Ständen vorbehalten, oder auch anderen Personen, denen aus besonderen Ursachen dieses zu besorgen aufgetragen wird, als wenn man z. E. das Kirchen-Regiment ei- ner besonderen Geistlichen Obrigkeit über- giebet und von dem Weltlichen absonde- ret. Weil man aber nicht vor die lange Weile die Gewalt der Obrigkeit einschrän- cken sol, indem alles, was man im gemei- nen Wesen vornimmet, in der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit muß gegründet seyn (§. 215); so muß solches bloß in sol- chen Fällen geschehen, wo man vermuthet, daß sie ihre Gewalt leicht misbrauchen kön- te, das ist, befehlen, was der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit zu wieder ist, und absonderlich in denen Fällen, wo durch den Misbrauch der Gewalt grosser Scha- de geschiehet.
Wer sou- vrain ist.
§. 441.
Eine gantz uneingeschränckte Ge- walt wird die höchste Gewalt, oder Sou- vr ainete genennet und, wer diese besitzet, eine SouvrainerHerr/ oder ein Herr, über den niemand als GOtt zu gebieten hat. Derowegen da in der Monarchie ein Mo- narche eine unumbschränckte Gewalt hat (§. 436); so hat ein Monarche die höchste Ge- walt und ist souvrain. Jngleichen weil in der Aristocratie diejenigen, welche herrschen, gleichfals eine unumbschränckte Gewalt be- sitzen (§. 436.), so haben auch sie die höchste
Ge-
Cap. 5. Von der Macht
Staͤnden vorbehalten, oder auch anderen Perſonen, denen aus beſonderen Urſachen dieſes zu beſorgen aufgetragen wird, als wenn man z. E. das Kirchen-Regiment ei- ner beſonderen Geiſtlichen Obrigkeit uͤber- giebet und von dem Weltlichen abſonde- ret. Weil man aber nicht vor die lange Weile die Gewalt der Obrigkeit einſchraͤn- cken ſol, indem alles, was man im gemei- nen Weſen vornimmet, in der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit muß gegruͤndet ſeyn (§. 215); ſo muß ſolches bloß in ſol- chen Faͤllen geſchehen, wo man vermuthet, daß ſie ihre Gewalt leicht misbrauchen koͤn- te, das iſt, befehlen, was der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit zu wieder iſt, und abſonderlich in denen Faͤllen, wo durch den Misbrauch der Gewalt groſſer Scha- de geſchiehet.
Wer ſou- vrain iſt.
§. 441.
Eine gantz uneingeſchraͤnckte Ge- walt wird die hoͤchſte Gewalt, oder Sou- vr aineté genennet und, wer dieſe beſitzet, eine SouvrainerHerr/ oder ein Herr, uͤber den niemand als GOtt zu gebieten hat. Derowegen da in der Monarchie ein Mo- narche eine unumbſchraͤnckte Gewalt hat (§. 436); ſo hat ein Monarche die hoͤchſte Ge- walt und iſt ſouvrain. Jngleichen weil in der Ariſtocratie diejenigen, welche herrſchen, gleichfals eine unumbſchraͤnckte Gewalt be- ſitzen (§. 436.), ſo haben auch ſie die hoͤchſte
Ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0486"n="468"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 5. Von der Macht</hi></fw><lb/>
Staͤnden vorbehalten, oder auch anderen<lb/>
Perſonen, denen aus beſonderen Urſachen<lb/>
dieſes zu beſorgen aufgetragen wird, als<lb/>
wenn man z. E. das Kirchen-Regiment ei-<lb/>
ner beſonderen Geiſtlichen Obrigkeit uͤber-<lb/>
giebet und von dem Weltlichen abſonde-<lb/>
ret. Weil man aber nicht vor die lange<lb/>
Weile die Gewalt der Obrigkeit einſchraͤn-<lb/>
cken ſol, indem alles, was man im gemei-<lb/>
nen Weſen vornimmet, in der gemeinen<lb/>
Wohlfahrt und Sicherheit muß gegruͤndet<lb/>ſeyn (§. 215); ſo muß ſolches bloß in ſol-<lb/>
chen Faͤllen geſchehen, wo man vermuthet,<lb/>
daß ſie ihre Gewalt leicht misbrauchen koͤn-<lb/>
te, das iſt, befehlen, was der gemeinen<lb/>
Wohlfahrt und Sicherheit zu wieder iſt,<lb/>
und abſonderlich in denen Faͤllen, wo durch<lb/>
den Misbrauch der Gewalt groſſer Scha-<lb/>
de geſchiehet.</p><lb/><noteplace="left">Wer <hirendition="#aq">ſou-<lb/>
vrain</hi> iſt.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 441.</head><p>Eine gantz uneingeſchraͤnckte Ge-<lb/>
walt wird die <hirendition="#fr">hoͤchſte Gewalt,</hi> oder <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Sou-<lb/>
vr aineté</hi></hi> genennet und, wer dieſe beſitzet,<lb/>
eine <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Souvrain</hi>er</hi><hirendition="#fr">Herr</hi>/ oder ein Herr, uͤber<lb/>
den niemand als GOtt zu gebieten hat.<lb/>
Derowegen da in der Monarchie ein Mo-<lb/>
narche eine unumbſchraͤnckte Gewalt hat (§.<lb/>
436); ſo hat ein Monarche die hoͤchſte Ge-<lb/>
walt und iſt <hirendition="#aq">ſouvrain.</hi> Jngleichen weil in<lb/>
der Ariſtocratie diejenigen, welche herrſchen,<lb/>
gleichfals eine unumbſchraͤnckte Gewalt be-<lb/>ſitzen (§. 436.), ſo haben auch ſie die hoͤchſte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ge-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[468/0486]
Cap. 5. Von der Macht
Staͤnden vorbehalten, oder auch anderen
Perſonen, denen aus beſonderen Urſachen
dieſes zu beſorgen aufgetragen wird, als
wenn man z. E. das Kirchen-Regiment ei-
ner beſonderen Geiſtlichen Obrigkeit uͤber-
giebet und von dem Weltlichen abſonde-
ret. Weil man aber nicht vor die lange
Weile die Gewalt der Obrigkeit einſchraͤn-
cken ſol, indem alles, was man im gemei-
nen Weſen vornimmet, in der gemeinen
Wohlfahrt und Sicherheit muß gegruͤndet
ſeyn (§. 215); ſo muß ſolches bloß in ſol-
chen Faͤllen geſchehen, wo man vermuthet,
daß ſie ihre Gewalt leicht misbrauchen koͤn-
te, das iſt, befehlen, was der gemeinen
Wohlfahrt und Sicherheit zu wieder iſt,
und abſonderlich in denen Faͤllen, wo durch
den Misbrauch der Gewalt groſſer Scha-
de geſchiehet.
§. 441.Eine gantz uneingeſchraͤnckte Ge-
walt wird die hoͤchſte Gewalt, oder Sou-
vr aineté genennet und, wer dieſe beſitzet,
eine Souvrainer Herr/ oder ein Herr, uͤber
den niemand als GOtt zu gebieten hat.
Derowegen da in der Monarchie ein Mo-
narche eine unumbſchraͤnckte Gewalt hat (§.
436); ſo hat ein Monarche die hoͤchſte Ge-
walt und iſt ſouvrain. Jngleichen weil in
der Ariſtocratie diejenigen, welche herrſchen,
gleichfals eine unumbſchraͤnckte Gewalt be-
ſitzen (§. 436.), ſo haben auch ſie die hoͤchſte
Ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/486>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.