Gottes. Daß wir aber so gar nicht ihre un- glückseligen Folgen fühlen sollten, so lange wir doch noch immer einen Saamen derselben im Herzen hegen, der so manche Gott mißfällige Früchte trägt: das läßet sich von der Allmacht unsers Gottes nicht erwarten, von seiner Weis- heit und Liebe nicht hoffen Denn, die Sünde ist ja nichts anders, als: Abweichung vom Wege der Freude und Glückseligkeit: wo Sünde ist, da ist Elend unzertrennlich, und dies Elend muß uns die Sünde verleiden. Sind denn wir nicht alle, in Gottes Augen, was in den unsrigen der Aermste und Verlaßenste unsrer Mitbrüder, von Schmerzen und Sorgen und Kummer tiefgequält, nur immer seyn kann. Die sinnlichen Freuden unsers äussern Lebens, auch im reichsten Maaße genoßen: was für Er- holung, was für Leben, und Zufriedenheit, und Freude und Hoffnung, gewähren sie, für sich allein, unsrer unsterblichen Seele? wie laßen sie uns so unbefriedigt durch ihre Mängel! wie betrüben sie uns durch ihren Wechsel und der sinnlich gesinnte Mensch, der, dieser Unzulänglich- keit und dieses Unbestandes uneingedenk, sich so ganz in diesen Eitelkeiten ermüdet, als fände er in ihnen seine höchste Glückseligkeit, und über
sie
Gottes. Daß wir aber ſo gar nicht ihre un- glückſeligen Folgen fühlen ſollten, ſo lange wir doch noch immer einen Saamen derſelben im Herzen hegen, der ſo manche Gott mißfällige Früchte trägt: das läßet ſich von der Allmacht unſers Gottes nicht erwarten, von ſeiner Weis- heit und Liebe nicht hoffen Denn, die Sünde iſt ja nichts anders, als: Abweichung vom Wege der Freude und Glückſeligkeit: wo Sünde iſt, da iſt Elend unzertrennlich, und dies Elend muß uns die Sünde verleiden. Sind denn wir nicht alle, in Gottes Augen, was in den unſrigen der Aermſte und Verlaßenſte unſrer Mitbrüder, von Schmerzen und Sorgen und Kummer tiefgequält, nur immer ſeyn kann. Die ſinnlichen Freuden unſers äuſſern Lebens, auch im reichſten Maaße genoßen: was für Er- holung, was für Leben, und Zufriedenheit, und Freude und Hoffnung, gewähren ſie, für ſich allein, unſrer unſterblichen Seele? wie laßen ſie uns ſo unbefriedigt durch ihre Mängel! wie betrüben ſie uns durch ihren Wechſel und der ſinnlich geſinnte Menſch, der, dieſer Unzulänglich- keit und dieſes Unbeſtandes uneingedenk, ſich ſo ganz in dieſen Eitelkeiten ermüdet, als fände er in ihnen ſeine höchſte Glückſeligkeit, und über
ſie
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Gottes. Daß wir aber ſo gar nicht ihre un-
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doch noch immer einen Saamen derſelben im
Herzen hegen, der ſo manche Gott mißfällige
Früchte trägt: das läßet ſich von der Allmacht
unſers Gottes nicht erwarten, von ſeiner Weis-
heit und Liebe nicht hoffen Denn, die Sünde
iſt ja nichts anders, als: Abweichung vom
Wege der Freude und Glückſeligkeit: wo
Sünde iſt, da iſt Elend unzertrennlich, und dies
Elend muß uns die Sünde verleiden. Sind
denn wir nicht alle, in Gottes Augen, was in
den unſrigen der Aermſte und Verlaßenſte unſrer
Mitbrüder, von Schmerzen und Sorgen und
Kummer tiefgequält, nur immer ſeyn kann.
Die ſinnlichen Freuden unſers äuſſern Lebens,
auch im reichſten Maaße genoßen: was für Er-
holung, was für Leben, und Zufriedenheit, und
Freude und Hoffnung, gewähren ſie, für ſich
allein, unſrer unſterblichen Seele? wie laßen
ſie uns ſo unbefriedigt durch ihre Mängel! wie
betrüben ſie uns durch ihren Wechſel und der
ſinnlich geſinnte Menſch, der, dieſer Unzulänglich-
keit und dieſes Unbeſtandes uneingedenk, ſich ſo
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/177>, abgerufen am 16.02.2025.
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