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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Väterlichen Gesellfchafft.
sen können angewendet werden; so hat
man darauf allerdings mit zu sehen, wenn
man die Kinder zum Guten verbinden will
(§. 240 Mor.).

§. 100.

So bald der Verstand undWenn
Kinder
im guten
vernünff-
tig zu
machen.

Gebrauch der Vernunfft sich äuffert, hat
man darauf zu sehen, daß die Kinder nicht
Sclaven im guten bleiben, sondern es viel-
mehr aus völliger Freyheit thun (§. 377.
Mor.). Und hierzu dienet alles dasjenige,
was von der Besserung des Willens (§.
373 & seqq. Mor.), weitläuftig ausge-
führet worden. Es wird freylich eines und
das andere in der Ausübung noch einige
Geschicklichkeit erfordern, wenn man es
bey Kindern anbringen wil: allein wir kön-
nen uns vor dieses mahl nicht in weitere
Weitläufftigkeiten einlassen.

§. 101.

Weil Kinder bloß den GebrauchWarum
Kinder
nichts
böses
noch un-
anstän-
diges se-
hen dörf-
fen.

der Sinnen und Einbildungs-Krafft haben,
keines weges aber den Gebrauch der Ver-
nunfft, als welche erst durch viele Ubung
erhalten wird (§. 525 Met.); so können sie sich
auch nichts vorstellen, als was sie sehen oder
sonst empfinden und die Einbildungs-Kraft
bringet hervor, was sie sonst damit ver-
wandtes empfunden (§. 238 Met.). Da
nun hieraus ihre sinnliche Begierden er-
wachsen (§. 434 Met.), mit denen die
äusseren Handlungen oder Bewegungen
des Leibes übereinstimmen (§. 765 Met.);

so
E 5

Vaͤterlichen Geſellfchafft.
ſen koͤnnen angewendet werden; ſo hat
man darauf allerdings mit zu ſehen, wenn
man die Kinder zum Guten verbinden will
(§. 240 Mor.).

§. 100.

So bald der Verſtand undWenn
Kinder
im guten
vernuͤnff-
tig zu
machen.

Gebrauch der Vernunfft ſich aͤuffert, hat
man darauf zu ſehen, daß die Kinder nicht
Sclaven im guten bleiben, ſondern es viel-
mehr aus voͤlliger Freyheit thun (§. 377.
Mor.). Und hierzu dienet alles dasjenige,
was von der Beſſerung des Willens (§.
373 & ſeqq. Mor.), weitlaͤuftig ausge-
fuͤhret worden. Es wird freylich eines und
das andere in der Ausuͤbung noch einige
Geſchicklichkeit erfordern, wenn man es
bey Kindern anbringen wil: allein wir koͤn-
nen uns vor dieſes mahl nicht in weitere
Weitlaͤufftigkeiten einlaſſen.

§. 101.

Weil Kinder bloß den GebrauchWarum
Kinder
nichts
boͤſes
noch un-
anſtaͤn-
diges ſe-
hen doͤrf-
fen.

der Sinnen und Einbildungs-Krafft haben,
keines weges aber den Gebrauch der Ver-
nunfft, als welche erſt durch viele Ubung
erhalten wird (§. 525 Met.); ſo koͤnnen ſie ſich
auch nichts vorſtellen, als was ſie ſehen oder
ſonſt empfinden und die Einbildungs-Kraft
bringet hervor, was ſie ſonſt damit ver-
wandtes empfunden (§. 238 Met.). Da
nun hieraus ihre ſinnliche Begierden er-
wachſen (§. 434 Met.), mit denen die
aͤuſſeren Handlungen oder Bewegungen
des Leibes uͤbereinſtimmen (§. 765 Met.);

ſo
E 5
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[73/0091] Vaͤterlichen Geſellfchafft. ſen koͤnnen angewendet werden; ſo hat man darauf allerdings mit zu ſehen, wenn man die Kinder zum Guten verbinden will (§. 240 Mor.). §. 100.So bald der Verſtand und Gebrauch der Vernunfft ſich aͤuffert, hat man darauf zu ſehen, daß die Kinder nicht Sclaven im guten bleiben, ſondern es viel- mehr aus voͤlliger Freyheit thun (§. 377. Mor.). Und hierzu dienet alles dasjenige, was von der Beſſerung des Willens (§. 373 & ſeqq. Mor.), weitlaͤuftig ausge- fuͤhret worden. Es wird freylich eines und das andere in der Ausuͤbung noch einige Geſchicklichkeit erfordern, wenn man es bey Kindern anbringen wil: allein wir koͤn- nen uns vor dieſes mahl nicht in weitere Weitlaͤufftigkeiten einlaſſen. Wenn Kinder im guten vernuͤnff- tig zu machen. §. 101.Weil Kinder bloß den Gebrauch der Sinnen und Einbildungs-Krafft haben, keines weges aber den Gebrauch der Ver- nunfft, als welche erſt durch viele Ubung erhalten wird (§. 525 Met.); ſo koͤnnen ſie ſich auch nichts vorſtellen, als was ſie ſehen oder ſonſt empfinden und die Einbildungs-Kraft bringet hervor, was ſie ſonſt damit ver- wandtes empfunden (§. 238 Met.). Da nun hieraus ihre ſinnliche Begierden er- wachſen (§. 434 Met.), mit denen die aͤuſſeren Handlungen oder Bewegungen des Leibes uͤbereinſtimmen (§. 765 Met.); ſo Warum Kinder nichts boͤſes noch un- anſtaͤn- diges ſe- hen doͤrf- fen. E 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/91>, abgerufen am 04.05.2024.