Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. XVI. Von Erzeugung
sondert worden, die ihre Gänge in die Mut-
ter-Scheide haben, man auch nicht er-
weisen kan, daß sie wie der männliche Saa-
me in die Mutter hinein kommet; ja wir
auch nach diesem sehen werden, daß ohne
dieselbe die Empfängnis sich erklären läs-
set; so hat man nicht gnugsamen Grund,
warumb man sie für einen Saamen anse-
hen will, das ist, für eine Materie, die
mit zur Erzeugung der Frucht erfordert
würde.

Wie die
Em-
pfängnis
geschiehet
§. 442.

Als Harvaeus seine Observati-
onen mit den Thieren der Hirsche und
Tann-Hirsche fleißig anstellte, nahm er um
den 12 und 14 Novembris in der Mutter
ein Eyelein wahr, und ward dadurch ge-
wiß, daß nun die Empfängniß geschehen
war, maassen bekandt, daß die Frucht in
Mutterleibe in Häuten als wie in einem
Eye eingewickelt ist, auch er selbst niemahls
in den ersten Monathen nach der Em-
pfängnis die Frucht anders als wie ein Eye
gefunden (a). Nun trifft man in den Ey-
er-Stöcken
(ovariis), die zu beyden Seiten
der Mutter sind, eben solche Eyerlein, ob
zwar etwas kleiner an. Derowegen war
gleich die Vermuthung, daß sie daraus in
den Leib kommen müssen. Damit man

nun
(a) Exercitat. 69. p. m. 296. conf. p. 303.
304

Cap. XVI. Von Erzeugung
ſondert worden, die ihre Gaͤnge in die Mut-
ter-Scheide haben, man auch nicht er-
weiſen kan, daß ſie wie der maͤnnliche Saa-
me in die Mutter hinein kommet; ja wir
auch nach dieſem ſehen werden, daß ohne
dieſelbe die Empfaͤngnis ſich erklaͤren laͤſ-
ſet; ſo hat man nicht gnugſamen Grund,
warumb man ſie fuͤr einen Saamen anſe-
hen will, das iſt, fuͤr eine Materie, die
mit zur Erzeugung der Frucht erfordert
wuͤrde.

Wie die
Em-
pfaͤngnis
geſchiehet
§. 442.

Als Harvæus ſeine Obſervati-
onen mit den Thieren der Hirſche und
Tann-Hirſche fleißig anſtellte, nahm er um
den 12 und 14 Novembris in der Mutter
ein Eyelein wahr, und ward dadurch ge-
wiß, daß nun die Empfaͤngniß geſchehen
war, maaſſen bekandt, daß die Frucht in
Mutterleibe in Haͤuten als wie in einem
Eye eingewickelt iſt, auch er ſelbſt niemahls
in den erſten Monathen nach der Em-
pfaͤngnis die Frucht anders als wie ein Eye
gefunden (a). Nun trifft man in den Ey-
er-Stoͤcken
(ovariis), die zu beyden Seiten
der Mutter ſind, eben ſolche Eyerlein, ob
zwar etwas kleiner an. Derowegen war
gleich die Vermuthung, daß ſie daraus in
den Leib kommen muͤſſen. Damit man

nun
(a) Exercitat. 69. p. m. 296. conf. p. 303.
304
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0750" n="714"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XVI.</hi> Von Erzeugung</hi></fw><lb/>
&#x017F;ondert worden, die ihre Ga&#x0364;nge in die Mut-<lb/>
ter-Scheide haben, man auch nicht er-<lb/>
wei&#x017F;en kan, daß &#x017F;ie wie der ma&#x0364;nnliche Saa-<lb/>
me in die Mutter hinein kommet; ja wir<lb/>
auch nach die&#x017F;em &#x017F;ehen werden, daß ohne<lb/>
die&#x017F;elbe die Empfa&#x0364;ngnis &#x017F;ich erkla&#x0364;ren la&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et; &#x017F;o hat man nicht gnug&#x017F;amen Grund,<lb/>
warumb man &#x017F;ie fu&#x0364;r einen Saamen an&#x017F;e-<lb/>
hen will, das i&#x017F;t, fu&#x0364;r eine Materie, die<lb/>
mit zur Erzeugung der Frucht erfordert<lb/>
wu&#x0364;rde.</p><lb/>
              <note place="left">Wie die<lb/>
Em-<lb/>
pfa&#x0364;ngnis<lb/>
ge&#x017F;chiehet</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 442.</head>
              <p>Als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Harvæus</hi></hi> &#x017F;eine Ob&#x017F;ervati-<lb/>
onen mit den Thieren der Hir&#x017F;che und<lb/>
Tann-Hir&#x017F;che fleißig an&#x017F;tellte, nahm er um<lb/>
den 12 und 14 Novembris in der Mutter<lb/>
ein Eyelein wahr, und ward dadurch ge-<lb/>
wiß, daß nun die Empfa&#x0364;ngniß ge&#x017F;chehen<lb/>
war, maa&#x017F;&#x017F;en bekandt, daß die Frucht in<lb/>
Mutterleibe in Ha&#x0364;uten als wie in einem<lb/>
Eye eingewickelt i&#x017F;t, auch er &#x017F;elb&#x017F;t niemahls<lb/>
in den er&#x017F;ten Monathen nach der Em-<lb/>
pfa&#x0364;ngnis die Frucht anders als wie ein Eye<lb/>
gefunden <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Exercitat. 69. p. m. 296. conf. p.</hi> 303.<lb/>
304</note>. Nun trifft man in den <hi rendition="#fr">Ey-<lb/>
er-Sto&#x0364;cken</hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ovariis</hi></hi>), die zu beyden Seiten<lb/>
der Mutter &#x017F;ind, eben &#x017F;olche Eyerlein, ob<lb/>
zwar etwas kleiner an. Derowegen war<lb/>
gleich die Vermuthung, daß &#x017F;ie daraus in<lb/>
den Leib kommen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Damit man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nun</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[714/0750] Cap. XVI. Von Erzeugung ſondert worden, die ihre Gaͤnge in die Mut- ter-Scheide haben, man auch nicht er- weiſen kan, daß ſie wie der maͤnnliche Saa- me in die Mutter hinein kommet; ja wir auch nach dieſem ſehen werden, daß ohne dieſelbe die Empfaͤngnis ſich erklaͤren laͤſ- ſet; ſo hat man nicht gnugſamen Grund, warumb man ſie fuͤr einen Saamen anſe- hen will, das iſt, fuͤr eine Materie, die mit zur Erzeugung der Frucht erfordert wuͤrde. §. 442. Als Harvæus ſeine Obſervati- onen mit den Thieren der Hirſche und Tann-Hirſche fleißig anſtellte, nahm er um den 12 und 14 Novembris in der Mutter ein Eyelein wahr, und ward dadurch ge- wiß, daß nun die Empfaͤngniß geſchehen war, maaſſen bekandt, daß die Frucht in Mutterleibe in Haͤuten als wie in einem Eye eingewickelt iſt, auch er ſelbſt niemahls in den erſten Monathen nach der Em- pfaͤngnis die Frucht anders als wie ein Eye gefunden (a). Nun trifft man in den Ey- er-Stoͤcken (ovariis), die zu beyden Seiten der Mutter ſind, eben ſolche Eyerlein, ob zwar etwas kleiner an. Derowegen war gleich die Vermuthung, daß ſie daraus in den Leib kommen muͤſſen. Damit man nun (a) Exercitat. 69. p. m. 296. conf. p. 303. 304

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/750
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/750>, abgerufen am 17.06.2024.