Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

der hohen Landes-Obrigkeit.
bedacht seyn, wie durch die Forme des
Proceßes allen unnöthigen Ausflüchten
vorgebeuget werde, sondern in den Fäl-
len, da sie nicht können verhütet werden,
muß man durch Straffen die Partheyen
verbinden davon abzustehen (§. 341), wel-
ches auch in allen Fällen bey dem Unge-
horsam geschehen muß. Wir nennen nem-
lich Ungehorsam, wenn einer dasjenige un-
terlässet, was ihm von dem Richter Ge-
richtswegen aufferleget wird, als wenn er
vor Gerichte auf einen gewissen Terminge-
laden wird u. er erscheinet nicht in demselben.
Und hierinnen bleiben wir bey der gewöhn-
lichen Bedeutung des Wortes (§. 124).
Hingegen wo einer sich stellet, als wenn er
gehorsam wäre und gerne thun wollte, was
ihm aufferleget wird, schützet aber entwe-
der unumbgängliche Verhinderungen vor,
oder suchet auf allerhand andere Art und
Weise sich demjenigen zu entziehen, was
er zu thun verbunden; so suchet er Aus-
flüchte z. E. Wenn einer vor Gerichte vor-
geladen worden und er schützet Kranckheit
vor, die er doch durch kein beglaubtes Zeug-
nis bescheinigen kan, so suchet er Aus-
flüchte. Gleichergestalt wenn einer einen
Beweis führen sol, und er bringet solche
Dinge vor, die zum Beweis der Sache
gar nicht dienen und suchet dadurch einen
neuen Streit hervor, damit man von der

Haupt-
L l 3

der hohen Landes-Obrigkeit.
bedacht ſeyn, wie durch die Forme des
Proceßes allen unnoͤthigen Ausfluͤchten
vorgebeuget werde, ſondern in den Faͤl-
len, da ſie nicht koͤnnen verhuͤtet werden,
muß man durch Straffen die Partheyen
verbinden davon abzuſtehen (§. 341), wel-
ches auch in allen Faͤllen bey dem Unge-
horſam geſchehen muß. Wir nennen nem-
lich Ungehorſam, wenn einer dasjenige un-
terlaͤſſet, was ihm von dem Richter Ge-
richtswegen aufferleget wird, als wenn er
vor Gerichte auf einen gewiſſen Terminge-
laden wird u. er erſcheinet nicht in demſelben.
Und hierinnen bleiben wir bey der gewoͤhn-
lichen Bedeutung des Wortes (§. 124).
Hingegen wo einer ſich ſtellet, als wenn er
gehorſam waͤre und gerne thun wollte, was
ihm aufferleget wird, ſchuͤtzet aber entwe-
der unumbgaͤngliche Verhinderungen vor,
oder ſuchet auf allerhand andere Art und
Weiſe ſich demjenigen zu entziehen, was
er zu thun verbunden; ſo ſuchet er Aus-
fluͤchte z. E. Wenn einer vor Gerichte vor-
geladen worden und er ſchuͤtzet Kranckheit
vor, die er doch durch kein beglaubtes Zeug-
nis beſcheinigen kan, ſo ſuchet er Aus-
fluͤchte. Gleichergeſtalt wenn einer einen
Beweis fuͤhren ſol, und er bringet ſolche
Dinge vor, die zum Beweis der Sache
gar nicht dienen und ſuchet dadurch einen
neuen Streit hervor, damit man von der

