und Erde leicht an sich, ja die mineralischen Brunnen bezeugen, daß sich auch metalli- sche Theilgen damit vermengen lassen. De- rowegen ist wohl kein Zweiffel, daß nicht auch das Regen-Wasser mit allerhand Ma- terie vermischet seyn sollte. Und solcherge- stalt ist es nicht gantz rein; sondern führet allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn man aber gleich durch Chymische Destilla- tiones dieselben von dem Regen-Wasser absondern kan; so darf man doch deswe- gen nicht daran zweiffeln, daß sie zugegen sind. Denn die Theilgen sind subtiler als die Dünste, die daselbst in die Höhe steigen, und gehet gar wohl an, daß sie mit über- gehen, ohne von dem Wasser abgesondert zu werden.
Wie das Wasser in die Wurtzeln kommet.
§. 397.
Die Erd-Theilgen sind wie ein Schwamm und haben viel offene Lufft-Lö- cher. Wenn sich demnach das Wasser hin- ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder auch gar naß wird; so kan man sich die Feuchtigkeit oder Nässe nicht anders vor- stellen, als daß in denselben Höhlen Tröpf- lein Wasser liegen, die zum Theil darüber hervorragen, massen sich das Wasser in so subtile Küglein eintheilen lässet, als hier zu nöthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel hat oben ein subtiles Häutlein, das wie an- dere Häute das Wasser an sich ziehet und dadurch ausgedehnet wird. Wil man
sich
Cap. XI. Von dem Wachsthum
und Erde leicht an ſich, ja die mineraliſchen Brunnen bezeugen, daß ſich auch metalli- ſche Theilgen damit vermengen laſſen. De- rowegen iſt wohl kein Zweiffel, daß nicht auch das Regen-Waſſer mit allerhand Ma- terie vermiſchet ſeyn ſollte. Und ſolcherge- ſtalt iſt es nicht gantz rein; ſondern fuͤhret allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn man aber gleich durch Chymiſche Deſtilla- tiones dieſelben von dem Regen-Waſſer abſondern kan; ſo darf man doch deswe- gen nicht daran zweiffeln, daß ſie zugegen ſind. Denn die Theilgen ſind ſubtiler als die Duͤnſte, die daſelbſt in die Hoͤhe ſteigen, und gehet gar wohl an, daß ſie mit uͤber- gehen, ohne von dem Waſſer abgeſondert zu werden.
Wie das Waſſer in die Wurtzeln kommet.
§. 397.
Die Erd-Theilgen ſind wie ein Schwamm und haben viel offene Lufft-Loͤ- cher. Wenn ſich demnach das Waſſer hin- ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder auch gar naß wird; ſo kan man ſich die Feuchtigkeit oder Naͤſſe nicht anders vor- ſtellen, als daß in denſelben Hoͤhlen Troͤpf- lein Waſſer liegen, die zum Theil daruͤber hervorragen, maſſen ſich das Waſſer in ſo ſubtile Kuͤglein eintheilen laͤſſet, als hier zu noͤthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel hat oben ein ſubtiles Haͤutlein, das wie an- dere Haͤute das Waſſer an ſich ziehet und dadurch ausgedehnet wird. Wil man
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0662"n="626"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. XI.</hi> Von dem Wachsthum</hi></fw><lb/>
und Erde leicht an ſich, ja die mineraliſchen<lb/>
Brunnen bezeugen, daß ſich auch metalli-<lb/>ſche Theilgen damit vermengen laſſen. De-<lb/>
rowegen iſt wohl kein Zweiffel, daß nicht<lb/>
auch das Regen-Waſſer mit allerhand Ma-<lb/>
terie vermiſchet ſeyn ſollte. Und ſolcherge-<lb/>ſtalt iſt es nicht gantz rein; ſondern fuͤhret<lb/>
allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn<lb/>
man aber gleich durch Chymiſche <hirendition="#aq">Deſtilla-<lb/>
tiones</hi> dieſelben von dem Regen-Waſſer<lb/>
abſondern kan; ſo darf man doch deswe-<lb/>
gen nicht daran zweiffeln, daß ſie zugegen<lb/>ſind. Denn die Theilgen ſind ſubtiler als<lb/>
die Duͤnſte, die daſelbſt in die Hoͤhe ſteigen,<lb/>
und gehet gar wohl an, daß ſie mit uͤber-<lb/>
gehen, ohne von dem Waſſer abgeſondert<lb/>
zu werden.</p><lb/><noteplace="left">Wie das<lb/>
Waſſer<lb/>
in die<lb/>
Wurtzeln<lb/>
kommet.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 397.</head><p>Die Erd-Theilgen ſind wie ein<lb/>
Schwamm und haben viel offene Lufft-Loͤ-<lb/>
cher. Wenn ſich demnach das Waſſer hin-<lb/>
ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder<lb/>
auch gar naß wird; ſo kan man ſich die<lb/>
Feuchtigkeit oder Naͤſſe nicht anders vor-<lb/>ſtellen, als daß in denſelben Hoͤhlen Troͤpf-<lb/>
lein Waſſer liegen, die zum Theil daruͤber<lb/>
hervorragen, maſſen ſich das Waſſer in ſo<lb/>ſubtile Kuͤglein eintheilen laͤſſet, als hier zu<lb/>
noͤthig (§. 221. <hirendition="#aq">T. I. Exper.</hi>). Die Wurtzel<lb/>
hat oben ein ſubtiles Haͤutlein, das wie an-<lb/>
dere Haͤute das Waſſer an ſich ziehet und<lb/>
dadurch ausgedehnet wird. Wil man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[626/0662]
Cap. XI. Von dem Wachsthum
und Erde leicht an ſich, ja die mineraliſchen
Brunnen bezeugen, daß ſich auch metalli-
ſche Theilgen damit vermengen laſſen. De-
rowegen iſt wohl kein Zweiffel, daß nicht
auch das Regen-Waſſer mit allerhand Ma-
terie vermiſchet ſeyn ſollte. Und ſolcherge-
ſtalt iſt es nicht gantz rein; ſondern fuͤhret
allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn
man aber gleich durch Chymiſche Deſtilla-
tiones dieſelben von dem Regen-Waſſer
abſondern kan; ſo darf man doch deswe-
gen nicht daran zweiffeln, daß ſie zugegen
ſind. Denn die Theilgen ſind ſubtiler als
die Duͤnſte, die daſelbſt in die Hoͤhe ſteigen,
und gehet gar wohl an, daß ſie mit uͤber-
gehen, ohne von dem Waſſer abgeſondert
zu werden.
§. 397. Die Erd-Theilgen ſind wie ein
Schwamm und haben viel offene Lufft-Loͤ-
cher. Wenn ſich demnach das Waſſer hin-
ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder
auch gar naß wird; ſo kan man ſich die
Feuchtigkeit oder Naͤſſe nicht anders vor-
ſtellen, als daß in denſelben Hoͤhlen Troͤpf-
lein Waſſer liegen, die zum Theil daruͤber
hervorragen, maſſen ſich das Waſſer in ſo
ſubtile Kuͤglein eintheilen laͤſſet, als hier zu
noͤthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel
hat oben ein ſubtiles Haͤutlein, das wie an-
dere Haͤute das Waſſer an ſich ziehet und
dadurch ausgedehnet wird. Wil man
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/662>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.