Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

wegen der veränderlichen Materie.
Sache. Denn wir verlangen weiter nichts
zuzeigen, als daß in beyden Fällen die Flüs-
sigkeit von der Wärme, und also einer frem-
den Materie, welche zwischen die Theile der
beständigen Materie dringet, und sie von
einander treibet, herrühret. Allein eben
die beyden Exempel zeigen, daß nicht Wär-
me in einerley Grade verschiedene Materi-
en flüßig erhalten kan. Wenn man auff
Kalck genung Wasser giesset, so löschet er
sich nicht allein, sondern wird auch flüs-
sig. Und auch hier rühret die Flüßigkeit
des Kalckes von dem Wasser her, welches
zwischen die Theile des Kalckes fliesset
und hindert, daß sie einander nicht berühren
können.

§. 56.

Jch habe gesagt, in einem flüßi-Anmer-
ckung.

gen Cörper, wäre eine fremde oder verän-
derliche Materie vorhanden, welche hinder-
te, daß die kleinen Theile desselben einander
nicht berühren könnten. Nun möchten
vielleicht einige einwenden, daß folches der
Erfahrung entgegen wäre. Denn wir sehen
nicht allein mit blossen Augen, daß die Theile
der flüßigen Cörper in einem fortgehen;
sondern auch die Vergrösserungs Gläser
zeigen es nicht anders, auch wenn man
flüßige Materien in einem Haar Röhrlein
(§. 99 T. III. Exper.) an diejenigen
bringet, welche am meisten vergrössern.
Theile, die in einem fortgehen, müssen noth-

wen-
F 4

wegen der veraͤnderlichen Materie.
Sache. Denn wir verlangen weiter nichts
zuzeigen, als daß in beyden Faͤllen die Fluͤſ-
ſigkeit von der Waͤrme, und alſo einer frem-
den Materie, welche zwiſchen die Theile der
beſtaͤndigen Materie dringet, und ſie von
einander treibet, herruͤhret. Allein eben
die beyden Exempel zeigen, daß nicht Waͤr-
me in einerley Grade verſchiedene Materi-
en fluͤßig erhalten kan. Wenn man auff
Kalck genung Waſſer gieſſet, ſo loͤſchet er
ſich nicht allein, ſondern wird auch fluͤſ-
ſig. Und auch hier ruͤhret die Fluͤßigkeit
des Kalckes von dem Waſſer her, welches
zwiſchen die Theile des Kalckes flieſſet
und hindert, daß ſie einander nicht beruͤhren
koͤnnen.

§. 56.

Jch habe geſagt, in einem fluͤßi-Anmer-
ckung.

gen Coͤrper, waͤre eine fremde oder veraͤn-
derliche Materie vorhanden, welche hinder-
te, daß die kleinen Theile deſſelben einander
nicht beruͤhren koͤnnten. Nun moͤchten
vielleicht einige einwenden, daß folches der
Erfahrung entgegen waͤre. Denn wir ſehen
nicht allein mit bloſſen Augen, daß die Theile
der fluͤßigen Coͤrper in einem fortgehen;
ſondern auch die Vergroͤſſerungs Glaͤſer
zeigen es nicht anders, auch wenn man
fluͤßige Materien in einem Haar Roͤhrlein
(§. 99 T. III. Exper.) an diejenigen
bringet, welche am meiſten vergroͤſſern.
Theile, die in einem fortgehen, muͤſſen noth-

