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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. XVI. Von Erzeugung
und sie erfüllet (§. 430). Es ist aber inson-
derheit merckwürdig, daß das Blut nicht
in die Lunge gehet, so lange das Kind nicht
Athem hohlet, sondern so gleich aus der
rechten Hertz-Kammer durch die Lungen-
Puls Ader in die grosse Puls-Ader getrie-
ben wird, der übrige Theil aber, der in die
rechte Hertz-Kammer nicht kommen kan,
durch ein rundtes Loch (f[o]ramen ovale) aus
der grossen Hohl-Ader gleich in die Lungen-
Blut-Ader gehet und aus der lincken Hertz-
Kammer in die grosse Puls-Ader fortgetrie-
ben wird (a). So bald aber das Kind zur
Welt gebohren und Athem hohlet, beweget
sich das Geblütte alles aus der rechten Hertz-
Kammer in die Lunge und von dar in die
lincke (§. 415.), und die alten Gänge ver-
fallen und wachsen zu. Die Sache kan
durch nichts anders erwiesen werden, als
daß man es so und nicht anders in der Ana-
tomie
gefunden, wenn man Kinder, die ent-
weder todt gebohren, oder aus verstorbenen
schwangern Weibern geschnitten worden,
seciret.

Woher
die Saa-
men
Thierlein
kommen.

§. 454.

Ehe die Saamen-Thierlein be-
kandt waren, glaubte man die Frucht sey

schon
(a) Bergerus de natura humana lib. 2. c. 2.
p.
484.

Cap. XVI. Von Erzeugung
und ſie erfuͤllet (§. 430). Es iſt aber inſon-
derheit merckwuͤrdig, daß das Blut nicht
in die Lunge gehet, ſo lange das Kind nicht
Athem hohlet, ſondern ſo gleich aus der
rechten Hertz-Kammer durch die Lungen-
Puls Ader in die groſſe Puls-Ader getrie-
ben wird, der uͤbrige Theil aber, der in die
rechte Hertz-Kammer nicht kommen kan,
durch ein rundtes Loch (f[o]ramen ovale) aus
der groſſen Hohl-Ader gleich in die Lungen-
Blut-Ader gehet und aus der lincken Hertz-
Kammer in die groſſe Puls-Ader fortgetrie-
ben wird (a). So bald aber das Kind zur
Welt gebohren und Athem hohlet, beweget
ſich das Gebluͤtte alles aus der rechten Hertz-
Kammer in die Lunge und von dar in die
lincke (§. 415.), und die alten Gaͤnge ver-
fallen und wachſen zu. Die Sache kan
durch nichts anders erwieſen werden, als
daß man es ſo und nicht anders in der Ana-
tomie
gefunden, wenn man Kinder, die ent-
weder todt gebohren, oder aus verſtorbenen
ſchwangern Weibern geſchnitten worden,
ſeciret.

Woher
die Saa-
men
Thierlein
kommen.

§. 454.

Ehe die Saamen-Thierlein be-
kandt waren, glaubte man die Frucht ſey

ſchon
(a) Bergerus de natura humana lib. 2. c. 2.
p.
484.
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[732/0769] Cap. XVI. Von Erzeugung und ſie erfuͤllet (§. 430). Es iſt aber inſon- derheit merckwuͤrdig, daß das Blut nicht in die Lunge gehet, ſo lange das Kind nicht Athem hohlet, ſondern ſo gleich aus der rechten Hertz-Kammer durch die Lungen- Puls Ader in die groſſe Puls-Ader getrie- ben wird, der uͤbrige Theil aber, der in die rechte Hertz-Kammer nicht kommen kan, durch ein rundtes Loch (foramen ovale) aus der groſſen Hohl-Ader gleich in die Lungen- Blut-Ader gehet und aus der lincken Hertz- Kammer in die groſſe Puls-Ader fortgetrie- ben wird (a). So bald aber das Kind zur Welt gebohren und Athem hohlet, beweget ſich das Gebluͤtte alles aus der rechten Hertz- Kammer in die Lunge und von dar in die lincke (§. 415.), und die alten Gaͤnge ver- fallen und wachſen zu. Die Sache kan durch nichts anders erwieſen werden, als daß man es ſo und nicht anders in der Ana- tomie gefunden, wenn man Kinder, die ent- weder todt gebohren, oder aus verſtorbenen ſchwangern Weibern geſchnitten worden, ſeciret. §. 454. Ehe die Saamen-Thierlein be- kandt waren, glaubte man die Frucht ſey ſchon (a) Bergerus de natura humana lib. 2. c. 2. p. 484.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/769>, abgerufen am 22.11.2024.