Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 1. H. Von der ersten Gemeinsch.
Sachen, welche unter unsern sich be-
finden, oder das, was wir andern
schuldig sind;
und daher kann man nicht
sagen, ob und wieviel einer habe, bis
die Schulden abgezogen sind.
Alle Gü-
ter zusammen genommen, oder alle dasjeni-
ge, was unser ist, heist man das Vermö-
gen
(patrimonium), und dieses ist entweder
groß (amplum), oder geringe (tenue),
nachdem es viele, oder wenige Güter in sich
begreift.

§. 208.
Von der
Sorge
für sein
Vermö-
gen.

Das Vermögen eines Menschen gehört zu
seinem äusserlichen Zustande (§. 8. 207.).
Derowegen da wir schuldig sind unsern äusse-
ren Zustand so vollkommen zu machen, als in
unserer Gewalt stehet (§. 43.); so sind wir
verbunden unser Vermögen zu erhal-
ten und, so viel an uns ist, zu vermeh-
ren.
Derowegen da derjenige, welcher sein
Hab und Gut durch Mißbrauch vermindert,
sein Vermögen verschwendet; so soll
folgends niemand das Seine verschwen-
den
(§. 207.). Ja man schließt auch daher,
daß derjenige, welcher ein grosses Ver-
mögen besitzet, deswegen nicht müßig
seyn dürfe.
Denn auch derselbe stehet un-
ter der natürlichen Verbindlichkeit, welche
allen die Nothwendigkeit zu arbeiten aufer-
legt, und niemanden müßig zu gehen erlaubt
(§. 124.); welches auch daraus erhellet, daß
diese Verbindlichkeit unveränderlich ist (§. 38.

42.).

II. Th. 1. H. Von der erſten Gemeinſch.
Sachen, welche unter unſern ſich be-
finden, oder das, was wir andern
ſchuldig ſind;
und daher kann man nicht
ſagen, ob und wieviel einer habe, bis
die Schulden abgezogen ſind.
Alle Guͤ-
ter zuſammen genommen, oder alle dasjeni-
ge, was unſer iſt, heiſt man das Vermoͤ-
gen
(patrimonium), und dieſes iſt entweder
groß (amplum), oder geringe (tenue),
nachdem es viele, oder wenige Guͤter in ſich
begreift.

§. 208.
Von der
Sorge
fuͤr ſein
Vermoͤ-
gen.

Das Vermoͤgen eines Menſchen gehoͤrt zu
ſeinem aͤuſſerlichen Zuſtande (§. 8. 207.).
Derowegen da wir ſchuldig ſind unſern aͤuſſe-
ren Zuſtand ſo vollkommen zu machen, als in
unſerer Gewalt ſtehet (§. 43.); ſo ſind wir
verbunden unſer Vermoͤgen zu erhal-
ten und, ſo viel an uns iſt, zu vermeh-
ren.
Derowegen da derjenige, welcher ſein
Hab und Gut durch Mißbrauch vermindert,
ſein Vermoͤgen verſchwendet; ſo ſoll
folgends niemand das Seine verſchwen-
den
(§. 207.). Ja man ſchließt auch daher,
daß derjenige, welcher ein groſſes Ver-
moͤgen beſitzet, deswegen nicht muͤßig
ſeyn duͤrfe.
Denn auch derſelbe ſtehet un-
ter der natuͤrlichen Verbindlichkeit, welche
allen die Nothwendigkeit zu arbeiten aufer-
legt, und niemanden muͤßig zu gehen erlaubt
(§. 124.); welches auch daraus erhellet, daß
dieſe Verbindlichkeit unveraͤnderlich iſt (§. 38.

