Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. II. Von dem Unterscheide
lässet sich nach der Länge, nicht aber nach
der Seite spalten.

Wenn
sich ein
Cörper
leicht
zerreiben
lässet.
§. 48.

Gleichergestalt erkennet man, daß
sich ein Cörper leicht zerreiben lässet, wenn
die kleinen Theile vor sich harte sind, aber
einander nur wenig berühren und überall
um sich herum Zwischen-Räumlein frey
lassen. Denn so lässet sich ein Theil leicht
von den andern wegstossen, theils weil die
Fläche, davon es abzustossen, sehr kleine ist,
theils weil gleich Raum vorhanden, wohin
es abweichen kan. Ein Exempel haben
wir an dem Zucker, der sich um so viel leich-
ter zerreiben lässet, je weniger dichte er
ist.

Wenn
ein Cör-
per zarte
und grob
ist.
§. 49.

Wenn die kleinesten Theile, die
man mit blossen Augen unterscheiden kan,
kleine sind; so ist der Cörper zarte: hin-
gegen wenn sie groß sind, so ist er grob. Da
nun die Vergrösserungs-Gläser die Sachen
viel grösser vorstellen als sie sind (§. 83 T.
III. Exper
); so können auch dadurch Ma-
terien grob aussehen, die blossen Augen
gantz zarte vorkommen. Faden-Seide, die
blossen Augen dünne aussehen, sind zarte:
aber durch die Vergrösserungs-Gläser se-
hen sie dicke aus (§. 85 T. III. Exper.) und
daher sehen auch die Zeuge grob aus, wenn
man sie durch das Vergrösserungsglaß be-
trachtet, sie mögen an sich so zarte seyn, als
sie wollen.

§. 50.

Cap. II. Von dem Unterſcheide
laͤſſet ſich nach der Laͤnge, nicht aber nach
der Seite ſpalten.

Wenn
ſich ein
Coͤrper
leicht
zerreiben
laͤſſet.
§. 48.

Gleichergeſtalt erkennet man, daß
ſich ein Coͤrper leicht zerreiben laͤſſet, wenn
die kleinen Theile vor ſich harte ſind, aber
einander nur wenig beruͤhren und uͤberall
um ſich herum Zwiſchen-Raͤumlein frey
laſſen. Denn ſo laͤſſet ſich ein Theil leicht
von den andern wegſtoſſen, theils weil die
Flaͤche, davon es abzuſtoſſen, ſehr kleine iſt,
theils weil gleich Raum vorhanden, wohin
es abweichen kan. Ein Exempel haben
wir an dem Zucker, der ſich um ſo viel leich-
ter zerreiben laͤſſet, je weniger dichte er
iſt.

Wenn
ein Coͤr-
per zarte
und grob
iſt.
§. 49.

Wenn die kleineſten Theile, die
man mit bloſſen Augen unterſcheiden kan,
kleine ſind; ſo iſt der Coͤrper zarte: hin-
gegen wenn ſie groß ſind, ſo iſt er grob. Da
nun die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer die Sachen
viel groͤſſer vorſtellen als ſie ſind (§. 83 T.
III. Exper
); ſo koͤnnen auch dadurch Ma-
terien grob ausſehen, die bloſſen Augen
gantz zarte vorkommen. Faden-Seide, die
bloſſen Augen duͤnne ausſehen, ſind zarte:
aber durch die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer ſe-
hen ſie dicke aus (§. 85 T. III. Exper.) und
daher ſehen auch die Zeuge grob aus, wenn
man ſie durch das Vergroͤſſerungsglaß be-
trachtet, ſie moͤgen an ſich ſo zarte ſeyn, als
ſie wollen.

