Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 6. Von der Regierung
Haupt-Sache abkomme; so suchet er
Ausflüchte. Unter die Straffe, dadurch
die Verzögerung des Proceßes gehindert
wird, gehöret, daß einer sein Recht ver-
lieret und sich an dem, was er thun sollte,
versäumet, wenn er es nicht zu bestimmter
Zeit thut.

Wie man
sich ge-
gen die
niedrigen
Obrig-
keiten/
als die
Richter
zu ver-
halten.
§. 474.

Man soll der hohen Landes-O-
brigkeit gehorchen umb ihrer Gewalt Wil-
len (§. 435). Da nun die niederen Obrig-
keiten, als die Richter, keine andere Ge-
walt haben, als die der hohen Landes-
Obrigkeit zustehet und ihnen ihres Ambtes
wegen bloß von ihr verliehen worden (§.
469); so muß man auch den niederen O-
brigkeiten gehorchen, und demnach bereit
und willig seyn alles auszurichten, was sie
Ambts wegen befehlen (§. 124). Jch sage
mit Fleiß: Ambts wegen. Denn sie ha-
ben keine weitere Gewalt, als die zu Ver-
waltung ihres Amtes nöthig ist (§. 469).
Wiederumb da man nichts wieder die
Macht und Gewalt der hohen Landes-O-
brigkeit vornehmen sol (§. 461), die Macht
und Gewalt aber der niedrigen Obrigkei-
ten eben diejenige ist, welche der hohen Lan-
des-Obrigkeit ursprünglich zugehöret (§.
469); so darf auch niemand der Macht
und Gewalt der niederen Obrigkeit sich
wiedersetzen, oder auf einige Weise da-
wieder etwas vornehmen. Also wenn sie

es

Cap. 6. Von der Regierung
Haupt-Sache abkomme; ſo ſuchet er
Ausfluͤchte. Unter die Straffe, dadurch
die Verzoͤgerung des Proceßes gehindert
wird, gehoͤret, daß einer ſein Recht ver-
lieret und ſich an dem, was er thun ſollte,
verſaͤumet, wenn er es nicht zu beſtimmter
Zeit thut.

Wie man
ſich ge-
gen die
niedrigen
Obrig-
keiten/
als die
Richter
zu ver-
halten.
§. 474.

Man ſoll der hohen Landes-O-
brigkeit gehorchen umb ihrer Gewalt Wil-
len (§. 435). Da nun die niederen Obrig-
keiten, als die Richter, keine andere Ge-
walt haben, als die der hohen Landes-
Obrigkeit zuſtehet und ihnen ihres Ambtes
wegen bloß von ihr verliehen worden (§.
469); ſo muß man auch den niederen O-
brigkeiten gehorchen, und demnach bereit
und willig ſeyn alles auszurichten, was ſie
Ambts wegen befehlen (§. 124). Jch ſage
mit Fleiß: Ambts wegen. Denn ſie ha-
ben keine weitere Gewalt, als die zu Ver-
waltung ihres Amtes noͤthig iſt (§. 469).
Wiederumb da man nichts wieder die
Macht und Gewalt der hohen Landes-O-
brigkeit vornehmen ſol (§. 461), die Macht
und Gewalt aber der niedrigen Obrigkei-
ten eben diejenige iſt, welche der hohen Lan-
des-Obrigkeit urſpruͤnglich zugehoͤret (§.
469); ſo darf auch niemand der Macht
und Gewalt der niederen Obrigkeit ſich
wiederſetzen, oder auf einige Weiſe da-
wieder etwas vornehmen. Alſo wenn ſie

