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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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ihren Tiefen wimmeln: -- -- alles, alles ist
für dich. Denn du, meine Seele, du allein unter
allen sichtbaren Geschöpfen, kannst es verstehn
und fühlen, wie schön Gottes Welt sey; du al-
lein, in der Mannigfaltigkeit, und Ordnung,
und Freude aller Creaturen, die Weisheit und
Güte ihres Schöpfers abgebildet sehn; du nur,
kannst in jedem Wohllaute der Natur, seine
Stimme hören; du, jede entflohne Freude ins
Gedächtniß zurücke rufen, sie noch einmal zu
genießen; du, der unbegränztesten Zukunft ent-
gegensehn, und tausend nie genoßne Freuden
vorempfinden. Vergiß es nicht, meine Seele,
wie große Dinge dein Gott an dir gethan
hat!

Wen denkst du? wenn nennst du, in ihm?
du denkst, du nennst deinen Erhalter; der dich
in seinen Händen trägt, wie du einen schwachen
Säugling in den deinigen: deinen Erhalter, oh-
ne den der erste glimmende Funken deines Lebens
sogleich wieder erloschen wäre, ohne den die
ungebildete Anlage in dir, nie bis zu einem ein-
zigen vernünftigen Gedanken, nie zu einem ein-
zigen Freudengefühl ausgebildet, oder vielleicht,
durch einen unglücklichen Wahnsinn, schon wie-

der
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ihren Tiefen wimmeln: — — alles, alles iſt
für dich. Denn du, meine Seele, du allein unter
allen ſichtbaren Geſchöpfen, kannſt es verſtehn
und fühlen, wie ſchön Gottes Welt ſey; du al-
lein, in der Mannigfaltigkeit, und Ordnung,
und Freude aller Creaturen, die Weisheit und
Güte ihres Schöpfers abgebildet ſehn; du nur,
kannſt in jedem Wohllaute der Natur, ſeine
Stimme hören; du, jede entflohne Freude ins
Gedächtniß zurücke rufen, ſie noch einmal zu
genießen; du, der unbegränzteſten Zukunft ent-
gegenſehn, und tauſend nie genoßne Freuden
vorempfinden. Vergiß es nicht, meine Seele,
wie große Dinge dein Gott an dir gethan
hat!

Wen denkſt du? wenn nennſt du, in ihm?
du denkſt, du nennſt deinen Erhalter; der dich
in ſeinen Händen trägt, wie du einen ſchwachen
Säugling in den deinigen: deinen Erhalter, oh-
ne den der erſte glimmende Funken deines Lebens
ſogleich wieder erloſchen wäre, ohne den die
ungebildete Anlage in dir, nie bis zu einem ein-
zigen vernünftigen Gedanken, nie zu einem ein-
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durch einen unglücklichen Wahnſinn, ſchon wie-

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[49/0101] ihren Tiefen wimmeln: — — alles, alles iſt für dich. Denn du, meine Seele, du allein unter allen ſichtbaren Geſchöpfen, kannſt es verſtehn und fühlen, wie ſchön Gottes Welt ſey; du al- lein, in der Mannigfaltigkeit, und Ordnung, und Freude aller Creaturen, die Weisheit und Güte ihres Schöpfers abgebildet ſehn; du nur, kannſt in jedem Wohllaute der Natur, ſeine Stimme hören; du, jede entflohne Freude ins Gedächtniß zurücke rufen, ſie noch einmal zu genießen; du, der unbegränzteſten Zukunft ent- gegenſehn, und tauſend nie genoßne Freuden vorempfinden. Vergiß es nicht, meine Seele, wie große Dinge dein Gott an dir gethan hat! Wen denkſt du? wenn nennſt du, in ihm? du denkſt, du nennſt deinen Erhalter; der dich in ſeinen Händen trägt, wie du einen ſchwachen Säugling in den deinigen: deinen Erhalter, oh- ne den der erſte glimmende Funken deines Lebens ſogleich wieder erloſchen wäre, ohne den die ungebildete Anlage in dir, nie bis zu einem ein- zigen vernünftigen Gedanken, nie zu einem ein- zigen Freudengefühl ausgebildet, oder vielleicht, durch einen unglücklichen Wahnſinn, ſchon wie- der D

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/101>, abgerufen am 24.11.2024.