§. 50.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0114" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. II.</hi> Von dem Unter&#x017F;cheide</hi></fw><lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich nach der La&#x0364;nge, nicht aber nach<lb/>
der Seite &#x017F;palten.</p><lb/>
              <note place="left">Wenn<lb/>
&#x017F;ich ein<lb/>
Co&#x0364;rper<lb/>
leicht<lb/>
zerreiben<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 48.</head>
              <p>Gleicherge&#x017F;talt erkennet man, daß<lb/>
&#x017F;ich ein Co&#x0364;rper leicht <hi rendition="#fr">zerreiben</hi> la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, wenn<lb/>
die kleinen Theile vor &#x017F;ich harte &#x017F;ind, aber<lb/>
einander nur wenig beru&#x0364;hren und u&#x0364;berall<lb/>
um &#x017F;ich herum Zwi&#x017F;chen-Ra&#x0364;umlein frey<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Denn &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich ein Theil leicht<lb/>
von den andern weg&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, theils weil die<lb/>
Fla&#x0364;che, davon es abzu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ehr kleine i&#x017F;t,<lb/>
theils weil gleich Raum vorhanden, wohin<lb/>
es abweichen kan. Ein Exempel haben<lb/>
wir an dem Zucker, der &#x017F;ich um &#x017F;o viel leich-<lb/>
ter zerreiben la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, je weniger dichte er<lb/>
i&#x017F;t.</p><lb/>
              <note place="left">Wenn<lb/>
ein Co&#x0364;r-<lb/>
per zarte<lb/>
und grob<lb/>
i&#x017F;t.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 49.</head>
              <p>Wenn die kleine&#x017F;ten Theile, die<lb/>
man mit blo&#x017F;&#x017F;en Augen unter&#x017F;cheiden kan,<lb/>
kleine &#x017F;ind; &#x017F;o i&#x017F;t der Co&#x0364;rper <hi rendition="#fr">zarte:</hi> hin-<lb/>
gegen wenn &#x017F;ie groß &#x017F;ind, &#x017F;o i&#x017F;t er <hi rendition="#fr">grob.</hi> Da<lb/>
nun die Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-Gla&#x0364;&#x017F;er die Sachen<lb/>
viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er vor&#x017F;tellen als &#x017F;ie &#x017F;ind (§. 83 <hi rendition="#aq">T.<lb/>
III. Exper</hi>); &#x017F;o ko&#x0364;nnen auch dadurch Ma-<lb/>
terien grob aus&#x017F;ehen, die blo&#x017F;&#x017F;en Augen<lb/>
gantz zarte vorkommen. Faden-Seide, die<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;en Augen du&#x0364;nne aus&#x017F;ehen, &#x017F;ind zarte:<lb/>
aber durch die Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-Gla&#x0364;&#x017F;er &#x017F;e-<lb/>
hen &#x017F;ie dicke aus (§. 85 <hi rendition="#aq">T. III. Exper.</hi>) und<lb/>
daher &#x017F;ehen auch die Zeuge grob aus, wenn<lb/>
man &#x017F;ie durch das Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungsglaß be-<lb/>
trachtet, &#x017F;ie mo&#x0364;gen an &#x017F;ich &#x017F;o zarte &#x017F;eyn, als<lb/>
&#x017F;ie wollen.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 50.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0114] Cap. II. Von dem Unterſcheide laͤſſet ſich nach der Laͤnge, nicht aber nach der Seite ſpalten. §. 48. Gleichergeſtalt erkennet man, daß ſich ein Coͤrper leicht zerreiben laͤſſet, wenn die kleinen Theile vor ſich harte ſind, aber einander nur wenig beruͤhren und uͤberall um ſich herum Zwiſchen-Raͤumlein frey laſſen. Denn ſo laͤſſet ſich ein Theil leicht von den andern wegſtoſſen, theils weil die Flaͤche, davon es abzuſtoſſen, ſehr kleine iſt, theils weil gleich Raum vorhanden, wohin es abweichen kan. Ein Exempel haben wir an dem Zucker, der ſich um ſo viel leich- ter zerreiben laͤſſet, je weniger dichte er iſt. §. 49. Wenn die kleineſten Theile, die man mit bloſſen Augen unterſcheiden kan, kleine ſind; ſo iſt der Coͤrper zarte: hin- gegen wenn ſie groß ſind, ſo iſt er grob. Da nun die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer die Sachen viel groͤſſer vorſtellen als ſie ſind (§. 83 T. III. Exper); ſo koͤnnen auch dadurch Ma- terien grob ausſehen, die bloſſen Augen gantz zarte vorkommen. Faden-Seide, die bloſſen Augen duͤnne ausſehen, ſind zarte: aber durch die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer ſe- hen ſie dicke aus (§. 85 T. III. Exper.) und daher ſehen auch die Zeuge grob aus, wenn man ſie durch das Vergroͤſſerungsglaß be- trachtet, ſie moͤgen an ſich ſo zarte ſeyn, als ſie wollen. §. 50.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/114
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/114>, abgerufen am 28.04.2024.