Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.auf dem Erdboden. sonderen Observationen genommen, undwäre nöthig, daß man es durch mehrere be- stetigte, ehe man es für allgemein annim- met. Nun lässet sich aber nicht wohl die Ursache finden, ehe man die Sache recht kennet, deren Ursache man zu wissen verlan- get. Und demnach muß man sich in die- sem Stücke nicht übereilen. Unterdessen da man in der Physick auch Muthmassun- gen Raum geben muß, damit man zu ferne- rer Untersuchung Gelegenheit bekommet, und dadurch man sich endlich mit der Zeit der Wahrheit nähert, wie man zur Gnüge aus dem Anfange und Fortgange der Astro- nomie ersiehet; so kan man auch nicht ver- werffen, daß sich die Weltweisen bisher be- mühet, die Ursache der Ebbe und Fluth durch allerhand Muthmassungen zuerrei- chen und lieget uns zum wenigsten ob, daß wir diejenigen hier vorstellen, welche am meisten Wahrscheinlichkeit haben und zu weiterer Untersuchung Anlaß geben können. Weil die besonderen Umstände von der Eb- be und Fluth beständig mit der Bewegung des Monds zusammen treffen und man die- se Harmonie noch immer tieffer einsiehet, je fleißiger man observiret (§. 355); so hat es nicht einen geringen Grad der Wahr- scheinlichkeit, daß der Mond von dieser Be- wegung Ursache sey: wenigstens ist gewiß, daß die Bewegung des Monds und die Eb- be L l 3
auf dem Erdboden. ſonderen Obſervationen genommen, undwaͤre noͤthig, daß man es durch mehrere be- ſtetigte, ehe man es fuͤr allgemein annim- met. Nun laͤſſet ſich aber nicht wohl die Urſache finden, ehe man die Sache recht kennet, deren Urſache man zu wiſſen verlan- get. Und demnach muß man ſich in die- ſem Stuͤcke nicht uͤbereilen. Unterdeſſen da man in der Phyſick auch Muthmaſſun- gen Raum geben muß, damit man zu ferne- rer Unterſuchung Gelegenheit bekommet, und dadurch man ſich endlich mit der Zeit der Wahrheit naͤhert, wie man zur Gnuͤge aus dem Anfange und Fortgange der Aſtro- nomie erſiehet; ſo kan man auch nicht ver- werffen, daß ſich die Weltweiſen bisher be- muͤhet, die Urſache der Ebbe und Fluth durch allerhand Muthmaſſungen zuerrei- chen und lieget uns zum wenigſten ob, daß wir diejenigen hier vorſtellen, welche am meiſten Wahrſcheinlichkeit haben und zu weiterer Unterſuchung Anlaß geben koͤnnen. Weil die beſonderen Umſtaͤnde von der Eb- be und Fluth beſtaͤndig mit der Bewegung des Monds zuſammen treffen und man die- ſe Harmonie noch immer tieffer einſiehet, je fleißiger man obſerviret (§. 355); ſo hat es nicht einen geringen Grad der Wahr- ſcheinlichkeit, daß der Mond von dieſer Be- wegung Urſache ſey: wenigſtens iſt gewiß, daß die Bewegung des Monds und die Eb- be L l 3
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auf dem Erdboden.
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ſtetigte, ehe man es fuͤr allgemein annim-
met. Nun laͤſſet ſich aber nicht wohl die
Urſache finden, ehe man die Sache recht
kennet, deren Urſache man zu wiſſen verlan-
get. Und demnach muß man ſich in die-
ſem Stuͤcke nicht uͤbereilen. Unterdeſſen
da man in der Phyſick auch Muthmaſſun-
gen Raum geben muß, damit man zu ferne-
rer Unterſuchung Gelegenheit bekommet,
und dadurch man ſich endlich mit der Zeit
der Wahrheit naͤhert, wie man zur Gnuͤge
aus dem Anfange und Fortgange der Aſtro-
nomie erſiehet; ſo kan man auch nicht ver-
werffen, daß ſich die Weltweiſen bisher be-
muͤhet, die Urſache der Ebbe und Fluth
durch allerhand Muthmaſſungen zuerrei-
chen und lieget uns zum wenigſten ob, daß
wir diejenigen hier vorſtellen, welche am
meiſten Wahrſcheinlichkeit haben und zu
weiterer Unterſuchung Anlaß geben koͤnnen.
Weil die beſonderen Umſtaͤnde von der Eb-
be und Fluth beſtaͤndig mit der Bewegung
des Monds zuſammen treffen und man die-
ſe Harmonie noch immer tieffer einſiehet,
je fleißiger man obſerviret (§. 355); ſo hat
es nicht einen geringen Grad der Wahr-
ſcheinlichkeit, daß der Mond von dieſer Be-
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daß die Bewegung des Monds und die Eb-
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