42.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0168" n="132"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 1. H. Von der er&#x017F;ten Gemein&#x017F;ch.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Sachen, welche unter un&#x017F;ern &#x017F;ich be-<lb/>
finden, oder das, was wir andern<lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;ind;</hi> und daher <hi rendition="#fr">kann man nicht<lb/>
&#x017F;agen, ob und wieviel einer habe, bis<lb/>
die Schulden abgezogen &#x017F;ind.</hi> Alle Gu&#x0364;-<lb/>
ter zu&#x017F;ammen genommen, oder alle dasjeni-<lb/>
ge, was un&#x017F;er i&#x017F;t, hei&#x017F;t man <hi rendition="#fr">das Vermo&#x0364;-<lb/>
gen</hi> <hi rendition="#aq">(patrimonium),</hi> und die&#x017F;es i&#x017F;t entweder<lb/><hi rendition="#fr">groß</hi> <hi rendition="#aq">(amplum),</hi> oder <hi rendition="#fr">geringe</hi> <hi rendition="#aq">(tenue),</hi><lb/>
nachdem es viele, oder wenige Gu&#x0364;ter in &#x017F;ich<lb/>
begreift.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 208.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
Sorge<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ein<lb/>
Vermo&#x0364;-<lb/>
gen.</note>
              <p>Das Vermo&#x0364;gen eines Men&#x017F;chen geho&#x0364;rt zu<lb/>
&#x017F;einem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Zu&#x017F;tande (§. 8. 207.).<lb/>
Derowegen da wir &#x017F;chuldig &#x017F;ind un&#x017F;ern a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
ren Zu&#x017F;tand &#x017F;o vollkommen zu machen, als in<lb/>
un&#x017F;erer Gewalt &#x017F;tehet (§. 43.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">&#x017F;ind wir<lb/>
verbunden un&#x017F;er Vermo&#x0364;gen zu erhal-<lb/>
ten und, &#x017F;o viel an uns i&#x017F;t, zu vermeh-<lb/>
ren.</hi> Derowegen da derjenige, welcher &#x017F;ein<lb/>
Hab und Gut durch Mißbrauch vermindert,<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ein Vermo&#x0364;gen ver&#x017F;chwendet;</hi> &#x017F;o <hi rendition="#fr">&#x017F;oll</hi><lb/>
folgends <hi rendition="#fr">niemand das Seine ver&#x017F;chwen-<lb/>
den</hi> (§. 207.). Ja man &#x017F;chließt auch daher,<lb/><hi rendition="#fr">daß derjenige, welcher ein gro&#x017F;&#x017F;es Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen be&#x017F;itzet, deswegen nicht mu&#x0364;ßig<lb/>
&#x017F;eyn du&#x0364;rfe.</hi> Denn auch der&#x017F;elbe &#x017F;tehet un-<lb/>
ter der natu&#x0364;rlichen Verbindlichkeit, welche<lb/>
allen die Nothwendigkeit zu arbeiten aufer-<lb/>
legt, und niemanden mu&#x0364;ßig zu gehen erlaubt<lb/>
(§. 124.); welches auch daraus erhellet, daß<lb/>
die&#x017F;e Verbindlichkeit unvera&#x0364;nderlich i&#x017F;t (§. 38.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">42.).</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0168] II. Th. 1. H. Von der erſten Gemeinſch. Sachen, welche unter unſern ſich be- finden, oder das, was wir andern ſchuldig ſind; und daher kann man nicht ſagen, ob und wieviel einer habe, bis die Schulden abgezogen ſind. Alle Guͤ- ter zuſammen genommen, oder alle dasjeni- ge, was unſer iſt, heiſt man das Vermoͤ- gen (patrimonium), und dieſes iſt entweder groß (amplum), oder geringe (tenue), nachdem es viele, oder wenige Guͤter in ſich begreift. §. 208. Das Vermoͤgen eines Menſchen gehoͤrt zu ſeinem aͤuſſerlichen Zuſtande (§. 8. 207.). Derowegen da wir ſchuldig ſind unſern aͤuſſe- ren Zuſtand ſo vollkommen zu machen, als in unſerer Gewalt ſtehet (§. 43.); ſo ſind wir verbunden unſer Vermoͤgen zu erhal- ten und, ſo viel an uns iſt, zu vermeh- ren. Derowegen da derjenige, welcher ſein Hab und Gut durch Mißbrauch vermindert, ſein Vermoͤgen verſchwendet; ſo ſoll folgends niemand das Seine verſchwen- den (§. 207.). Ja man ſchließt auch daher, daß derjenige, welcher ein groſſes Ver- moͤgen beſitzet, deswegen nicht muͤßig ſeyn duͤrfe. Denn auch derſelbe ſtehet un- ter der natuͤrlichen Verbindlichkeit, welche allen die Nothwendigkeit zu arbeiten aufer- legt, und niemanden muͤßig zu gehen erlaubt (§. 124.); welches auch daraus erhellet, daß dieſe Verbindlichkeit unveraͤnderlich iſt (§. 38. 42.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/168
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/168>, abgerufen am 23.11.2024.