Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

der hohen Landes-Obrigkeit.
es vor nöthig befindet, einen in Verhafft
zu bringen; so ist es unrecht wenn er sich
gewaltthätiger Weise denen Personen wie-
dersetzet, die ihn darein bringen sollen.
Da man überhaupt verbunden ist einem
jeden so viel Ehre zu geben, als ihm ge-
bühret (§. 809. Mor.); so muß man auch
die niedrigen Obrigkeiten ehren, wie sichs
gebühret. Nun giebt man einem die Eh-
re, die ihm gebühret, wenn man durch
seine Handlungen, Minen und Gebeerden
zu verstehen giebet, man halte ihn vor
denjenigen, der er ist (§. 811. Mor.).
Derowegen da die niedrige Obrigkeit eine
Person ist, der von der hohen Landes-O-
brigkeit so viel Macht und Gewalt verlie-
hen worden, als sie zu Beförderung der
gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit in
gewissen Fällen von nöthen hat (§. 469);
so muß man auch durch seine Handlungen,
Minen und Gebeerden zeigen, wie man
erkenne, es stehe ihr zu in diesen Fällen zu
befehlen und sonst zu veranstalten, was sie
für nöthig befinde, und man erkenne, daß
sie Macht und Gewalt über uns habe.
Eben deswegen weil sie in einigen Stü-
cken Macht und Gewalt über uns hat; so ist
sie höher als wir: welches wohl niemand in
Zweiffel ziehen wird. Man sol aber gegen
höhere sich ehrerbietig erzeigen und eine
Hochachtung für ihnen haben (§. 814. Mor.)

und
L l 4

der hohen Landes-Obrigkeit.
es vor noͤthig befindet, einen in Verhafft
zu bringen; ſo iſt es unrecht wenn er ſich
gewaltthaͤtiger Weiſe denen Perſonen wie-
derſetzet, die ihn darein bringen ſollen.
Da man uͤberhaupt verbunden iſt einem
jeden ſo viel Ehre zu geben, als ihm ge-
buͤhret (§. 809. Mor.); ſo muß man auch
die niedrigen Obrigkeiten ehren, wie ſichs
gebuͤhret. Nun giebt man einem die Eh-
re, die ihm gebuͤhret, wenn man durch
ſeine Handlungen, Minen und Gebeerden
zu verſtehen giebet, man halte ihn vor
denjenigen, der er iſt (§. 811. Mor.).
Derowegen da die niedrige Obrigkeit eine
Perſon iſt, der von der hohen Landes-O-
brigkeit ſo viel Macht und Gewalt verlie-
hen worden, als ſie zu Befoͤrderung der
gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit in
gewiſſen Faͤllen von noͤthen hat (§. 469);
ſo muß man auch durch ſeine Handlungen,
Minen und Gebeerden zeigen, wie man
erkenne, es ſtehe ihr zu in dieſen Faͤllen zu
befehlen und ſonſt zu veranſtalten, was ſie
fuͤr noͤthig befinde, und man erkenne, daß
ſie Macht und Gewalt uͤber uns habe.
Eben deswegen weil ſie in einigen Stuͤ-
cken Macht und Gewalt uͤber uns hat; ſo iſt
ſie hoͤher als wir: welches wohl niemand in
Zweiffel ziehen wird. Man ſol aber gegen
hoͤhere ſich ehrerbietig erzeigen und eine
Hochachtung fuͤr ihnen haben (§. 814. Mor.)

