Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Prädelineation.
pen gewesen; so muß sich bey diesen neuen Anstal-
ten, die die Natur bey den filicibus macht, wie-
derum nichts anders als eine bloße Verwahrung
der jungen Theile sehen lassen. Nun finden Sie
aber an statt der Knospen hier weiter nichts, als
eine Art von Aufrollung des ganzen Blattes in ei-
ne oder etliche Kugeln, wodurch die jüngere Thei-
le im Mittelpunkt, die älteren aber an der äuße-
ren Fläche herum zu liegen kommen, und Sie se-
hen also, daß auch hier wiederum sich nichts an-
ders als eine sorgfältige Verwahrung der jungen
zarten Theile wahrnehmen läst. Wie können Sie
denn also auf die Gedanken gerathen, als wenn
diese Entwickelung der jüngern Theile in den äl-
tern darum in den Pflanzen oder Jnseckten sich so
zeigte, weil von je her dieselben darin eingewickelt
gelegen hätten.

Bisher habe ich gesagt, Sie können mir in
der ganzen Natur kein einziges Exempel einer Er-
scheinung aufweisen, die durch eine Evolution zum
Vorschein gebracht würde, sondern alle Erschei-
nungen, die in der Welt statt finden, werden
durch physische Ursachen im genauesten und voll-
ständigsten Verstande producirt oder herfürge-
bracht.
Sie haben darauf von Pflanzen und
Jnseckten und Verwandlung geredet. Und ich
habe geantwortet, daß diese Einwickelung, die bey
den Pflanzen so wohl, als bey den Jnseckten aller-
dings statt findet, himmelweit von einer solchen
Entwickelung, wie sie in der Hypothese angenom-

men
D 2

von der Praͤdelineation.
pen geweſen; ſo muß ſich bey dieſen neuen Anſtal-
ten, die die Natur bey den filicibus macht, wie-
derum nichts anders als eine bloße Verwahrung
der jungen Theile ſehen laſſen. Nun finden Sie
aber an ſtatt der Knoſpen hier weiter nichts, als
eine Art von Aufrollung des ganzen Blattes in ei-
ne oder etliche Kugeln, wodurch die juͤngere Thei-
le im Mittelpunkt, die aͤlteren aber an der aͤuße-
ren Flaͤche herum zu liegen kommen, und Sie ſe-
hen alſo, daß auch hier wiederum ſich nichts an-
ders als eine ſorgfaͤltige Verwahrung der jungen
zarten Theile wahrnehmen laͤſt. Wie koͤnnen Sie
denn alſo auf die Gedanken gerathen, als wenn
dieſe Entwickelung der juͤngern Theile in den aͤl-
tern darum in den Pflanzen oder Jnſeckten ſich ſo
zeigte, weil von je her dieſelben darin eingewickelt
gelegen haͤtten.

Bisher habe ich geſagt, Sie koͤnnen mir in
der ganzen Natur kein einziges Exempel einer Er-
ſcheinung aufweiſen, die durch eine Evolution zum
Vorſchein gebracht wuͤrde, ſondern alle Erſchei-
nungen, die in der Welt ſtatt finden, werden
durch phyſiſche Urſachen im genaueſten und voll-
ſtaͤndigſten Verſtande producirt oder herfuͤrge-
bracht.
Sie haben darauf von Pflanzen und
Jnſeckten und Verwandlung geredet. Und ich
habe geantwortet, daß dieſe Einwickelung, die bey
den Pflanzen ſo wohl, als bey den Jnſeckten aller-
dings ſtatt findet, himmelweit von einer ſolchen
Entwickelung, wie ſie in der Hypotheſe angenom-

