Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. VIII. Von dem Blitze
wir den Donner zu nennen pflegen. Und
siehet man eben aus dem mit dem Blitze
vergesellschafftem Donner, daß die Flamme
eine Krafft haben muß, dadurch sie sich
schnelle durch die Lufft ausbreitet und in ihr
zugleich etwas seyn muß, welches den subti-
len Cörperlein der Lufft eine dergleichen
schnelle Bewegung mittheilen kan, als zu
dergleichen Krachen erfordert wird (§. 6. 7.
10. T. III. Exper.).

Wie weit
das Ge-
witterweg ist.
§. 324.

Der Schall beweget sich inner-
halb 21 Secunden bey nahe eine grosse
deutsche Meile (§. 11. T. II. Exper.), das
Licht hingegen mit einer solchen Geschwin-
digkeit, daß eine deutsche Meile für nichts
zu achten (§. 121). Und dieses ist die Ur-
sache, warum es vorher blitzet, ehe es don-
nert. Je später der Donnerschlag auf den
Blitz folget, je weiter ist die Gewitter-Wol-
cke weg: je geschwinder es aber auf das
Wetterleuchten donnert, je näher ist das
Gewitter. Weil man nun annehmen
kan, daß das Licht in dem Augenblicke bey
uns ist, indem der Blitz die Wolcken durch-
bricht (§. 121); so ist die Zeit, welche vor-
bey streicht, ehe auf das Wetterleuchten
der Donner gehöret wird, die gantze Zeit,
welche er zubringet, ehe er von der Donner-
Wolcke zu uns kommet. Derowegen
kan man urtheilen, wie weit die Gewitter-
Wolcke von uns weg ist, wenn man die

Zeit

Cap. VIII. Von dem Blitze
wir den Donner zu nennen pflegen. Und
ſiehet man eben aus dem mit dem Blitze
vergeſellſchafftem Donner, daß die Flamme
eine Krafft haben muß, dadurch ſie ſich
ſchnelle durch die Lufft ausbreitet und in ihr
zugleich etwas ſeyn muß, welches den ſubti-
len Coͤrperlein der Lufft eine dergleichen
ſchnelle Bewegung mittheilen kan, als zu
dergleichen Krachen erfordert wird (§. 6. 7.
10. T. III. Exper.).

Wie weit
das Ge-
witterweg iſt.
§. 324.

Der Schall beweget ſich inner-
halb 21 Secunden bey nahe eine groſſe
deutſche Meile (§. 11. T. II. Exper.), das
Licht hingegen mit einer ſolchen Geſchwin-
digkeit, daß eine deutſche Meile fuͤr nichts
zu achten (§. 121). Und dieſes iſt die Ur-
ſache, warum es vorher blitzet, ehe es don-
nert. Je ſpaͤter der Donnerſchlag auf den
Blitz folget, je weiter iſt die Gewitter-Wol-
cke weg: je geſchwinder es aber auf das
Wetterleuchten donnert, je naͤher iſt das
Gewitter. Weil man nun annehmen
kan, daß das Licht in dem Augenblicke bey
uns iſt, indem der Blitz die Wolcken durch-
bricht (§. 121); ſo iſt die Zeit, welche vor-
bey ſtreicht, ehe auf das Wetterleuchten
der Donner gehoͤret wird, die gantze Zeit,
welche er zubringet, ehe er von der Donner-
Wolcke zu uns kommet. Derowegen
kan man urtheilen, wie weit die Gewitter-
Wolcke von uns weg iſt, wenn man die

Zeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0478" n="442"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. VIII.</hi> Von dem Blitze</hi></fw><lb/>
wir den Donner zu nennen pflegen. Und<lb/>
&#x017F;iehet man eben aus dem mit dem Blitze<lb/>
verge&#x017F;ell&#x017F;chafftem Donner, daß die Flamme<lb/>
eine Krafft haben muß, dadurch &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chnelle durch die Lufft ausbreitet und in ihr<lb/>
zugleich etwas &#x017F;eyn muß, welches den &#x017F;ubti-<lb/>
len Co&#x0364;rperlein der Lufft eine dergleichen<lb/>
&#x017F;chnelle Bewegung mittheilen kan, als zu<lb/>
dergleichen Krachen erfordert wird (§. 6. 7.<lb/>
10. <hi rendition="#aq">T. III. Exper.</hi>).</p><lb/>
              <note place="left">Wie weit<lb/>
das Ge-<lb/>
witterweg i&#x017F;t.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 324.</head>
              <p>Der Schall beweget &#x017F;ich inner-<lb/>
halb 21 Secunden bey nahe eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
deut&#x017F;che Meile (§. 11. <hi rendition="#aq">T. II. Exper.</hi>), das<lb/>
Licht hingegen mit einer &#x017F;olchen Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit, daß eine deut&#x017F;che Meile fu&#x0364;r nichts<lb/>
zu achten (§. 121). Und die&#x017F;es i&#x017F;t die Ur-<lb/>
&#x017F;ache, warum es vorher blitzet, ehe es don-<lb/>
nert. Je &#x017F;pa&#x0364;ter der Donner&#x017F;chlag auf den<lb/>
Blitz folget, je weiter i&#x017F;t die Gewitter-Wol-<lb/>
cke weg: je ge&#x017F;chwinder es aber auf das<lb/>
Wetterleuchten donnert, je na&#x0364;her i&#x017F;t das<lb/>
Gewitter. Weil man nun annehmen<lb/>
kan, daß das Licht in dem Augenblicke bey<lb/>
uns i&#x017F;t, indem der Blitz die Wolcken durch-<lb/>
bricht (§. 121); &#x017F;o i&#x017F;t die Zeit, welche vor-<lb/>
bey &#x017F;treicht, ehe auf das Wetterleuchten<lb/>
der Donner geho&#x0364;ret wird, die gantze Zeit,<lb/>
welche er zubringet, ehe er von der Donner-<lb/>
Wolcke zu uns kommet. Derowegen<lb/>
kan man urtheilen, wie weit die Gewitter-<lb/>
Wolcke von uns weg i&#x017F;t, wenn man die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeit</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0478] Cap. VIII. Von dem Blitze wir den Donner zu nennen pflegen. Und ſiehet man eben aus dem mit dem Blitze vergeſellſchafftem Donner, daß die Flamme eine Krafft haben muß, dadurch ſie ſich ſchnelle durch die Lufft ausbreitet und in ihr zugleich etwas ſeyn muß, welches den ſubti- len Coͤrperlein der Lufft eine dergleichen ſchnelle Bewegung mittheilen kan, als zu dergleichen Krachen erfordert wird (§. 6. 7. 10. T. III. Exper.). §. 324. Der Schall beweget ſich inner- halb 21 Secunden bey nahe eine groſſe deutſche Meile (§. 11. T. II. Exper.), das Licht hingegen mit einer ſolchen Geſchwin- digkeit, daß eine deutſche Meile fuͤr nichts zu achten (§. 121). Und dieſes iſt die Ur- ſache, warum es vorher blitzet, ehe es don- nert. Je ſpaͤter der Donnerſchlag auf den Blitz folget, je weiter iſt die Gewitter-Wol- cke weg: je geſchwinder es aber auf das Wetterleuchten donnert, je naͤher iſt das Gewitter. Weil man nun annehmen kan, daß das Licht in dem Augenblicke bey uns iſt, indem der Blitz die Wolcken durch- bricht (§. 121); ſo iſt die Zeit, welche vor- bey ſtreicht, ehe auf das Wetterleuchten der Donner gehoͤret wird, die gantze Zeit, welche er zubringet, ehe er von der Donner- Wolcke zu uns kommet. Derowegen kan man urtheilen, wie weit die Gewitter- Wolcke von uns weg iſt, wenn man die Zeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/478
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/478>, abgerufen am 22.11.2024.