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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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ten der Verklärten, und bringt ihre Garben,
und sieht den Saamen ihrer guten Thaten zu
unvergänglichen Früchten reifen: -- das ist
die Ruhe, die dem Volke Gottes verheißen
ist:
die Ruhe, zu der alle Todten, die im
Herrn starben, eingegangen sind; die lezte selig-
ste Ruhe,
die wir mit sehnlicher Hoffnung, auf
das Wort unsers Gottes, im Grabe erwarten.
Sanfter ist sie, als der Schlummer dem Mü-
den: denn, nur seine sinnliche Glieder ruhn
von der Arbeit; seine Seele, von den Banden
des sinnlichen Leibes gefeßelt, genießt dann kei-
ner Ruhe, und er erwacht noch immer wieder,
zu Tagen der Mühe. Seliger ist sie, als dem
Siechhaften der Augenblick, wo sein Schmerz
stille wird, und dem Geängsteten die Stunde,
wenn die Gefahr vorüber ist, und dem Leidenden
der Tag, an dem seine Trauer sich in Freude ver-
wandelt: denn, hier im Lande der Prüfung schwe-
ben wir immer noch im ewigen Wechsel, zwi-
schen Schmerz und Erquickung, Furcht und
Hoffnung, Freude und Traurigkeit. Sanfter
und seliger ist die Ruhe der vollendeten Ge-
rechten:
Nicht eine Ruhe, wie sie sich der Trä-
ge wünscht, gedankenlos, ohne Beschäftigung,
im Schooß der sinnlichen Freuden zu verträu-

men:
K 4



ten der Verklärten, und bringt ihre Garben,
und ſieht den Saamen ihrer guten Thaten zu
unvergänglichen Früchten reifen: — das iſt
die Ruhe, die dem Volke Gottes verheißen
iſt:
die Ruhe, zu der alle Todten, die im
Herrn ſtarben, eingegangen ſind; die lezte ſelig-
ſte Ruhe,
die wir mit ſehnlicher Hoffnung, auf
das Wort unſers Gottes, im Grabe erwarten.
Sanfter iſt ſie, als der Schlummer dem Mü-
den: denn, nur ſeine ſinnliche Glieder ruhn
von der Arbeit; ſeine Seele, von den Banden
des ſinnlichen Leibes gefeßelt, genießt dann kei-
ner Ruhe, und er erwacht noch immer wieder,
zu Tagen der Mühe. Seliger iſt ſie, als dem
Siechhaften der Augenblick, wo ſein Schmerz
ſtille wird, und dem Geängſteten die Stunde,
wenn die Gefahr vorüber iſt, und dem Leidenden
der Tag, an dem ſeine Trauer ſich in Freude ver-
wandelt: denn, hier im Lande der Prüfung ſchwe-
ben wir immer noch im ewigen Wechſel, zwi-
ſchen Schmerz und Erquickung, Furcht und
Hoffnung, Freude und Traurigkeit. Sanfter
und ſeliger iſt die Ruhe der vollendeten Ge-
rechten:
Nicht eine Ruhe, wie ſie ſich der Trä-
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[151/0203] ten der Verklärten, und bringt ihre Garben, und ſieht den Saamen ihrer guten Thaten zu unvergänglichen Früchten reifen: — das iſt die Ruhe, die dem Volke Gottes verheißen iſt: die Ruhe, zu der alle Todten, die im Herrn ſtarben, eingegangen ſind; die lezte ſelig- ſte Ruhe, die wir mit ſehnlicher Hoffnung, auf das Wort unſers Gottes, im Grabe erwarten. Sanfter iſt ſie, als der Schlummer dem Mü- den: denn, nur ſeine ſinnliche Glieder ruhn von der Arbeit; ſeine Seele, von den Banden des ſinnlichen Leibes gefeßelt, genießt dann kei- ner Ruhe, und er erwacht noch immer wieder, zu Tagen der Mühe. Seliger iſt ſie, als dem Siechhaften der Augenblick, wo ſein Schmerz ſtille wird, und dem Geängſteten die Stunde, wenn die Gefahr vorüber iſt, und dem Leidenden der Tag, an dem ſeine Trauer ſich in Freude ver- wandelt: denn, hier im Lande der Prüfung ſchwe- ben wir immer noch im ewigen Wechſel, zwi- ſchen Schmerz und Erquickung, Furcht und Hoffnung, Freude und Traurigkeit. Sanfter und ſeliger iſt die Ruhe der vollendeten Ge- rechten: Nicht eine Ruhe, wie ſie ſich der Trä- ge wünſcht, gedankenlos, ohne Beſchäftigung, im Schooß der ſinnlichen Freuden zu verträu- men: K 4

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/203>, abgerufen am 25.06.2024.