gang (Labyrintum), darinnen sonderlich in der Schnecken-förmigen Wendung (cochlea) der Schall wie in einem Sprach- Rohre verstärcket wird. Die innersten Höhlen sind mit ausgespannten Nerven be- kleidet, die der Schall berühret, wie das Licht das netzförmliche Häutlein im Auge, und die daselbst verursachte Bewegung wird zu dem Gehirne fortgebracht (§. 778. Met.) Und hierinnen bestehet die Ver- änderung, welche sich in dem Leibe ereignet, indem wir hören. Aus dem Gehör-Gan- ge gehet eine theils beinerne, theils knorp- liche Röhre in den Mund, und dieses ist die Ursache, warumb man durch den Mund hören kan, auch einige sich angewöhnen, das Maul und die Nasen aufzusperren, wenn sie recht hören wollen. Wir dörffen uns nicht befremden lassen, daß die Lufft durch ihre Berührung den Nerven so vielerley unter- schiedene Bewegungen mittheilen kan, als sich Unterscheid in dem Schalle findet: denn wir haben es ja auch nicht anders bey dem Auge gefunden, wo das Licht den Nerven so einen grossen Unterscheid in der Bewe- gung gewähret als wir bey den Sachen wahrnehmen, die wir sehen.
§. 428.
Der Schall wird durch die LufftWie der Schall durch die Lufft fort- gebracht wird. fortgebracht (§. 6. T. III. Exper.), indem in den kleinen Cörperlein eines klingenden Cörpers eine Erschütterung entstehet, wo-
durch
(Physik) X x
Cap. XIV. Von den Sinnen.
gang (Labyrintum), darinnen ſonderlich in der Schnecken-foͤrmigen Wendung (cochlea) der Schall wie in einem Sprach- Rohre verſtaͤrcket wird. Die innerſten Hoͤhlen ſind mit ausgeſpannten Nerven be- kleidet, die der Schall beruͤhret, wie das Licht das netzfoͤrmliche Haͤutlein im Auge, und die daſelbſt verurſachte Bewegung wird zu dem Gehirne fortgebracht (§. 778. Met.) Und hierinnen beſtehet die Ver- aͤnderung, welche ſich in dem Leibe ereignet, indem wir hoͤren. Aus dem Gehoͤr-Gan- ge gehet eine theils beinerne, theils knorp- liche Roͤhre in den Mund, und dieſes iſt die Urſache, warumb man durch den Mund hoͤren kan, auch einige ſich angewoͤhnen, das Maul und die Naſen aufzuſperren, wenn ſie recht hoͤren wollen. Wir doͤrffen uns nicht befremden laſſen, daß die Lufft durch ihre Beruͤhrung den Nerven ſo vielerley unter- ſchiedene Bewegungen mittheilen kan, als ſich Unterſcheid in dem Schalle findet: denn wir haben es ja auch nicht anders bey dem Auge gefunden, wo das Licht den Nerven ſo einen groſſen Unterſcheid in der Bewe- gung gewaͤhret als wir bey den Sachen wahrnehmen, die wir ſehen.
§. 428.