und
L l 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0553" n="535"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der hohen Landes-Obrigkeit.</hi></fw><lb/>
es vor no&#x0364;thig befindet, einen in Verhafft<lb/>
zu bringen; &#x017F;o i&#x017F;t es unrecht wenn er &#x017F;ich<lb/>
gewalttha&#x0364;tiger Wei&#x017F;e denen Per&#x017F;onen wie-<lb/>
der&#x017F;etzet, die ihn darein bringen &#x017F;ollen.<lb/>
Da man u&#x0364;berhaupt verbunden i&#x017F;t einem<lb/>
jeden &#x017F;o viel Ehre zu geben, als ihm ge-<lb/>
bu&#x0364;hret (§. 809. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>); &#x017F;o muß man auch<lb/>
die niedrigen Obrigkeiten ehren, wie &#x017F;ichs<lb/>
gebu&#x0364;hret. Nun giebt man einem die Eh-<lb/>
re, die ihm gebu&#x0364;hret, wenn man durch<lb/>
&#x017F;eine Handlungen, Minen und Gebeerden<lb/>
zu ver&#x017F;tehen giebet, man halte ihn vor<lb/>
denjenigen, der er i&#x017F;t (§. 811. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).<lb/>
Derowegen da die niedrige Obrigkeit eine<lb/>
Per&#x017F;on i&#x017F;t, der von der hohen Landes-O-<lb/>
brigkeit &#x017F;o viel Macht und Gewalt verlie-<lb/>
hen worden, als &#x017F;ie zu Befo&#x0364;rderung der<lb/>
gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit in<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Fa&#x0364;llen von no&#x0364;then hat (§. 469);<lb/>
&#x017F;o muß man auch durch &#x017F;eine Handlungen,<lb/>
Minen und Gebeerden zeigen, wie man<lb/>
erkenne, es &#x017F;tehe ihr zu in die&#x017F;en Fa&#x0364;llen zu<lb/>
befehlen und &#x017F;on&#x017F;t zu veran&#x017F;talten, was &#x017F;ie<lb/>
fu&#x0364;r no&#x0364;thig befinde, und man erkenne, daß<lb/>
&#x017F;ie Macht und Gewalt u&#x0364;ber uns habe.<lb/>
Eben deswegen weil &#x017F;ie in einigen Stu&#x0364;-<lb/>
cken Macht und Gewalt u&#x0364;ber uns hat; &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie ho&#x0364;her als wir: welches wohl niemand in<lb/>
Zweiffel ziehen wird. Man &#x017F;ol aber gegen<lb/>
ho&#x0364;here &#x017F;ich ehrerbietig erzeigen und eine<lb/>
Hochachtung fu&#x0364;r ihnen haben (§. 814. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>)<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 4</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[535/0553] der hohen Landes-Obrigkeit. es vor noͤthig befindet, einen in Verhafft zu bringen; ſo iſt es unrecht wenn er ſich gewaltthaͤtiger Weiſe denen Perſonen wie- derſetzet, die ihn darein bringen ſollen. Da man uͤberhaupt verbunden iſt einem jeden ſo viel Ehre zu geben, als ihm ge- buͤhret (§. 809. Mor.); ſo muß man auch die niedrigen Obrigkeiten ehren, wie ſichs gebuͤhret. Nun giebt man einem die Eh- re, die ihm gebuͤhret, wenn man durch ſeine Handlungen, Minen und Gebeerden zu verſtehen giebet, man halte ihn vor denjenigen, der er iſt (§. 811. Mor.). Derowegen da die niedrige Obrigkeit eine Perſon iſt, der von der hohen Landes-O- brigkeit ſo viel Macht und Gewalt verlie- hen worden, als ſie zu Befoͤrderung der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit in gewiſſen Faͤllen von noͤthen hat (§. 469); ſo muß man auch durch ſeine Handlungen, Minen und Gebeerden zeigen, wie man erkenne, es ſtehe ihr zu in dieſen Faͤllen zu befehlen und ſonſt zu veranſtalten, was ſie fuͤr noͤthig befinde, und man erkenne, daß ſie Macht und Gewalt uͤber uns habe. Eben deswegen weil ſie in einigen Stuͤ- cken Macht und Gewalt uͤber uns hat; ſo iſt ſie hoͤher als wir: welches wohl niemand in Zweiffel ziehen wird. Man ſol aber gegen hoͤhere ſich ehrerbietig erzeigen und eine Hochachtung fuͤr ihnen haben (§. 814. Mor.) und L l 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/553
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/553>, abgerufen am 23.11.2024.