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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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Nichts anderes als eine Uebertreibung in Bezeichnung kleiner pwo_258.002
Maße ist das, was als Litotes (Geringfügigkeit) besonders bezeichnet pwo_258.003
wird: "ich fröuden kranke", "an werdekeit verzagt" pwo_258.004
u. dgl. Wenn es von dem Knaben Parzival heißt:

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"daz erstracte im seiniu brüstelein",

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so kommt seine zarte Jugend um so schärfer zum Ausdruck.

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Das Streben der Dichterseele nach Gefühlssteigerung kommt auch pwo_258.008
in der Klimax des Ausdrucks zur Geltung, indem vom Nächstliegenden pwo_258.009
zu immer Ungewöhnlicherem aufgestiegen wird.

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Zusammenhängt damit selbst der tautologische Parallelismus des pwo_258.011
altpoetischen Satzbaus, der sich an Heraushebung der wesentlichen pwo_258.012
Personen und Gegenstände nimmer genugthun kann, immer signifikantere pwo_258.013
Begriffserweiterungen
heranschleppt.

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Aus dem Drang, seine starke Empfindung von einer Handlung pwo_258.015
entsprechend eindringlich zu vermitteln, entspringt schließlich die Ergänzung pwo_258.016
des positiven Ausspruchs durch den verneinten Gegensatz:

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"Swem sint kunt diu maere, der sol mich niht verdagen, pwo_258.018
wa ich den künic vinde, daz sol man mir sagen."
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Auch hier ergiebt sich aus der doppelten Negation, noch dazu neben pwo_258.020
der positiven Aussage, eine Verstärkung der Forderung.

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§ 105. pwo_258.022
Der Dichter und das Publikum.
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Ein letztes Mittel, das Seelenleben des Dichters zu erkennen, pwo_258.024
bietet sich in dem Reflex dar, den sein Schaffen in der Seele des pwo_258.025
Publikums hervorruft.

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Auch hier leuchtet ein, wie wenig aus dem Eindruck, den eine pwo_258.027
heutige Dichtung in uns Heutigen erweckt, allgemeingültige oder überhaupt pwo_258.028
zulängliche und klare Vorstellungen von der Wirkung erreichbar pwo_258.029
sind, welche die Dichter zu allen Zeiten auf alle Völker ausgeübt pwo_258.030
haben. Können wir annehmen, daß in der Seele eines germanischen pwo_258.031
Urahnen, als er den Sagen und Sängen der "Edda" pwo_258.032
lauschte, dasselbe vorging, was wir heute bei "Romeo und Julia" pwo_258.033
oder bei "Hermann und Dorothea" oder auch nur bei derselben pwo_258.034
"Edda" empfinden?

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so kommt seine zarte Jugend um so schärfer zum Ausdruck.

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bietet sich in dem Reflex dar, den sein Schaffen in der Seele des pwo_258.025
Publikums hervorruft.

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/272>, abgerufen am 24.11.2024.