so ist er die gantze Zeit seines Lebens glücksee- lig. Man kan sich nehmlich selten Rechnung machen, daß durch den Tod des Ehegatten, der Ursache an der Unglückseeligkeit ist, derselben werde ein Ende gemacht werden. Da nun aber eines jeden Menschen Begierde von Natur dahin gehet, daß er glückseelig seyn wil; so hat man sich im Heyrathen um so viel mehr in acht zu nehmen, je schwerer das wieder zu verbessern ist, was ein mahl ver- sehen worden. Unterdessen da gleichwohl hier am aller ersten was versehen werden kan, indem man selten soviel Nachricht erhält, alszu gründlicher Beurtheilung der Glücksee- ligkeit der zu treffenden Che erfodert wird; so hat man das Heyrathen für das aller ge- fährlichste an zu sehen, was man in seinem gantzen Leben zu wagen hat.
§. 71.
Um dieser Gefährlichkeit willenWarum man sich nicht darinnen übereilen sol. sol auch niemand im Heyrathen sich über- eilen, zum allerwenigsten aber auch darauf dencken, wenn er noch nicht in dem Stande ist das Hauswesen von seinem Erwerbe zu führen, es sey denn daß das Weib so viel einbringet, als dem Manne zur Zeit noch abgehet, und dabey vernünfftig, tugendhafft, auch haushältig ist: welches jedoch Dinge sind, die man selten bey einander antrifft. (§. 59. 60.).
§. 72.
Es wärezwar noch gar vieles vonWarum nicht ein der Behutsamkeit zu errinnern, die bey Hey-
ra-
D 2
Cap. 2. Von dem Eheſtande.
ſo iſt er die gantze Zeit ſeines Lebens gluͤckſee- lig. Man kan ſich nehmlich ſelten Rechnung machen, daß durch den Tod des Ehegatten, der Urſache an der Ungluͤckſeeligkeit iſt, deꝛſelben weꝛde ein Ende gemacht weꝛden. Da nun aber eines jeden Menſchen Begierde von Natuꝛ dahin gehet, daß eꝛ gluͤckſeelig ſeyn wil; ſo hat man ſich im Heyrathen um ſo viel mehr in acht zu nehmen, je ſchwerer das wieder zu verbeſſern iſt, was ein mahl ver- ſehen worden. Unterdeſſen da gleichwohl hier am aller erſten was verſehen werden kan, indem man ſelten ſoviel Nachricht erhaͤlt, alszu gruͤndlicher Beurtheilung der Gluͤckſee- ligkeit der zu treffenden Che erfodert wird; ſo hat man das Heyrathen fuͤr das aller ge- faͤhrlichſte an zu ſehen, was man in ſeinem gantzen Leben zu wagen hat.
§. 71.
Um dieſer Gefaͤhrlichkeit willenWarum man ſich nicht darinnen uͤbereilen ſol. ſol auch niemand im Heyrathen ſich uͤber- eilen, zum allerwenigſten aber auch darauf dencken, wenn er noch nicht in dem Stande iſt das Hausweſen von ſeinem Erwerbe zu fuͤhren, es ſey denn daß das Weib ſo viel einbringet, als dem Manne zur Zeit noch abgehet, und dabey vernuͤnfftig, tugendhafft, auch haushaͤltig iſt: welches jedoch Dinge ſind, die man ſelten bey einander antrifft. (§. 59. 60.).
§. 72.
Es waͤrezwar noch gar vieles vonWarum nicht ein der Behutſamkeit zu errinnern, die bey Hey-
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Cap. 2. Von dem Eheſtande.
ſo iſt er die gantze Zeit ſeines Lebens gluͤckſee-
lig. Man kan ſich nehmlich ſelten Rechnung
machen, daß durch den Tod des Ehegatten,
der Urſache an der Ungluͤckſeeligkeit iſt,
deꝛſelben weꝛde ein Ende gemacht weꝛden. Da
nun aber eines jeden Menſchen Begierde
von Natuꝛ dahin gehet, daß eꝛ gluͤckſeelig ſeyn
wil; ſo hat man ſich im Heyrathen um ſo
viel mehr in acht zu nehmen, je ſchwerer das
wieder zu verbeſſern iſt, was ein mahl ver-
ſehen worden. Unterdeſſen da gleichwohl
hier am aller erſten was verſehen werden
kan, indem man ſelten ſoviel Nachricht erhaͤlt,
alszu gruͤndlicher Beurtheilung der Gluͤckſee-
ligkeit der zu treffenden Che erfodert wird; ſo
hat man das Heyrathen fuͤr das aller ge-
faͤhrlichſte an zu ſehen, was man in ſeinem
gantzen Leben zu wagen hat.
§. 71.Um dieſer Gefaͤhrlichkeit willen
ſol auch niemand im Heyrathen ſich uͤber-
eilen, zum allerwenigſten aber auch darauf
dencken, wenn er noch nicht in dem Stande
iſt das Hausweſen von ſeinem Erwerbe zu
fuͤhren, es ſey denn daß das Weib ſo viel
einbringet, als dem Manne zur Zeit noch
abgehet, und dabey vernuͤnfftig, tugendhafft,
auch haushaͤltig iſt: welches jedoch Dinge
ſind, die man ſelten bey einander antrifft.
(§. 59. 60.).
Warum
man ſich
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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