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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 6. Von der Regierung
brechern vollstrecket (§. 345.). Und demnach
lieget der hohen Landes-Obrigkeit ob dar-
auf acht zu haben, daß die Ubertretungen
der Gesetze nicht verheelet, gebührend un-
tersuchet und auf vorgeschriebene Art und
Weise geahndet werden, wie nicht weni-
ger genungsame Anstalten zu machen, daß
sich niemand mit Unwissenheit schützen kön-
ne. Wovon sie Gesetze zu geben hat, ist
schon zur Gnüge oben (§. 331. & seqq.)
ausgeführet, auch (§. 421. & seqq.) mit
Exempeln erläutert worden.

Noth-
wendig-
keit der
Gerichte
und ihr
Unter-
scheid.
§. 469.

Weil nun diejenigen, welche
nicht vor sich gutwillig die Gesetze halten
wollen, in denen Fällen, wo sie sich wei-
gern dem andern zu geben, was ihm ge-
bühret, durch die Hülffe dazu müssen ge-
bracht, wo sie aber durch Ubertretung an-
dere beleidigen und in Schaden setzen, nach
Verdiensten bestraffet werden (§. 342. 343);
so ist nicht möglich, daß die hohe Obrig-
keit selbst an allen Orten dafür sorget, wie
denen Gesetzen von den Unterthanen in je-
dem Falle ein Gnügen geschehe, und dem-
nach ist nöthig, daß sie an einem jeden
Orte andere Personen bestellet, die an ih-
rer statt dieses verrichten, welche man
Richter und niedere Obrigkeiten zu
nennen pfleget. Damit sie nun aber die-
ses ihr Ambt verrichten können, so muß
sie ihnen die Freyheit ertheilen der Unter-

tha-

Cap. 6. Von der Regierung
brechern vollſtrecket (§. 345.). Und demnach
lieget der hohen Landes-Obrigkeit ob dar-
auf acht zu haben, daß die Ubertretungen
der Geſetze nicht verheelet, gebuͤhrend un-
terſuchet und auf vorgeſchriebene Art und
Weiſe geahndet werden, wie nicht weni-
ger genungſame Anſtalten zu machen, daß
ſich niemand mit Unwiſſenheit ſchuͤtzen koͤn-
ne. Wovon ſie Geſetze zu geben hat, iſt
ſchon zur Gnuͤge oben (§. 331. & ſeqq.)
ausgefuͤhret, auch (§. 421. & ſeqq.) mit
Exempeln erlaͤutert worden.

Noth-
wendig-
keit der
Gerichte
und ihr
Unter-
ſcheid.
§. 469.

Weil nun diejenigen, welche
nicht vor ſich gutwillig die Geſetze halten
wollen, in denen Faͤllen, wo ſie ſich wei-
gern dem andern zu geben, was ihm ge-
buͤhret, durch die Huͤlffe dazu muͤſſen ge-
bracht, wo ſie aber durch Ubertretung an-
dere beleidigen und in Schaden ſetzen, nach
Verdienſten beſtraffet werden (§. 342. 343);
ſo iſt nicht moͤglich, daß die hohe Obrig-
keit ſelbſt an allen Orten dafuͤr ſorget, wie
denen Geſetzen von den Unterthanen in je-
dem Falle ein Gnuͤgen geſchehe, und dem-
nach iſt noͤthig, daß ſie an einem jeden
Orte andere Perſonen beſtellet, die an ih-
rer ſtatt dieſes verrichten, welche man
Richter und niedere Obrigkeiten zu
nennen pfleget. Damit ſie nun aber die-
ſes ihr Ambt verrichten koͤnnen, ſo muß
ſie ihnen die Freyheit ertheilen der Unter-

tha-
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[506/0524] Cap. 6. Von der Regierung brechern vollſtrecket (§. 345.). Und demnach lieget der hohen Landes-Obrigkeit ob dar- auf acht zu haben, daß die Ubertretungen der Geſetze nicht verheelet, gebuͤhrend un- terſuchet und auf vorgeſchriebene Art und Weiſe geahndet werden, wie nicht weni- ger genungſame Anſtalten zu machen, daß ſich niemand mit Unwiſſenheit ſchuͤtzen koͤn- ne. Wovon ſie Geſetze zu geben hat, iſt ſchon zur Gnuͤge oben (§. 331. & ſeqq.) ausgefuͤhret, auch (§. 421. & ſeqq.) mit Exempeln erlaͤutert worden. §. 469.Weil nun diejenigen, welche nicht vor ſich gutwillig die Geſetze halten wollen, in denen Faͤllen, wo ſie ſich wei- gern dem andern zu geben, was ihm ge- buͤhret, durch die Huͤlffe dazu muͤſſen ge- bracht, wo ſie aber durch Ubertretung an- dere beleidigen und in Schaden ſetzen, nach Verdienſten beſtraffet werden (§. 342. 343); ſo iſt nicht moͤglich, daß die hohe Obrig- keit ſelbſt an allen Orten dafuͤr ſorget, wie denen Geſetzen von den Unterthanen in je- dem Falle ein Gnuͤgen geſchehe, und dem- nach iſt noͤthig, daß ſie an einem jeden Orte andere Perſonen beſtellet, die an ih- rer ſtatt dieſes verrichten, welche man Richter und niedere Obrigkeiten zu nennen pfleget. Damit ſie nun aber die- ſes ihr Ambt verrichten koͤnnen, ſo muß ſie ihnen die Freyheit ertheilen der Unter- tha-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/524>, abgerufen am 27.06.2024.