Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gewalt der Obrigkeit.
set, sondern es gar mit Füssen tritt; der be-
gehet mehr Frevel als der andere, der es
bloß herunter reisset und in Stücken zer-
reisset. Wiederumb wer das Edict ab-
reißet, zerreißet, in den Koth wirfft und
mit Füßen hinein tritt; der begehet mehr
Frevel als ein anderer, der es bloß abreis-
set, nach diesem zerreißet und an dem Or-
te, wo er stehet, hinwirfft und mit Füßen
tritt. Ja wer noch dazu unverantwortli-
che Reden führet, der begehet einen grös-
sern Frevel als derjenige, der es bey der
That allein bewenden läßet. Da nun
noch weit mehrere Grade bey diesem Ver-
brechen möglich sind; so erkennet man hier-
aus, wie viel Grade ein dergleichen Ver-
brechen haben könne. Und auf gleiche
Weise verhält sichs nicht allein in anderen
Fällen der beleidigten Majestät, sondern
überhaupt in allen Verbrechen. Man sie-
het auch ohne mein Erinnern, daß man
dergleichen Grade gleichfals im Guten ha-
be. Wenn eine hohe Landes-Obrigkeit
eine neue Auflage machte und zu deren Be-
huff einige Bedienten setzte, man wollte a-
ber die Bedienten schimpflich tractiren und
wegjagen, oder auch wohl gar umb das
Leben bringen, indem sie sich wehren wol-
ten: so handelte man hier abermahls wie-
der die Gewalt der hohen Obrigkeit und
beleidiget dadurch die Majestät (§. 435. 461).

Die

und Gewalt der Obrigkeit.
ſet, ſondern es gar mit Fuͤſſen tritt; der be-
gehet mehr Frevel als der andere, der es
bloß herunter reiſſet und in Stuͤcken zer-
reiſſet. Wiederumb wer das Edict ab-
reißet, zerreißet, in den Koth wirfft und
mit Fuͤßen hinein tritt; der begehet mehr
Frevel als ein anderer, der es bloß abreiſ-
ſet, nach dieſem zerreißet und an dem Or-
te, wo er ſtehet, hinwirfft und mit Fuͤßen
tritt. Ja wer noch dazu unverantwortli-
che Reden fuͤhret, der begehet einen groͤſ-
ſern Frevel als derjenige, der es bey der
That allein bewenden laͤßet. Da nun
noch weit mehrere Grade bey dieſem Ver-
brechen moͤglich ſind; ſo erkennet man hier-
aus, wie viel Grade ein dergleichen Ver-
brechen haben koͤnne. Und auf gleiche
Weiſe verhaͤlt ſichs nicht allein in anderen
Faͤllen der beleidigten Majeſtaͤt, ſondern
uͤberhaupt in allen Verbrechen. Man ſie-
het auch ohne mein Erinnern, daß man
dergleichen Grade gleichfals im Guten ha-
be. Wenn eine hohe Landes-Obrigkeit
eine neue Auflage machte und zu deren Be-
huff einige Bedienten ſetzte, man wollte a-
ber die Bedienten ſchimpflich tractiren und
wegjagen, oder auch wohl gar umb das
Leben bringen, indem ſie ſich wehren wol-
ten: ſo handelte man hier abermahls wie-
der die Gewalt der hohen Obrigkeit und
beleidiget dadurch die Majeſtaͤt (§. 435. 461).

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0511" n="493"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Gewalt der Obrigkeit.</hi></fw><lb/>
&#x017F;et, &#x017F;ondern es gar mit Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en tritt; der be-<lb/>
gehet mehr Frevel als der andere, der es<lb/>
bloß herunter rei&#x017F;&#x017F;et und in Stu&#x0364;cken zer-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;et. Wiederumb wer das Edict ab-<lb/>
reißet, zerreißet, in den Koth wirfft und<lb/>
mit Fu&#x0364;ßen hinein tritt; der begehet mehr<lb/>
Frevel als ein anderer, der es bloß abrei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et, nach die&#x017F;em zerreißet und an dem Or-<lb/>
te, wo er &#x017F;tehet, hinwirfft und mit Fu&#x0364;ßen<lb/>
tritt. Ja wer noch dazu unverantwortli-<lb/>
che Reden fu&#x0364;hret, der begehet einen gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern Frevel als derjenige, der es bey der<lb/>
That allein bewenden la&#x0364;ßet. Da nun<lb/>
noch weit mehrere Grade bey die&#x017F;em Ver-<lb/>
brechen mo&#x0364;glich &#x017F;ind; &#x017F;o erkennet man hier-<lb/>
aus, wie viel Grade ein dergleichen Ver-<lb/>
brechen haben ko&#x0364;nne. Und auf gleiche<lb/>
Wei&#x017F;e verha&#x0364;lt &#x017F;ichs nicht allein in anderen<lb/>
Fa&#x0364;llen der beleidigten Maje&#x017F;ta&#x0364;t, &#x017F;ondern<lb/>
u&#x0364;berhaupt in allen Verbrechen. Man &#x017F;ie-<lb/>
het auch ohne mein Erinnern, daß man<lb/>
dergleichen Grade gleichfals im Guten ha-<lb/>
be. Wenn eine hohe Landes-Obrigkeit<lb/>
eine neue Auflage machte und zu deren Be-<lb/>
huff einige Bedienten &#x017F;etzte, man wollte a-<lb/>
ber die Bedienten &#x017F;chimpflich tractiren und<lb/>
wegjagen, oder auch wohl gar umb das<lb/>
Leben bringen, indem &#x017F;ie &#x017F;ich wehren wol-<lb/>
ten: &#x017F;o handelte man hier abermahls wie-<lb/>
der die Gewalt der hohen Obrigkeit und<lb/>
beleidiget dadurch die Maje&#x017F;ta&#x0364;t (§. 435. 461).<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[493/0511] und Gewalt der Obrigkeit. ſet, ſondern es gar mit Fuͤſſen tritt; der be- gehet mehr Frevel als der andere, der es bloß herunter reiſſet und in Stuͤcken zer- reiſſet. Wiederumb wer das Edict ab- reißet, zerreißet, in den Koth wirfft und mit Fuͤßen hinein tritt; der begehet mehr Frevel als ein anderer, der es bloß abreiſ- ſet, nach dieſem zerreißet und an dem Or- te, wo er ſtehet, hinwirfft und mit Fuͤßen tritt. Ja wer noch dazu unverantwortli- che Reden fuͤhret, der begehet einen groͤſ- ſern Frevel als derjenige, der es bey der That allein bewenden laͤßet. Da nun noch weit mehrere Grade bey dieſem Ver- brechen moͤglich ſind; ſo erkennet man hier- aus, wie viel Grade ein dergleichen Ver- brechen haben koͤnne. Und auf gleiche Weiſe verhaͤlt ſichs nicht allein in anderen Faͤllen der beleidigten Majeſtaͤt, ſondern uͤberhaupt in allen Verbrechen. Man ſie- het auch ohne mein Erinnern, daß man dergleichen Grade gleichfals im Guten ha- be. Wenn eine hohe Landes-Obrigkeit eine neue Auflage machte und zu deren Be- huff einige Bedienten ſetzte, man wollte a- ber die Bedienten ſchimpflich tractiren und wegjagen, oder auch wohl gar umb das Leben bringen, indem ſie ſich wehren wol- ten: ſo handelte man hier abermahls wie- der die Gewalt der hohen Obrigkeit und beleidiget dadurch die Majeſtaͤt (§. 435. 461). Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/511
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/511>, abgerufen am 22.11.2024.