damit er diesen Zweck, so viel in seiner Ge- walt ist, erreichet; so wird sich ohne Mü- he begreiffen lassen, was an beyden Stü- cken Eltern zu thun oblieget.
§. 83.
Es lieget demnach den Eltern obWie El- tern vor Woh- nung u. Kledung der Kin- der zu sorgen. davor zu sorgen, daß die Kinder so viel Nahrung und Kleider haben, als erfordert wird, wenn sie einen gesunden Leib und ge- sunde Gliedmassen erhalten und wohl wach- sen sollen (§. 450. 490 Mor.): wobey sie zugleich des Wohlstandes halber auf ihren Stand und Vermögen zu sehen haben (§. 458. 492 Mor.). Derowegen da die Mut- ter-Milch die erste Nahrung des Kindes ist, auch dabey bekand, daß die Kinder da- mit viel Böses zu ihrer Ungesundheit und Verderbung des Leibes, auch Gemüthes, einzusaugen pflegen, wenn die Person, so sie säuget, von wiedrigen Affecten und unor- dentlichen Begierden eingenommen wird; eine Mutter aber verbunden ist alles zur Auferziehung des Kindes beyzutragen, was in ihrer Gewalt stehet: so sol eine Mutter ihr Kind selbst träncken, wenn sie in dem Stande ist solches zu thun. Es bekommet auch hiedurch eine Mutter mehr Liebe zu ihrem Kinde und wird zugleich an- getrieben, sonderlich wo sie dabey vernünf- tig ist, fleißiger auf ihr Kind acht zu haben: welches nach diesem zu der übrigen Kinder- Zucht nicht ein geringes beyträget. Daß
man
Vaͤterl. Geſellſchafft.
damit er dieſen Zweck, ſo viel in ſeiner Ge- walt iſt, erreichet; ſo wird ſich ohne Muͤ- he begreiffen laſſen, was an beyden Stuͤ- cken Eltern zu thun oblieget.
§. 83.
Es lieget demnach den Eltern obWie El- tern vor Woh- nung u. Kledung der Kin- der zu ſorgen. davor zu ſorgen, daß die Kinder ſo viel Nahrung und Kleider haben, als erfordert wird, wenn ſie einen geſunden Leib und ge- ſunde Gliedmaſſen erhalten und wohl wach- ſen ſollen (§. 450. 490 Mor.): wobey ſie zugleich des Wohlſtandes halber auf ihren Stand und Vermoͤgen zu ſehen haben (§. 458. 492 Mor.). Derowegen da die Mut- ter-Milch die erſte Nahrung des Kindes iſt, auch dabey bekand, daß die Kinder da- mit viel Boͤſes zu ihrer Ungeſundheit und Verderbung des Leibes, auch Gemuͤthes, einzuſaugen pflegen, wenn die Perſon, ſo ſie ſaͤuget, von wiedrigen Affecten und unor- dentlichen Begierden eingenommen wird; eine Mutter aber verbunden iſt alles zur Auferziehung des Kindes beyzutragen, was in ihrer Gewalt ſtehet: ſo ſol eine Mutter ihr Kind ſelbſt traͤncken, wenn ſie in dem Stande iſt ſolches zu thun. Es bekommet auch hiedurch eine Mutter mehr Liebe zu ihrem Kinde und wird zugleich an- getrieben, ſonderlich wo ſie dabey vernuͤnf- tig iſt, fleißiger auf ihr Kind acht zu haben: welches nach dieſem zu der uͤbrigen Kinder- Zucht nicht ein geringes beytraͤget. Daß
man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0075"n="57"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vaͤterl. Geſellſchafft.</hi></fw><lb/>
damit er dieſen Zweck, ſo viel in ſeiner Ge-<lb/>
walt iſt, erreichet; ſo wird ſich ohne Muͤ-<lb/>
he begreiffen laſſen, was an beyden Stuͤ-<lb/>