Haupt-
L l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0551" n="533"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der hohen Landes-Obrigkeit.</hi></fw><lb/>
bedacht &#x017F;eyn, wie durch die Forme des<lb/>
Proceßes allen unno&#x0364;thigen Ausflu&#x0364;chten<lb/>
vorgebeuget werde, &#x017F;ondern in den Fa&#x0364;l-<lb/>
len, da &#x017F;ie nicht ko&#x0364;nnen verhu&#x0364;tet werden,<lb/>
muß man durch Straffen die Partheyen<lb/>
verbinden davon abzu&#x017F;tehen (§. 341), wel-<lb/>
ches auch in allen Fa&#x0364;llen bey dem Unge-<lb/>
hor&#x017F;am ge&#x017F;chehen muß. Wir nennen nem-<lb/>
lich Ungehor&#x017F;am, wenn einer dasjenige un-<lb/>
terla&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, was ihm von dem Richter Ge-<lb/>
richtswegen aufferleget wird, als wenn er<lb/>
vor Gerichte auf einen gewi&#x017F;&#x017F;en Terminge-<lb/>
laden wird u. er er&#x017F;cheinet nicht in dem&#x017F;elben.<lb/>
Und hierinnen bleiben wir bey der gewo&#x0364;hn-<lb/>
lichen Bedeutung des Wortes (§. 124).<lb/>
Hingegen wo einer &#x017F;ich &#x017F;tellet, als wenn er<lb/>
gehor&#x017F;am wa&#x0364;re und gerne thun wollte, was<lb/>
ihm aufferleget wird, &#x017F;chu&#x0364;tzet aber entwe-<lb/>
der unumbga&#x0364;ngliche Verhinderungen vor,<lb/>
oder &#x017F;uchet auf allerhand andere Art und<lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;ich demjenigen zu entziehen, was<lb/>
er zu thun verbunden; &#x017F;o &#x017F;uchet er Aus-<lb/>
flu&#x0364;chte z. E. Wenn einer vor Gerichte vor-<lb/>
geladen worden und er &#x017F;chu&#x0364;tzet Kranckheit<lb/>
vor, die er doch durch kein beglaubtes Zeug-<lb/>
nis be&#x017F;cheinigen kan, &#x017F;o &#x017F;uchet er Aus-<lb/>
flu&#x0364;chte. Gleicherge&#x017F;talt wenn einer einen<lb/>
Beweis fu&#x0364;hren &#x017F;ol, und er bringet &#x017F;olche<lb/>
Dinge vor, die zum Beweis der Sache<lb/>
gar nicht dienen und &#x017F;uchet dadurch einen<lb/>
neuen Streit hervor, damit man von der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Haupt-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[533/0551] der hohen Landes-Obrigkeit. bedacht ſeyn, wie durch die Forme des Proceßes allen unnoͤthigen Ausfluͤchten vorgebeuget werde, ſondern in den Faͤl- len, da ſie nicht koͤnnen verhuͤtet werden, muß man durch Straffen die Partheyen verbinden davon abzuſtehen (§. 341), wel- ches auch in allen Faͤllen bey dem Unge- horſam geſchehen muß. Wir nennen nem- lich Ungehorſam, wenn einer dasjenige un- terlaͤſſet, was ihm von dem Richter Ge- richtswegen aufferleget wird, als wenn er vor Gerichte auf einen gewiſſen Terminge- laden wird u. er erſcheinet nicht in demſelben. Und hierinnen bleiben wir bey der gewoͤhn- lichen Bedeutung des Wortes (§. 124). Hingegen wo einer ſich ſtellet, als wenn er gehorſam waͤre und gerne thun wollte, was ihm aufferleget wird, ſchuͤtzet aber entwe- der unumbgaͤngliche Verhinderungen vor, oder ſuchet auf allerhand andere Art und Weiſe ſich demjenigen zu entziehen, was er zu thun verbunden; ſo ſuchet er Aus- fluͤchte z. E. Wenn einer vor Gerichte vor- geladen worden und er ſchuͤtzet Kranckheit vor, die er doch durch kein beglaubtes Zeug- nis beſcheinigen kan, ſo ſuchet er Aus- fluͤchte. Gleichergeſtalt wenn einer einen Beweis fuͤhren ſol, und er bringet ſolche Dinge vor, die zum Beweis der Sache gar nicht dienen und ſuchet dadurch einen neuen Streit hervor, damit man von der Haupt- L l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/551
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/551>, abgerufen am 04.05.2024.