wen-
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0123" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wegen der vera&#x0364;nderlichen Materie.</hi></fw><lb/>
Sache. Denn wir verlangen weiter nichts<lb/>
zuzeigen, als daß in beyden Fa&#x0364;llen die Flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igkeit von der Wa&#x0364;rme, und al&#x017F;o einer frem-<lb/>
den Materie, welche zwi&#x017F;chen die Theile der<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Materie dringet, und &#x017F;ie von<lb/>
einander treibet, herru&#x0364;hret. Allein eben<lb/>
die beyden Exempel zeigen, daß nicht Wa&#x0364;r-<lb/>
me in einerley Grade ver&#x017F;chiedene Materi-<lb/>
en flu&#x0364;ßig erhalten kan. Wenn man auff<lb/>
Kalck genung Wa&#x017F;&#x017F;er gie&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;o lo&#x0364;&#x017F;chet er<lb/>
&#x017F;ich nicht allein, &#x017F;ondern wird auch flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig. Und auch hier ru&#x0364;hret die Flu&#x0364;ßigkeit<lb/>
des Kalckes von dem Wa&#x017F;&#x017F;er her, welches<lb/>
zwi&#x017F;chen die Theile des Kalckes flie&#x017F;&#x017F;et<lb/>
und hindert, daß &#x017F;ie einander nicht beru&#x0364;hren<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 56.</head>
              <p>Jch habe ge&#x017F;agt, in einem flu&#x0364;ßi-<note place="right">Anmer-<lb/>
ckung.</note><lb/>
gen Co&#x0364;rper, wa&#x0364;re eine fremde oder vera&#x0364;n-<lb/>
derliche Materie vorhanden, welche hinder-<lb/>
te, daß die kleinen Theile de&#x017F;&#x017F;elben einander<lb/>
nicht beru&#x0364;hren ko&#x0364;nnten. Nun mo&#x0364;chten<lb/>
vielleicht einige einwenden, daß folches der<lb/>
Erfahrung entgegen wa&#x0364;re. Denn wir &#x017F;ehen<lb/>
nicht allein mit blo&#x017F;&#x017F;en Augen, daß die Theile<lb/>
der flu&#x0364;ßigen Co&#x0364;rper in einem fortgehen;<lb/>
&#x017F;ondern auch die Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs Gla&#x0364;&#x017F;er<lb/>
zeigen es nicht anders, auch wenn man<lb/>
flu&#x0364;ßige Materien in einem Haar Ro&#x0364;hrlein<lb/>
(§. 99 <hi rendition="#aq">T. III. Exper.</hi>) an diejenigen<lb/>
bringet, welche am mei&#x017F;ten vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern.<lb/>
Theile, die in einem fortgehen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noth-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">wen-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0123] wegen der veraͤnderlichen Materie. Sache. Denn wir verlangen weiter nichts zuzeigen, als daß in beyden Faͤllen die Fluͤſ- ſigkeit von der Waͤrme, und alſo einer frem- den Materie, welche zwiſchen die Theile der beſtaͤndigen Materie dringet, und ſie von einander treibet, herruͤhret. Allein eben die beyden Exempel zeigen, daß nicht Waͤr- me in einerley Grade verſchiedene Materi- en fluͤßig erhalten kan. Wenn man auff Kalck genung Waſſer gieſſet, ſo loͤſchet er ſich nicht allein, ſondern wird auch fluͤſ- ſig. Und auch hier ruͤhret die Fluͤßigkeit des Kalckes von dem Waſſer her, welches zwiſchen die Theile des Kalckes flieſſet und hindert, daß ſie einander nicht beruͤhren koͤnnen. §. 56. Jch habe geſagt, in einem fluͤßi- gen Coͤrper, waͤre eine fremde oder veraͤn- derliche Materie vorhanden, welche hinder- te, daß die kleinen Theile deſſelben einander nicht beruͤhren koͤnnten. Nun moͤchten vielleicht einige einwenden, daß folches der Erfahrung entgegen waͤre. Denn wir ſehen nicht allein mit bloſſen Augen, daß die Theile der fluͤßigen Coͤrper in einem fortgehen; ſondern auch die Vergroͤſſerungs Glaͤſer zeigen es nicht anders, auch wenn man fluͤßige Materien in einem Haar Roͤhrlein (§. 99 T. III. Exper.) an diejenigen bringet, welche am meiſten vergroͤſſern. Theile, die in einem fortgehen, muͤſſen noth- wen- Anmer- ckung. F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/123
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/123>, abgerufen am 27.04.2024.