Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Das 3. Cap. Von der ähnlichen Fällen vielfältig auf Abwege ver-leitet (§. 331 Met.). Hierzu kommet noch dieses, daß eine Gewohnheit schweer zu än- dern (§. 384. 421 Mor.), und die Aende- im guten gar sehr hindert (§. 386 Mor.). Man hat aber hierbey wohl zu mercken, daß alles, was man mit den Kindern von ihrer ersten Geburths-Stunde an vornim- met, einen Eindruck in ihren Leib und Ge- müthe machet, dadurch sie zu gewissen Handlungen gleichsam geneiget werden, so daß sie geschwinder und leichter als andere dazu zu bringen sind. Derowegen wäre hier vieles sehr genau zu untersuchen, wenn es uns ein Ernst wäre die Auferzie- hung der Kinder mehr in unserer Gewalt zu haben, als bisher nicht möglich ist. Nem- lich bey allen Tugenden und Lastern sind ge- wisse Bewegungen des Leibes nöthig, wenn sie sollen verübet werden (§. 1 Mor.). Wer nun dergleichen Bewegungen schon öffters gehabt, der ist mehr dazu aufgelegt als ein anderer. Wem bekand ist, wie alles mitein- ander verknüpfft, und immer eines aus dem andern erfolget, den wird nicht befremden, was ich gesaget. Einrich- tung der Verbind- lichkeit. §. 99. Woferne nun aber entweder un- sen
Das 3. Cap. Von der aͤhnlichen Faͤllen vielfaͤltig auf Abwege ver-leitet (§. 331 Met.). Hierzu kommet noch dieſes, daß eine Gewohnheit ſchweer zu aͤn- dern (§. 384. 421 Mor.), und die Aende- im guten gar ſehr hindert (§. 386 Mor.). Man hat aber hierbey wohl zu mercken, daß alles, was man mit den Kindern von ihrer erſten Geburths-Stunde an vornim- met, einen Eindruck in ihren Leib und Ge- muͤthe machet, dadurch ſie zu gewiſſen Handlungen gleichſam geneiget werden, ſo daß ſie geſchwinder und leichter als andere dazu zu bringen ſind. Derowegen waͤre hier vieles ſehr genau zu unterſuchen, wenn es uns ein Ernſt waͤre die Auferzie- hung der Kinder mehr in unſerer Gewalt zu haben, als bisher nicht moͤglich iſt. Nem- lich bey allen Tugenden und Laſtern ſind ge- wiſſe Bewegungen des Leibes noͤthig, wenn ſie ſollen veruͤbet werden (§. 1 Mor.). Wer nun dergleichen Bewegungen ſchon oͤffters gehabt, der iſt mehr dazu aufgelegt als ein anderer. Wem bekand iſt, wie alles mitein- ander verknuͤpfft, und immer eines aus dem andern erfolget, den wird nicht befremden, was ich geſaget. Einrich- tung der Verbind- lichkeit. §. 99. Woferne nun aber entweder un- ſen
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Das 3. Cap. Von der
aͤhnlichen Faͤllen vielfaͤltig auf Abwege ver-
leitet (§. 331 Met.). Hierzu kommet noch
dieſes, daß eine Gewohnheit ſchweer zu aͤn-
dern (§. 384. 421 Mor.), und die Aende-
im guten gar ſehr hindert (§. 386 Mor.).
Man hat aber hierbey wohl zu mercken,
daß alles, was man mit den Kindern von
ihrer erſten Geburths-Stunde an vornim-
met, einen Eindruck in ihren Leib und Ge-
muͤthe machet, dadurch ſie zu gewiſſen
Handlungen gleichſam geneiget werden, ſo
daß ſie geſchwinder und leichter als andere
dazu zu bringen ſind. Derowegen waͤre
hier vieles ſehr genau zu unterſuchen,
wenn es uns ein Ernſt waͤre die Auferzie-
hung der Kinder mehr in unſerer Gewalt
zu haben, als bisher nicht moͤglich iſt. Nem-
lich bey allen Tugenden und Laſtern ſind ge-
wiſſe Bewegungen des Leibes noͤthig, wenn
ſie ſollen veruͤbet werden (§. 1 Mor.). Wer
nun dergleichen Bewegungen ſchon oͤffters
gehabt, der iſt mehr dazu aufgelegt als ein
anderer. Wem bekand iſt, wie alles mitein-
ander verknuͤpfft, und immer eines aus dem
andern erfolget, den wird nicht befremden,
was ich geſaget.
§. 99.Woferne nun aber entweder un-
vermerckt oder auch aus Nachlaͤßigkeit
boͤſe Gewohnheiten eingeſchlichen, oder zum
wenigſten ſolche, die nach ſich ereignenden
Umſtaͤnden ſowohl zum Guten, als zum Boͤ-
ſen
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