gen des Lichtes und der Finsternis sind dem Auge beschweerlich. Wenn im Sommer ein heller Tag ist, und der Himmel überzie- het sich auf einmahl mit finstern Wolcken; so kan man eine Weile kaum sehen und kom- met einem vor, als wenn die Nacht auf ein- mahl heran bräche. Wenn man des A- bends im finstern sitzet und man bringet un- versehens ein Licht hinein; so kan man ei- ne Weile nicht sehen, sondern wird geblen- det. Dergleichen Zufälle würden sich täg- lich im Auge ereignen, wenn der Tag nicht vor der Sonnen Aufgang anbräche, noch eine Abend-Demmerung wäre. Und als- denn würden sie dem Auge gefährlich seyn.
Wenn der Tag die gantze Nacht durch- schim- mert.
§. 193.
Wir finden im Sommer, daß eine Zeit lang der Tag die gantze Nacht durchschimmert. Es wird niemahls gantz finster, sondern bleibet nur etwas helle, so daß auch die kleinen Sterne durch dieses Licht verdunckelt werden. Die Sanne stehet zu derselben Zeit nicht so tief unter dem Horizont, als nöthig ist, wenn die Abend- Demmerung (§. 191) aufhören soll. Und daher ist gewis, daß das Licht von der Sonne kommet, welches wir auf dem Erdbo- den haben, da sie den andern Theil der Erde bescheinet. Weil nun alsdenn das Licht nicht durch gerade Linien zu uns kommen kan, so muß es in der Lufft gebrochen und von den Lufft. Stäublein, auch denen in ihr befindli-
chen
Cap. II. Von der Lufft.
gen des Lichtes und der Finſternis ſind dem Auge beſchweerlich. Wenn im Sommer ein heller Tag iſt, und der Himmel uͤberzie- het ſich auf einmahl mit finſtern Wolcken; ſo kan man eine Weile kaum ſehen und kom- met einem vor, als wenn die Nacht auf ein- mahl heran braͤche. Wenn man des A- bends im finſtern ſitzet und man bringet un- verſehens ein Licht hinein; ſo kan man ei- ne Weile nicht ſehen, ſondern wird geblen- det. Dergleichen Zufaͤlle wuͤrden ſich taͤg- lich im Auge ereignen, wenn der Tag nicht vor der Sonnen Aufgang anbraͤche, noch eine Abend-Demmerung waͤre. Und als- denn wuͤrden ſie dem Auge gefaͤhrlich ſeyn.
Wenn der Tag die gantze Nacht durch- ſchim- mert.
§. 193.
Wir finden im Sommer, daß eine Zeit lang der Tag die gantze Nacht durchſchimmert. Es wird niemahls gantz finſter, ſondern bleibet nur etwas helle, ſo daß auch die kleinen Sterne durch dieſes Licht verdunckelt werden. Die Sanne ſtehet zu derſelben Zeit nicht ſo tief unter dem Horizont, als noͤthig iſt, wenn die Abend- Demmerung (§. 191) aufhoͤren ſoll. Und daher iſt gewis, daß das Licht von der Sonne kom̃et, welches wir auf dem Erdbo- den haben, da ſie den andern Theil der Erde beſcheinet. Weil nun alsdenn das Licht nicht durch gerade Linien zu uns kommen kan, ſo muß es in der Lufft gebrochen und von den Lufft. Staͤublein, auch denen in ihr befindli-
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Cap. II. Von der Lufft.
gen des Lichtes und der Finſternis ſind dem
Auge beſchweerlich. Wenn im Sommer
ein heller Tag iſt, und der Himmel uͤberzie-
het ſich auf einmahl mit finſtern Wolcken;
ſo kan man eine Weile kaum ſehen und kom-
met einem vor, als wenn die Nacht auf ein-
mahl heran braͤche. Wenn man des A-
bends im finſtern ſitzet und man bringet un-
verſehens ein Licht hinein; ſo kan man ei-
ne Weile nicht ſehen, ſondern wird geblen-
det. Dergleichen Zufaͤlle wuͤrden ſich taͤg-
lich im Auge ereignen, wenn der Tag nicht
vor der Sonnen Aufgang anbraͤche, noch
eine Abend-Demmerung waͤre. Und als-
denn wuͤrden ſie dem Auge gefaͤhrlich ſeyn.
§. 193. Wir finden im Sommer, daß
eine Zeit lang der Tag die gantze Nacht
durchſchimmert. Es wird niemahls gantz
finſter, ſondern bleibet nur etwas helle, ſo
daß auch die kleinen Sterne durch dieſes
Licht verdunckelt werden. Die Sanne
ſtehet zu derſelben Zeit nicht ſo tief unter dem
Horizont, als noͤthig iſt, wenn die Abend-
Demmerung (§. 191) aufhoͤren ſoll. Und
daher iſt gewis, daß das Licht von der
Sonne kom̃et, welches wir auf dem Erdbo-
den haben, da ſie den andern Theil der Erde
beſcheinet. Weil nun alsdenn das Licht nicht
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muß es in der Lufft gebrochen und von den
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/314>, abgerufen am 25.11.2024.
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