men
D 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0073" n="51"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der Pra&#x0364;delineation.</hi></fw><lb/>
pen gewe&#x017F;en; &#x017F;o muß &#x017F;ich bey die&#x017F;en neuen An&#x017F;tal-<lb/>
ten, die die Natur bey den <hi rendition="#aq">filicibus</hi> macht, wie-<lb/>
derum nichts anders als eine bloße Verwahrung<lb/>
der jungen Theile &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en. Nun finden Sie<lb/>
aber an &#x017F;tatt der Kno&#x017F;pen hier weiter nichts, als<lb/>
eine Art von Aufrollung des ganzen Blattes in ei-<lb/>
ne oder etliche Kugeln, wodurch die ju&#x0364;ngere Thei-<lb/>
le im Mittelpunkt, die a&#x0364;lteren aber an der a&#x0364;uße-<lb/>
ren Fla&#x0364;che herum zu liegen kommen, und Sie &#x017F;e-<lb/>
hen al&#x017F;o, daß auch hier wiederum &#x017F;ich nichts an-<lb/>
ders als eine &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Verwahrung der jungen<lb/>
zarten Theile wahrnehmen la&#x0364;&#x017F;t. Wie ko&#x0364;nnen Sie<lb/>
denn al&#x017F;o auf die Gedanken gerathen, als wenn<lb/>
die&#x017F;e Entwickelung der ju&#x0364;ngern Theile in den a&#x0364;l-<lb/>
tern darum in den Pflanzen oder Jn&#x017F;eckten &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
zeigte, weil von je her die&#x017F;elben darin eingewickelt<lb/>
gelegen ha&#x0364;tten.</p><lb/>
            <p>Bisher habe ich ge&#x017F;agt, Sie ko&#x0364;nnen mir in<lb/>
der ganzen Natur kein einziges Exempel einer Er-<lb/>
&#x017F;cheinung aufwei&#x017F;en, die durch eine Evolution zum<lb/>
Vor&#x017F;chein gebracht wu&#x0364;rde, &#x017F;ondern alle Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen, die in der Welt &#x017F;tatt finden, werden<lb/>
durch phy&#x017F;i&#x017F;che Ur&#x017F;achen im genaue&#x017F;ten und voll-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten Ver&#x017F;tande <hi rendition="#fr">producirt</hi> oder <hi rendition="#fr">herfu&#x0364;rge-<lb/>
bracht.</hi> Sie haben darauf von Pflanzen und<lb/>
Jn&#x017F;eckten und Verwandlung geredet. Und ich<lb/>
habe geantwortet, daß die&#x017F;e Einwickelung, die bey<lb/>
den Pflanzen &#x017F;o wohl, als bey den Jn&#x017F;eckten aller-<lb/>
dings &#x017F;tatt findet, himmelweit von einer &#x017F;olchen<lb/>
Entwickelung, wie &#x017F;ie in der Hypothe&#x017F;e angenom-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0073] von der Praͤdelineation. pen geweſen; ſo muß ſich bey dieſen neuen Anſtal- ten, die die Natur bey den filicibus macht, wie- derum nichts anders als eine bloße Verwahrung der jungen Theile ſehen laſſen. Nun finden Sie aber an ſtatt der Knoſpen hier weiter nichts, als eine Art von Aufrollung des ganzen Blattes in ei- ne oder etliche Kugeln, wodurch die juͤngere Thei- le im Mittelpunkt, die aͤlteren aber an der aͤuße- ren Flaͤche herum zu liegen kommen, und Sie ſe- hen alſo, daß auch hier wiederum ſich nichts an- ders als eine ſorgfaͤltige Verwahrung der jungen zarten Theile wahrnehmen laͤſt. Wie koͤnnen Sie denn alſo auf die Gedanken gerathen, als wenn dieſe Entwickelung der juͤngern Theile in den aͤl- tern darum in den Pflanzen oder Jnſeckten ſich ſo zeigte, weil von je her dieſelben darin eingewickelt gelegen haͤtten. Bisher habe ich geſagt, Sie koͤnnen mir in der ganzen Natur kein einziges Exempel einer Er- ſcheinung aufweiſen, die durch eine Evolution zum Vorſchein gebracht wuͤrde, ſondern alle Erſchei- nungen, die in der Welt ſtatt finden, werden durch phyſiſche Urſachen im genaueſten und voll- ſtaͤndigſten Verſtande producirt oder herfuͤrge- bracht. Sie haben darauf von Pflanzen und Jnſeckten und Verwandlung geredet. Und ich habe geantwortet, daß dieſe Einwickelung, die bey den Pflanzen ſo wohl, als bey den Jnſeckten aller- dings ſtatt findet, himmelweit von einer ſolchen Entwickelung, wie ſie in der Hypotheſe angenom- men D 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/73
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/73>, abgerufen am 27.11.2024.