Der Schall wird durch die LufftWie der Schall durch die Lufft fort- gebracht wird. fortgebracht (§. 6. T. III. Exper.), indem in den kleinen Coͤrperlein eines klingenden Coͤrpers eine Erſchuͤtterung entſtehet, wo-
durch
(Phyſik) X x
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0725"n="689"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. XIV.</hi> Von den Sinnen.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">gang</hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">Labyrintum</hi></hi>), darinnen ſonderlich<lb/>
in <hirendition="#fr">der Schnecken-foͤrmigen Wendung</hi><lb/>
(<hirendition="#aq"><hirendition="#i">cochlea</hi></hi>) der Schall wie in einem Sprach-<lb/>
Rohre verſtaͤrcket wird. Die innerſten<lb/>
Hoͤhlen ſind mit ausgeſpannten Nerven be-<lb/>
kleidet, die der Schall beruͤhret, wie das<lb/>
Licht das netzfoͤrmliche Haͤutlein im Auge,<lb/>
und die daſelbſt verurſachte Bewegung<lb/>
wird zu dem Gehirne fortgebracht (§. 778.<lb/><hirendition="#aq">Met.</hi>) Und hierinnen beſtehet die Ver-<lb/>
aͤnderung, welche ſich in dem Leibe ereignet,<lb/>
indem wir hoͤren. Aus dem Gehoͤr-Gan-<lb/>
ge gehet eine theils beinerne, theils knorp-<lb/>
liche Roͤhre in den Mund, und dieſes iſt<lb/>
die Urſache, warumb man durch den Mund<lb/>
hoͤren kan, auch einige ſich angewoͤhnen, das<lb/>
Maul und die Naſen aufzuſperren, wenn ſie<lb/>
recht hoͤren wollen. Wir doͤrffen uns nicht<lb/>
befremden laſſen, daß die Lufft durch ihre<lb/>
Beruͤhrung den Nerven ſo vielerley unter-<lb/>ſchiedene Bewegungen mittheilen kan, als<lb/>ſich Unterſcheid in dem Schalle findet: denn<lb/>
wir haben es ja auch nicht anders bey dem<lb/>
Auge gefunden, wo das Licht den Nerven<lb/>ſo einen groſſen Unterſcheid in der Bewe-<lb/>
gung gewaͤhret als wir bey den Sachen<lb/>
wahrnehmen, die wir ſehen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 428.</head><p>Der Schall wird durch die Lufft<noteplace="right">Wie der<lb/>
Schall<lb/>
durch die<lb/>
Lufft fort-<lb/>
gebracht<lb/>
wird.</note><lb/>
fortgebracht (§. 6. <hirendition="#aq">T. III. Exper.</hi>), indem<lb/>
in den kleinen Coͤrperlein eines klingenden<lb/>
Coͤrpers eine Erſchuͤtterung entſtehet, wo-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(<hirendition="#aq"><hirendition="#i">Phyſik</hi></hi>) X x</fw><fwplace="bottom"type="catch">durch</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[689/0725]
Cap. XIV. Von den Sinnen.
gang (Labyrintum), darinnen ſonderlich
in der Schnecken-foͤrmigen Wendung
(cochlea) der Schall wie in einem Sprach-
Rohre verſtaͤrcket wird. Die innerſten
Hoͤhlen ſind mit ausgeſpannten Nerven be-
kleidet, die der Schall beruͤhret, wie das
Licht das netzfoͤrmliche Haͤutlein im Auge,
und die daſelbſt verurſachte Bewegung
wird zu dem Gehirne fortgebracht (§. 778.
Met.) Und hierinnen beſtehet die Ver-
aͤnderung, welche ſich in dem Leibe ereignet,
indem wir hoͤren. Aus dem Gehoͤr-Gan-
ge gehet eine theils beinerne, theils knorp-
liche Roͤhre in den Mund, und dieſes iſt
die Urſache, warumb man durch den Mund
hoͤren kan, auch einige ſich angewoͤhnen, das
Maul und die Naſen aufzuſperren, wenn ſie
recht hoͤren wollen. Wir doͤrffen uns nicht
befremden laſſen, daß die Lufft durch ihre
Beruͤhrung den Nerven ſo vielerley unter-
ſchiedene Bewegungen mittheilen kan, als
ſich Unterſcheid in dem Schalle findet: denn
wir haben es ja auch nicht anders bey dem
Auge gefunden, wo das Licht den Nerven
ſo einen groſſen Unterſcheid in der Bewe-
gung gewaͤhret als wir bey den Sachen
wahrnehmen, die wir ſehen.
§. 428. Der Schall wird durch die Lufft
fortgebracht (§. 6. T. III. Exper.), indem
in den kleinen Coͤrperlein eines klingenden
Coͤrpers eine Erſchuͤtterung entſtehet, wo-
durch
Wie der
Schall
durch die
Lufft fort-
gebracht
wird.
(Phyſik) X x
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/725>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.