der Erde,
fühllos und unbeweglich, gleich Pflanzen und
Steinen, da liegt: -- Sollte der Gott, der
unsern Sinnen und Gliedern, hier in der Ver-
einigung mit der Seele, Lebenskraft gab, nicht
unserm abgeschiednen Geiste, dessen Gedanken
und Empfindungen nicht an diese Gebeine vom
Staube gebunden sind, das Vermögen darrei-
chen können, auch ohne sie thätig zu seyn? --

Wie



men: nein, die verklärten Seelen dienen
Gott, an ſeinem Throne,
(Offenb. 7, 15.) in
Ewigkeit, heilig und ohne Sünde, den Engeln
Gottes ähnlich. Aber, eine Ruhe der Freyheit,
von aller Mühe der Geſchäfte; von den Schat-
ten des ſinnlichen Lebens, welche hier die Er-
kenntniß Gottes verhüllen; von aller Schwach-
heit des ſterblichen Körpers, welche hier unſre
heiligſten Gedanken, unſre feſteſten Entſchließun-
gen, unſre beſten Thaten unterbricht; von allen
Hindernißen des Eigennutzes und der Bosheit,
die ſich uns hier entgegenſetzen. Mag es immer
uns hier unerklärbar bleiben, wie unſre Seele,
von aller Gemeinſchaft mit ihrem Körper ge-
trennt, für die Ehre ihres Gottes, und die
Freude ihrer verklärten Freunde würken könne:
unſre Seele iſts ja doch, die den ſinnlichen Leib
belebt, der ohne ſie ein todter Staub der Erde,
fühllos und unbeweglich, gleich Pflanzen und
Steinen, da liegt: — Sollte der Gott, der
unſern Sinnen und Gliedern, hier in der Ver-
einigung mit der Seele, Lebenskraft gab, nicht
unſerm abgeſchiednen Geiſte, deſſen Gedanken
und Empfindungen nicht an dieſe Gebeine vom
Staube gebunden ſind, das Vermögen darrei-
chen können, auch ohne ſie thätig zu ſeyn? —

Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0204" n="152"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
men: nein, <hi rendition="#fr">die verklärten Seelen dienen<lb/>
Gott, an &#x017F;einem Throne,</hi> (Offenb. 7, 15.) in<lb/>
Ewigkeit, heilig und ohne Sünde, den Engeln<lb/>
Gottes ähnlich. Aber, eine Ruhe der Freyheit,<lb/>
von aller Mühe der Ge&#x017F;chäfte; von den Schat-<lb/>
ten des &#x017F;innlichen Lebens, welche hier die Er-<lb/>
kenntniß Gottes verhüllen; von aller Schwach-<lb/>
heit des &#x017F;terblichen Körpers, welche hier un&#x017F;re<lb/>
heilig&#x017F;ten Gedanken, un&#x017F;re fe&#x017F;te&#x017F;ten Ent&#x017F;chließun-<lb/>
gen, un&#x017F;re be&#x017F;ten Thaten unterbricht; von allen<lb/>
Hindernißen des Eigennutzes und der Bosheit,<lb/>
die &#x017F;ich uns hier entgegen&#x017F;etzen. Mag es immer<lb/>
uns hier unerklärbar bleiben, wie un&#x017F;re Seele,<lb/>
von aller Gemein&#x017F;chaft mit ihrem Körper ge-<lb/>
trennt, für die Ehre ihres Gottes, und die<lb/>
Freude ihrer verklärten Freunde würken könne:<lb/><hi rendition="#fr">un&#x017F;re Seele</hi> i&#x017F;ts ja doch, die den &#x017F;innlichen Leib<lb/>
belebt, der ohne &#x017F;ie ein todter Staub der Erde,<lb/>
fühllos und unbeweglich, gleich Pflanzen und<lb/>
Steinen, da liegt: &#x2014; Sollte der Gott, der<lb/>
un&#x017F;ern Sinnen und Gliedern, hier in der Ver-<lb/>
einigung mit der Seele, Lebenskraft gab, nicht<lb/>
un&#x017F;erm abge&#x017F;chiednen Gei&#x017F;te, de&#x017F;&#x017F;en Gedanken<lb/>
und Empfindungen nicht an die&#x017F;e Gebeine vom<lb/>
Staube gebunden &#x017F;ind, das Vermögen darrei-<lb/>
chen können, auch ohne &#x017F;ie thätig zu &#x017F;eyn? &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0204] men: nein, die verklärten Seelen dienen Gott, an ſeinem Throne, (Offenb. 7, 15.) in Ewigkeit, heilig und ohne Sünde, den Engeln Gottes ähnlich. Aber, eine Ruhe der Freyheit, von aller Mühe der Geſchäfte; von den Schat- ten des ſinnlichen Lebens, welche hier die Er- kenntniß Gottes verhüllen; von aller Schwach- heit des ſterblichen Körpers, welche hier unſre heiligſten Gedanken, unſre feſteſten Entſchließun- gen, unſre beſten Thaten unterbricht; von allen Hindernißen des Eigennutzes und der Bosheit, die ſich uns hier entgegenſetzen. Mag es immer uns hier unerklärbar bleiben, wie unſre Seele, von aller Gemeinſchaft mit ihrem Körper ge- trennt, für die Ehre ihres Gottes, und die Freude ihrer verklärten Freunde würken könne: unſre Seele iſts ja doch, die den ſinnlichen Leib belebt, der ohne ſie ein todter Staub der Erde, fühllos und unbeweglich, gleich Pflanzen und Steinen, da liegt: — Sollte der Gott, der unſern Sinnen und Gliedern, hier in der Ver- einigung mit der Seele, Lebenskraft gab, nicht unſerm abgeſchiednen Geiſte, deſſen Gedanken und Empfindungen nicht an dieſe Gebeine vom Staube gebunden ſind, das Vermögen darrei- chen können, auch ohne ſie thätig zu ſeyn? — Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/204
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/204>, abgerufen am 25.06.2024.