cken Eltern zu thun oblieget.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 83.</head><p>Es lieget demnach den Eltern ob<noteplace="right">Wie El-<lb/>
tern vor<lb/>
Woh-<lb/>
nung u.<lb/>
Kledung<lb/>
der Kin-<lb/>
der zu<lb/>ſorgen.</note><lb/>
davor zu ſorgen, daß die Kinder ſo viel<lb/>
Nahrung und Kleider haben, als erfordert<lb/>
wird, wenn ſie einen geſunden Leib und ge-<lb/>ſunde Gliedmaſſen erhalten und wohl wach-<lb/>ſen ſollen (§. 450. 490 <hirendition="#aq">Mor.</hi>): wobey ſie<lb/>
zugleich des Wohlſtandes halber auf ihren<lb/>
Stand und Vermoͤgen zu ſehen haben (§.<lb/>
458. 492 <hirendition="#aq">Mor.</hi>). Derowegen da die Mut-<lb/>
ter-Milch die erſte Nahrung des Kindes<lb/>
iſt, auch dabey bekand, daß die Kinder da-<lb/>
mit viel Boͤſes zu ihrer Ungeſundheit und<lb/>
Verderbung des Leibes, auch Gemuͤthes,<lb/>
einzuſaugen pflegen, wenn die Perſon, ſo ſie<lb/>ſaͤuget, von wiedrigen Affecten und unor-<lb/>
dentlichen Begierden eingenommen wird;<lb/>
eine Mutter aber verbunden iſt alles zur<lb/>
Auferziehung des Kindes beyzutragen, was<lb/>
in ihrer Gewalt ſtehet: ſo ſol eine Mutter<lb/>
ihr Kind ſelbſt traͤncken, wenn ſie in dem<lb/>
Stande iſt ſolches zu thun. Es bekommet<lb/>
auch hiedurch eine Mutter mehr Liebe<lb/>
zu ihrem Kinde und wird zugleich an-<lb/>
getrieben, ſonderlich wo ſie dabey vernuͤnf-<lb/>
tig iſt, fleißiger auf ihr Kind acht zu haben:<lb/>
welches nach dieſem zu der uͤbrigen Kinder-<lb/>
Zucht nicht ein geringes beytraͤget. Daß<lb/><fwplace="bottom"type="catch">man</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[57/0075]
Vaͤterl. Geſellſchafft.
damit er dieſen Zweck, ſo viel in ſeiner Ge-
walt iſt, erreichet; ſo wird ſich ohne Muͤ-
he begreiffen laſſen, was an beyden Stuͤ-
cken Eltern zu thun oblieget.
§. 83.Es lieget demnach den Eltern ob
davor zu ſorgen, daß die Kinder ſo viel
Nahrung und Kleider haben, als erfordert
wird, wenn ſie einen geſunden Leib und ge-
ſunde Gliedmaſſen erhalten und wohl wach-
ſen ſollen (§. 450. 490 Mor.): wobey ſie
zugleich des Wohlſtandes halber auf ihren
Stand und Vermoͤgen zu ſehen haben (§.
458. 492 Mor.). Derowegen da die Mut-
ter-Milch die erſte Nahrung des Kindes
iſt, auch dabey bekand, daß die Kinder da-
mit viel Boͤſes zu ihrer Ungeſundheit und
Verderbung des Leibes, auch Gemuͤthes,
einzuſaugen pflegen, wenn die Perſon, ſo ſie
ſaͤuget, von wiedrigen Affecten und unor-
dentlichen Begierden eingenommen wird;
eine Mutter aber verbunden iſt alles zur
Auferziehung des Kindes beyzutragen, was
in ihrer Gewalt ſtehet: ſo ſol eine Mutter
ihr Kind ſelbſt traͤncken, wenn ſie in dem
Stande iſt ſolches zu thun. Es bekommet
auch hiedurch eine Mutter mehr Liebe
zu ihrem Kinde und wird zugleich an-
getrieben, ſonderlich wo ſie dabey vernuͤnf-
tig iſt, fleißiger auf ihr Kind acht zu haben:
welches nach dieſem zu der uͤbrigen Kinder-
Zucht nicht ein geringes beytraͤget. Daß
man
Wie El-
tern vor
Woh-
nung u.
Kledung
der Kin-
der zu
ſorgen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.