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0552" n="534"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 6. Von der Regierung</hi></fw><lb/>
Haupt-Sache abkomme; &#x017F;o &#x017F;uchet er<lb/>
Ausflu&#x0364;chte. Unter die Straffe, dadurch<lb/>
die Verzo&#x0364;gerung des Proceßes gehindert<lb/>
wird, geho&#x0364;ret, daß einer &#x017F;ein Recht ver-<lb/>
lieret und &#x017F;ich an dem, was er thun &#x017F;ollte,<lb/>
ver&#x017F;a&#x0364;umet, wenn er es nicht zu be&#x017F;timmter<lb/>
Zeit thut.</p><lb/>
              <note place="left">Wie man<lb/>
&#x017F;ich ge-<lb/>
gen die<lb/>
niedrigen<lb/>
Obrig-<lb/>
keiten/<lb/>
als die<lb/>
Richter<lb/>
zu ver-<lb/>
halten.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 474.</head>
              <p>Man &#x017F;oll der hohen Landes-O-<lb/>
brigkeit gehorchen umb ihrer Gewalt Wil-<lb/>
len (§. 435). Da nun die niederen Obrig-<lb/>
keiten, als die Richter, keine andere Ge-<lb/>
walt haben, als die der hohen Landes-<lb/>
Obrigkeit zu&#x017F;tehet und ihnen ihres Ambtes<lb/>
wegen bloß von ihr verliehen worden (§.<lb/>
469); &#x017F;o muß man auch den niederen O-<lb/>
brigkeiten gehorchen, und demnach bereit<lb/>
und willig &#x017F;eyn alles auszurichten, was &#x017F;ie<lb/>
Ambts wegen befehlen (§. 124). Jch &#x017F;age<lb/>
mit Fleiß: Ambts wegen. Denn &#x017F;ie ha-<lb/>
ben keine weitere Gewalt, als die zu Ver-<lb/>
waltung ihres Amtes no&#x0364;thig i&#x017F;t (§. 469).<lb/>
Wiederumb da man nichts wieder die<lb/>
Macht und Gewalt der hohen Landes-O-<lb/>
brigkeit vornehmen &#x017F;ol (§. 461), die Macht<lb/>
und Gewalt aber der niedrigen Obrigkei-<lb/>
ten eben diejenige i&#x017F;t, welche der hohen Lan-<lb/>
des-Obrigkeit ur&#x017F;pru&#x0364;nglich zugeho&#x0364;ret (§.<lb/>
469); &#x017F;o darf auch niemand der Macht<lb/>
und Gewalt der niederen Obrigkeit &#x017F;ich<lb/>
wieder&#x017F;etzen, oder auf einige Wei&#x017F;e da-<lb/>
wieder etwas vornehmen. Al&#x017F;o wenn &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0552] Cap. 6. Von der Regierung Haupt-Sache abkomme; ſo ſuchet er Ausfluͤchte. Unter die Straffe, dadurch die Verzoͤgerung des Proceßes gehindert wird, gehoͤret, daß einer ſein Recht ver- lieret und ſich an dem, was er thun ſollte, verſaͤumet, wenn er es nicht zu beſtimmter Zeit thut. §. 474.Man ſoll der hohen Landes-O- brigkeit gehorchen umb ihrer Gewalt Wil- len (§. 435). Da nun die niederen Obrig- keiten, als die Richter, keine andere Ge- walt haben, als die der hohen Landes- Obrigkeit zuſtehet und ihnen ihres Ambtes wegen bloß von ihr verliehen worden (§. 469); ſo muß man auch den niederen O- brigkeiten gehorchen, und demnach bereit und willig ſeyn alles auszurichten, was ſie Ambts wegen befehlen (§. 124). Jch ſage mit Fleiß: Ambts wegen. Denn ſie ha- ben keine weitere Gewalt, als die zu Ver- waltung ihres Amtes noͤthig iſt (§. 469). Wiederumb da man nichts wieder die Macht und Gewalt der hohen Landes-O- brigkeit vornehmen ſol (§. 461), die Macht und Gewalt aber der niedrigen Obrigkei- ten eben diejenige iſt, welche der hohen Lan- des-Obrigkeit urſpruͤnglich zugehoͤret (§. 469); ſo darf auch niemand der Macht und Gewalt der niederen Obrigkeit ſich wiederſetzen, oder auf einige Weiſe da- wieder etwas vornehmen. Alſo wenn ſie es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/552
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/552>, abgerufen am 04.05.2024.